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»Donhill auch«, sagte sie leise. »Ich ... habe mich davon überzeugt.« Plötzlich, von einer Sekunde zur anderen, war ihre Selbstbeherrschung zu Ende. Sie stieß einen kleinen, schrillen Laut aus, fiel neben mir auf die Knie und warf sich mit aller Macht an meine Brust.

»Bring mich weg hier, Robert«, flehte sie. »Bitte, bitte, bring mich weg.«

Ich umarmte sie behutsam, streichelte ihr Haar und küßte zärtlich ihre Stirn.

»Du brauchst keine Angst mehr zu haben, Pri«, flüsterte ich. Plötzlich überfiel mich eine Welle der Zärtlichkeit, wie ich sie noch nie zuvor in meinem Leben verspürt hatte.

Aber vielleicht war es auch nur Angst, und vielleicht klammerte ich mich genauso hilfesuchend an sie? wie sie sich an mich. Ich wußte nur, daß ich dieses Mädchen liebte. Es war seltsam, beinahe grotesk - aber in diesem Moment, während rings um uns herum das Chaos tobte, wußte ich mit unerschütterlicher Sicherheit, daß ich sie liebte.

Und sie mich.

Nach einer Weile löste sich Priscylla aus meinen Armen, wischte sich mit dem Ärmel die Tränen aus dem Gesicht und sah mich an. »Was hat er gemeint?« fragte sie.

»O'Banyon?«

Sie nickte. »Er sagte: Es gibt einen dritten Magier.«

Ich schwieg einen Moment, zuckte hilflos mit den Schultern und drückte sie erneut an mich. »Ich weiß es nicht«, sagte ich. »Ich weiß nur, daß du keine Angst mehr zu haben brauchst, Liebling. Nie wieder. Es ist vorbei. Endgültig.«

Aber das stimmte nicht.

Ich wußte es im gleichen Moment, in dem ich die Worte aussprach. Es war nichts vorbei. Noch lange nicht.

Es fing erst an.

Drittes Buch - Die Hexe von Salem

Er rannte um sein Leben.

Sie waren hinter ihm, und obwohl er sie nicht sehen oder hören konnte, spürte er ihre Nähe überdeutlich. Sie waren hinter ihm, vielleicht schon vor ihm, irgendwo in der Dunkelheit, die sich wie eine schwarze Wolke über die Straßen gelegt hatte. Dies hier war ihr Revier, und sie kannten jeden Fußbreit Boden, jedes Versteck und jede Abkürzung. Er hatte einen kleinen Vorsprung herausgeholt, aber er machte sich keine Illusionen. Die Burschen hatten ihn offensichtlich für einen tumben Deppen vom Lande gehalten. Einen Bauern, der vor Schrecken erstarrte, wenn er eine blanke Klinge sah, und nicht einmal auf die Idee kommen würde, sich zur Wehr zu setzen. Aber nachdem er einem von ihnen die Zähne in den Hals geschlagen hatte, würden die drei anderen nicht noch einmal den gleichen Fehler begehen.

Andrew blieb stehen, sah sich einen Moment gehetzt um und atmete ein paarmal tief durch. Die kalte Luft schmerzte in seiner Kehle, und auf seiner Zunge breitete sich ein übler Geschmack aus. Sein Herz jagte.

Die Straße war noch immer leer. Er hatte fast zwanzig Schritte Vorsprung gehabt, als sich die Burschen von ihrer Überraschung erholt und drei von ihnen zur Verfolgung angesetzt hatten; der vierte war vermutlich immer noch damit beschäftigt, Zähne zu spucken und sich auf dem Straßenpflaster zu krümmen. Aber zwanzig Schritte waren ein Nichts. Die Gegend, in die er sich verirrt hatte, war eine der weniger vornehmen Londons. Genauer gesagt, dachte Andrew düster, war es eines jener Viertel, das man nach Dunkelwerden besser mied. Aber er hatte ja nicht hören können, verdammter Narr, der er war.

Verdammt, wenn es den Burschen nur um sein Geld gegangen wäre! Die lumpigen dreiundzwanzig Pfund, die sich im Augenblick in seiner Brieftasche befanden, hätte er ihnen gerne überlassen. Aber irgend etwas in ihrem Blick, etwas, das er in ihren Gesichtern gelesen hatte, als sie urplötzlich aus den Schatten auftauchten und ihn umringten, hatte ihm gesagt, daß sie mehr wollten. Sicher, das Geld auch, aber nicht nur. Die vier wollten Blut sehen. Es waren genau die Typen, vor denen ihn Dingman gewarnt hatte: Verrückte, die einen Menschen nur so zum Zeitvertreib zusammenschlugen. Und vielleicht töteten.

Ein leises Kollern drang in seine Gedanken. Das Geräusch riß ihn abrupt in die Wirklichkeit zurück. Andrew fuhr herum und starrte aus mißtrauisch zusammengepreßten Augen in die Dunkelheit zurück. Die Straße lag leer und einsam vor ihm; es fiel ihm beinahe schwer, zu glauben, daß er sich wirklich in der größten Stadt der britischen Inseln befand; einer Stadt mit mehr als einer Million Einwohner und hellen, lichterfüllten Straßen, in denen das Leben auch während der Nacht nicht aufhörte zu pulsieren. Aber dies war ein anderes London, eines, dessen Gesicht ein Außenstehender selten zu sehen bekam.

Und er wußte jetzt auch, warum.

Andrew drehte sich einmal um seine Achse, schluckte den bitteren Knoten, der sich in seiner Kehle gebildet hatte, herunter, und ging mit erzwungen langsamen Schritten weiter. Irgendwo vor ihm war Licht, aber es war nur eine Straßenlaterne, die mit ihrem Schein eine Insel trübgelber Helligkeit in der Nacht schuf. Er war mindestens eine Meile von den belebteren Gegenden der Stadt entfernt. Zu weit.

Wieder horte er dieses leise, kollernde Geräusch. Ein eisiger Schauder jagte seinen Rücken hinab. Eine neue, körperlose Angst kroch in sein Bewußtsein. Für einen Moment wünschte er sich fast, die Schatten seiner Verfolger hinter der nächsten Straßenecke auftauchen zu sehen.

Er ging weiter, erreichte eine Straßenkreuzung und blieb einen Moment lang unschlüssig stehen. Zwei Schritte neben ihm blockierte ein halb mannshoher Stapel überquellender Abfalltonnen, Kisten und vom Regen halb aufgeweichter Kartons den Weg. Links und rechts erstreckte sich die Straße leer und schwarz wie eine Schlucht, weiter geradeaus gab es ein paar Laternen, und - er war nicht sicher, aber er glaubte es wenigstens - hinter den geschlossenen Läden eines Hauses schien gelbes Gaslicht zu leuchten. Vielleicht fand er dort Hilfe.

Andrew zögerte einen Moment, trat dann an den Abfallhaufen heran und riß mit einer entschlossenen Bewegung ein loses Brett von einer Kiste. Gegen die Klappmesser der drei Burschen eine jämmerliche Waffe. Aber wenigstens würde er nicht mehr mit leeren Händen dastehen, wenn er sich verteidigen mußte.

Der Mann stand wie aus dem Boden gewachsen hinter ihm, als er sich herumdrehte.

Es war einer der drei, die ihn verfolgt hatten - und er hatte aus dem Schicksal seines Kumpanen gelernt. Das Springmesser in seiner Hand zuckte wie eine angreifende Schlange vor. Andrew drehte sich mit einer verzweifelten Bewegung zur Seite, konnte dem Hieb aber nicht mehr ganz ausweichen. Die scharfe Klinge zerschnitt seine Weste und das Hemd, ritzte seine Haut und hinterließ einen langen, blutigen Kratzer auf seinem Leib. Andrew schrie vor Schmerz und Überraschung auf, strauchelte und verlor auf dem schlüpfrigen Boden das Gleichgewicht. Er fiel, versuchte sich zur Seite zu rollen und gleichzeitig mit seiner Latte nach dem Angreifer zu schlagen, aber der Bursche war viel zu schnell für ihn. Mit einer raschen Bewegung wich er dem Hieb aus, sprang gleich darauf wieder vor und trat ihm das Kistenbrett aus der Hand. Andrew wurde abermals zurückgeschleudert. Sein Hinterkopf prallte gegen etwas Hartes, und für einen Moment drohte er das Bewußtsein zu verlieren.

Als sich die schwarzen Schleier vor seinen Augen lichteten, stand der Bursche breitbeinig über ihm. Das Messer in seiner Hand blitzte im schwachen Widerschein der Gaslaterne, und auf seinem Gesicht lag ein häßliches Grinsen.

»So, du Dreckskerl«, sagte er. Seine Stimme bebte vor Wut. »Jetzt machen wir dich fertig.«

Andrew versuchte sich aufzurichten, wurde aber sofort zurückgestoßen. »Was ... was wollen Sie von mir?« fragte er.

Der Bursche lachte häßlich. »Was ich von dir will? Nichts. Aber ich glaube, Freddy hat ein paar Wörtchen mit dir zu reden.«

Freddy mußte der sein, den er niedergeschlagen hatte, dachte Andrew. Innerlich verfluchte er sich selbst. Verdammt, warum hatte er ihnen nicht seine Brieftasche gegeben und stillgehalten? Wahrscheinlich hätten sie ihn verprügelt und dann liegengelassen.