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Einer seiner Männer versetzte mir einen derben Stoß, als ich seiner Aufforderung nicht rasch genug nachkam. Ich stolperte, fand im letzten Moment mein Gleichgewicht wieder und ging neben Bannermann hinter Donhill her.

Die Reihe der Kapuzenmänner teilte sich vor uns, als wir auf den Platz hinaustraten. Trotz der großen Anzahl von Menschen, die rings um uns versammelt waren, war es fast unheimlich still. Selbst das Geräusch unserer Schritte schien überlaut.

Donhill führte uns über die Mitte des Platzes hinaus zu den drei Podesten, auf denen Bannermanns Männer gefesselt standen. Bannermann stöhnte, als er sah, wie grausam die Männer gebunden waren. Die Stricke waren so fest angelegt, daß sie blutige Linien in ihre Haut schnitten. Sie waren bis auf die Hosen entkleidet, und auf ihren nackten Rücken schimmerten rote Striemen. Sie waren geschlagen worden, ehe man sie hierher gebracht hatte. Einer von ihnen war ohne Bewußtsein.

»Du verdammtes Monster«, keuchte Bannermann. »Dafür töte ich dich.«

Der Mann hinter ihm hob den Arm und schlug ihm wuchtig mit der Faust in den Nacken. Bannermann brach in die Knie, fing den Sturz im letzten Moment mit den Händen ab und blieb stöhnend hocken.

»Machen Sie sich nicht lächerlich«, sagte Donhill ruhig. »Sie sind es, der sterben wird, Captain. Aber zuvor dürfen Sie mit ansehen, wie Ihre Männer sterben.« Er lachte leise. »Ich hoffe, Sie sind sich der Tatsache bewußt, daß Ihnen eine einmalige Chance gegönnt wird, Captain. Welcher Mann hat schon die Gelegenheit, seinen eigenen Tod vorher beobachten zu können?«

»Hören Sie endlich auf, Donhill«, sagte ich.

Donhill fuhr herum und starrte mich einen Herzschlag lang haßerfüllt an. Aber der erwartete Zornesausbruch blieb aus.

»Sie haben recht, Craven«, sagte er. »Die Zeit wird knapp.« Er lächelte noch einmal, deutete eine spöttische Verbeugung an und drehte sich zum Fluß. Seine Arme hoben sich in einer langsamen, beschwörenden Bewegung.

Er führte sie nie zu Ende.

Hinter meinem Rücken fiel ein einzelner, peitschender Schuß. Donhill taumelte, machte einen halben, mühsamen Schritt und brach mit einer zeitlupenhaften Bewegung in die Knie. Ein keuchender Laut kam über seine Lippen. Er taumelte, senkte langsam die Hände und griff sich an die Brust. Auf seinen Zügen erschien ein überraschter, ungläubiger Ausdruck.

»Ihr ... ihr Narren«, keuchte er. Blut lief in einer dünnen, glitzernden Bahn aus seinem Mundwinkel. »Ihr ... verdammten ... Narren. Die ... Bestie ... wird euch ... euch alle vernichten.«

Er wollte noch mehr sagen, aber er konnte es nicht. Seine Augen brachen. Er war tot, ehe er auf dem Boden aufschlug.

Ein zweiter Schuß fiel, gefolgt von einem spitzen, schmerzerfüllten Aufschrei. Ich fuhr herum und sah, wie eine der braungekleideten Gestalten mit einem fast grotesk anmutenden Schritt aus der Menge hervortaumelte.

Wieder krachte ein Schuß. Der Mann wurde wie von einem unsichtbaren Faustschlag herumgewirbelt, fiel auf die Knie und kam mit einer unsicheren Bewegung wieder hoch. Das Gewehr, das er bisher in der Hand gehalten hatte, entglitt seinen Fingern.

»Craven! Fliehen Sie! Laufen Sie weg!«

Der dritte Schuß riß den Mann vollends von den Füßen. Er fiel auf den Rücken, versuchte noch einmal, sich hochzustemmen, aber seine Kräfte versagten. Plötzlich krachte eine ganze Salve von Gewehrschüssen. Ich sah, wie der Boden rechts und links des Mannes aufspritzte.

Endlich überwand ich meine Überraschung. Gleichzeitig mit Bannermann wirbelte ich herum, war mit einem Sprung bei den Männern, die uns bewachten, und schlug den ersten mit einem Fausthieb nieder. Ein zweiter versuchte, sein Gewehr hochzureißen und auf mich zu zielen. Ich schlug es ihm aus der Hand, schmetterte ihm den Ellbogen in den Leib und fing sein Gewehr auf, als er zusammenbrach. Neben mir schlug Bannermann mit einem zornigen Schrei gleich zwei seiner Bewacher nieder, entriß einem dritten die Waffe und schmetterte ihm den Kolben über den Schädel.

Jemand schoß. Die Kugel schlug direkt neben meinen Füßen ein, aber der Mann kam nicht dazu, ein zweites Mal abzudrücken. Bannermann riß das erbeutete Gewehr an die Wange und drückte ab, ohne zu zielen. Eine der braungekleideten Gestalten auf der anderen Seite des Platzes stürzte mit einem Schrei zu Boden.

Unter den Männern und Frauen brach Panik aus. Noch immer peitschten Schüsse durch die Nacht, aber sie waren nicht gezielt und bedeuteten kaum Gefahr mehr. Auch Bannermann schoß noch, aber ich sah, daß er über die Köpfe der Menge hinwegzielte.

Der Platz schien sich in eine brodelnde Hölle zu verwandeln. Die Menge, vor einer Minute noch eine zu allem entschlossene Armee, verwandelte sich von einer Sekunde zur anderen in einen kopflosen Mob. Männer und Frauen rannten, trampelten sich gegenseitig nieder und ergriffen schreiend die Flucht. Ein paar von Donhills Anhängern, die vergeblich versuchten, dem Chaos Einhalt zu gebieten, wurden glattweg über den Haufen gerannt und verschwanden unter den Füßen der Fliehenden.

Gehetzt sah ich mich um. Diejenigen unserer Bewacher, die unseren überraschenden Angriff überstanden hatten, hatten mittlerweile ebenfalls die Flucht ergriffen. Es schien, als hätte man uns vollkommen vergessen. Niemand nahm mehr Notiz von uns.

»Bannermann! Kümmern Sie sich um Ihre Männer!« keuchte ich. »Wir treffen uns am Strand!« Ohne eine Antwort abzuwarten hetzte ich los, riß das Gewehr hoch und gab noch im Laufen ein paar Warnschüsse in die Luft ab. Das Geräusch ging beinahe im Geschrei der Menge unter, aber die Schüsse verschafften mir trotzdem Luft. Die Reihe braungekleideter Gestalten flutete wie eine Welle vor mir zurück. Niemand schien noch daran zu denken, uns Widerstand zu leisten.

Der Mann lebte noch, als ich neben ihm anlangte. Er mußte von mindestens einem Dutzend Kugeln getroffen worden sein, aber er lebte. Sein Mantel war rot von Blut, aber seine Augen standen offen, und er schien mich zu erkennen. Ein leises, qualvolles Stöhnen kam über seine Lippen.

»O'Banyon!« sagte ich ungläubig. »Sie?!«

»Ich ... hab's ihm gegeben«, stöhnte er. Seine Hand zuckte, krallte sich in meinen Mantel und fiel mit einer kraftlosen Bewegung wieder zurück.

»Ist er ... tot?« flüsterte er.

»Donhill?« Ich nickte. »Ja. Er ist tot.«

Sein Gesicht zuckte, und trotzdem lief ein rasches, zufriedenes Lächeln über seine Züge. »Dann ist es ... gut«, flüsterte er. »Er ist schuld, daß ... daß Steve tot ist. Er ... hat ihn umgebracht.«

»Reden Sie nicht, O'Banyon«, sagte ich. »Sie dürfen nicht sprechen. Ich hole Ihnen einen Arzt.«

»Das ... hat keinen Sinn mehr«, antwortete der Sterbende. Sein Blick verschleierte sich, und plötzlich wurde sein Körper schlaff. Aber noch immer war Leben in ihm.

»Hören Sie ... zu, Craven«, flüsterte er. »Ich habe ... Nachricht für ... Sie.«

»Eine Nachricht?«

»Es gibt einen ... einen dritten Magier«, murmelte er. Seine Stimme war kaum noch zu verstehen. »Sie müssen ... fliehen. Gefahr ... noch nicht ... vorüber. Es gibt... dritten Magier ...«

»Was meinen Sie damit?« fragte ich. »Wovon reden Sie, O'Banyon? Welchen Magier? Wer hat Ihnen das gesagt?«

O'Banyon antwortete nicht mehr. Er war tot.

Sekundenlang blickte ich schweigend auf sein erschlafftes Gesicht herab. Dann hob ich die Hand, beugte mich vor und schloß ihm behutsam die Augen.

»Ist er tot?«

Ich sah auf, als ich Priscyllas Stimme vernahm. Sie war nähergekommen, ohne daß ich es gemerkt hatte. Ihr Gesicht wirkte erstaunlich gefaßt, aber in ihren Augen war ein Brennen, das ich mir nicht erklären konnte. Wahrscheinlich war sie halb wahnsinnig vor Angst.

»Ja«, antwortete ich. »Er ist tot.«