Выбрать главу

Norris hockte vornübergebeugt und verkrampft auf seinem Stuhl, als Bensen zu ihm zurückkehrte. Er war blaß. Seine Augen waren gerötet und ein bißchen größer als normal, und aus seinem linken Mundwinkel lief Speichel. Bensen erschrak.

»Was ist los mit dir?« fragte er. Er trat an den Tisch und streckte die Hand nach Norris aus, aber dieser schüttelte hastig den Kopf, setzte sich auf und atmete hörbar ein. Seine Lippen zitterten. Bensen registrierte, daß er schlecht roch. Irgendwie krank. »Was hast du?« fragte er noch einmal. »Bist du krank? Oder hast du einfach die Hosen voll?«

»Scheiße«, murmelte Norris. »Mir ist kotzübel, wenn du's genau wissen willst.« Er schluckte, preßte die Hand auf den Magen und atmete wieder tief und hörbar ein, wie ein Mensch, der mit aller Macht gegen eine aufkommende Übelkeit ankämpft. »Vielleicht habe ich zuviel Salzwasser geschluckt.«

»Möglich.« Bensen betrachtete ihn scharf. »Sonst ist mit dir alles in Ordnung?«

»Nichts ist in Ordnung«, knurrte Norris. »Du mußt übergeschnappt sein. Lennard - glaubst du im Ernst, daß ich noch einmal da draußen ins Wasser gehe?«

Bensen setzte sich, legte die Hände flach nebeneinander auf den Tisch und sah Norris eine ganze Weile lang schweigend und nachdenklich an, ehe er - mit genau überlegter Betonung - weitersprach: »Das ist es also. Du hast Angst.«

»Ja, verdammt noch mal!« schrie Norris. Bensen hob warnend die Hand und sah instinktiv zur Tür, und Norris sprach, noch immer erregt, aber hörbar leiser, weiter. »Verdammt, ich habe Angst. Mahoney ist vor unseren Augen umgebracht worden, und du verlangst, daß wir noch einmal da runter gehen.«

»Er ist ertrunken«, begann Bensen, aber Norris ließ ihn nicht weiterreden.

»Das ist er nicht, und du weißt das so gut wie ich oder dieser Phillips. Irgend etwas hat ihn in die Tiefe gezogen, vor unseren Augen und dieses Etwas ist noch dort draußen.«

»Vielleicht«, sagte Bensen leise. »Aber vielleicht war es auch ganz anders. Überleg doch mal, Fred. Wir waren beide nervös, und es ist alles so furchtbar schnell gegangen.«

»Und dieses ... dieses Ding?« schnappte Norris. »Verdammt, Lennard, verkauf mich nicht für blöd. Du hast es genauso gesehen wie ich. Es war ... es war ein ...«

»Ja?« fragte Bensen lauernd.

Norris starrte ihn trotzig an, suchte einen Moment vergeblich nach den richtigen Worten und ballte schließlich in einer Mischung aus Zorn und Resignation die Fäuste. »Ich weiß es nicht«, sagte er. »Ich habe so etwas noch nie gesehen. Vielleicht eine Art Oktopus.«

»Es gibt hier keine Oktopusse«, erwiderte Bensen ruhig. »Jedenfalls nicht so große. Das weißt du.«

»Was war es dann?«

Bensen zuckte gleichmütig mit den Achseln, setzte zu einer Antwort an und verstummte abrupt, als die Tür aufging und Hal mit zwei gefüllten Ale-Gläsern hereinkam. Wortlos stellte er sie vor Bensen und Norris auf den Tisch, rieb sich gewohnheitsmäßig die Hände an der Schürze trocken und sah Bensen herausfordernd an. »Damit wären wir bei fünfzehn«, sagte er. »Zu deinen Gunsten abgerundet.«

»Ich weiß, Hal«, antwortete Bensen. »Du kriegst es morgen. Ich komme am Abend und zahle alles auf einmal.«

»Wer's glaubt«, knurrte Hal, wandte sich um und ging wieder. Trotzdem wartete Bensen, bis er ganz sicher war, daß sich der Wirt nicht mehr in Hörweite aufhielt.

»Vielleicht hat er sich in einem Tau verfangen. Vielleicht hat sich ein Stück Segeltuch vom Wrack gelöst und ihn runtergezogen«, fuhr er fort. »Bei diesen Schiffswracks schwimmt doch immer alles mögliche Zeugs rum.«

»Vielleicht war es aber auch ganz anders«, widersprach Norris. »Außerdem interessiert es mich gar nicht, was ihn umgebracht hat. Er ist tot, Lennard, und das allein zählt. Wir ... wir müssen zur Polizei.«

Bensen griff nach seinem Glas, trank einen mächtigen Schluck und wischte sich mit dem Handrücken den Schaum von den Lippen. »Tut dir sonst noch was weh?« fragte er ruhig. »Du hast doch gesehen, wie dieser Spinner reagiert hat. Ich sage dir, Junge, da ist eine Menge Geld für uns drin - mehr als lumpige hundertfünfzig Pfund.« Er stellte sein Glas ab und beugte sich erregt vor. »Fred, überleg doch! Mahoney wird nicht wieder lebendig, wenn wir jetzt zur Polizei gehen und alles melden, aber uns geht vielleicht eine Menge Geld durch die Lappen. Es war ein Unfall. Uns trifft keine Schuld.«

Norris war noch nicht überzeugt. »Sie werden rauskriegen, daß wir die letzten waren, die ihn gesehen haben«, sagte er. »Und ...«

»Und wenn?« unterbrach ihn Bensen und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wenn wir zusammenhalten und beide das gleiche aussagen, passiert uns nichts. Verdammt, Fred, sei vernünftig. Dieser Phillips stinkt vor Geld, und wenn wir es geschickt anfangen, können wir ihm einen hübschen Teil davon abknöpfen. Willst du den Rest deines Lebens hier in diesem Kaff verbringen und Teibholz sammeln? Wenn du die Nerven behältst, sind wir morgen um diese Zeit reich! Wir können hier weggehen, vielleicht sogar nach London. Du wolltest doch immer mal nach London, oder?«

Norris stöhnte. Seine Hand, die das Bierglas gehoben hatte, zitterte. Er wankte, kippte plötzlich nach vorne und ließ das Glas los. Er fiel um, das Ale verteilte sich auf dem Tisch und tropfte über seinen Rand zu Boden. Aus Norris' Mund drangen leise, stöhnende Laute.

Bensen sprang mit einem Satz um den Tisch herum und fing ihn gerade noch rechtzeitig auf, ehe er vom Stuhl fallen konnte. Norris' Körper bebte wie unter Schüttelfrost, aber seine Haut war heiß.

»Verdammt, Junge, was hast du?« fragte Bensen. »Was ist los mit dir?«

Norris stöhnte. Speichel und weißer, übelriechender Schaum trat auf seine Lippen. »Mir ist ... übel«, keuchte er. »Lennard, hilf ... mir. Mir ist... so schlecht.«

Bensen richtete ihn behutsam auf, ging vor ihm in die Hocke und legte eine Hand unter sein Kinn. Norris stöhnte lauter. Seine Kleider raschelten, bewegten sich, als zucke jeder einzelne Muskel in seinem Körper unkontrolliert und unabhängig von den anderen. »Lennard ...«, stöhnte er. »Hilf ... mir. Mir ist ... so kalt. Ich ... ich muß zu einem ... Arzt. Hilf mir ...«

»Keine Sorge, Junge«, sagte Bensen hastig. »Ich bringe dich weg. Kannst du laufen?«

Norris schüttelte den Kopf, nickte dann und versuchte sich hochzustemmen, schaffte es aber erst beim dritten Versuch. Er wankte. Ohne Bensens Hilfe hätte er nicht gehen können.

»Hal darf nichts davon erfahren, klar?« sagte Bensen. Norris nickte, aber Bensen war sich nicht sicher, ob er seine Worte wirklich verstanden hatte. Sein Gesicht war schneeweiß. Aus seinem Mund tropfte noch immer Speichel, und auf seiner Haut perlte kalter Schweiß. Bensen fluchte lautlos, nahm sein Taschentuch hervor und wischte sein Gesicht trocken. Mit etwas Glück würde Hal nichts merken, so düster und verräuchert, wie der Gastraum des Black Sheep war. Und wenn doch, konnte er immer noch behaupten, er wäre einfach betrunken. Norris vertrug nicht viel, das war stadtbekannt.

»Bring mich ... zum Arzt«, keuchte Norris, während Bensen einen Arm unter seine Achselhöhlen schob und ihn stützte. »Und dann zur ... Polizei. Wir müssen ... Mahoneys Tod ... melden.«

»Sei still, verdammt«, sagte Bensen, fügte aber dann, etwas versöhnlicher, hinzu: »Keine Sorge, Junge. Ich bringe dich hier raus. Es wird schon alles gut.«

Der Schatten war gigantisch. Er war nicht grau wie ein normaler Schatten, sondern schwarz, als wäre ein Teil der Wand vor mir wieder in tiefe, lichtschluckende Nacht getaucht, drei Meter hoch und in ständiger, ungreifbarer Bewegung, ein schwarzes Wallen und Wogen innerhalb der Schwärze, als wäre er von unheimlichem wogenden Leben erfüllt. Es war nicht der Schatten eines Menschen, sondern ein bizarrer Umriß, der Schatten eines gewaltigen, unbeschreiblichen ... Dinges, das ganz aus peitschenden Tentakeln und dünnen, gebogenen Armen zu bestehen schien, ein Ding wie ein Nest sich windender, ineinander verschlungener Schlangen, die ...