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Andaras Gestalt flackerte. Für den Bruchteil eines Lidzuckens wurde sie vollends durchsichtig, so daß ich die wogenden Nebelschleier hinter ihr erkennen konnte, dann verdichteten sich die Schatten, aus denen sein Körper bestand, erneut.

Aber nicht mehr zur Gestalt eines Menschen.

Ein ungläubiger Schrei entrang sich meiner Kehle, als ich sah, was sich aus wirbelndem Nichts und Nebel vor mir zusammenballte.

Das Ding sah aus wie ein Mensch, das heißt, es hatte einen Kopf, einen Körper, zwei Beine und zwei Arme - aber damit hörte die Ähnlichkeit auch schon auf. Es war groß wie ein Bär und womöglich noch massiger, und sein Körper schien zur Gänze aus einer grünlichen, schleimigen Masse zu bestehen, einer wabbelnden Gallerte, die in beständiger Bewegung war und immer wieder auseinanderzufließen und sich neu zu formen schien. Seine Hände waren glitschige Klumpen ohne sichtbare Finger oder Daumen.

Entsetzt taumelte ich zurück. Das Ungeheuer stieß einen widerlichen, blubbernden Laut aus, hob in einer nur scheinbar schwerfälligen Bewegung einen Fuß vom Boden und torkelte auf mich zu. Seine gewaltigen Arme griffen gierig in meine Richtung.

Mit einer verzweifelten Bewegung sprang ich zurück, riß den Stockdegen unter dem Mantel hervor und duckte mich. Irgend etwas sagte mir, daß das Ding zwar schwerfällig und plump aussah, es aber nicht war. Der Gedanke, ihm den Rücken zuzudrehen, war mir unerträglich.

Das Monstrum griff an. Sein ganzer Körper schien in eine einzige, wabbelnde Bewegung zu geraten; es floß mehr auf mich zu, als daß es lief. Ich sprang zur Seite, schwang meine Waffe und stieß mit der nadelspitzen Klinge nach der Stelle, an der bei einem Menschen das Gesicht gewesen wäre.

Der Stahl drang mit einem ekelhaften Patschen fast eine Handbreit in die grünschillernde Masse ein. Ich hatte das Gefühl, in einen zähen Sirup gestoßen zu haben. Ein mörderischer Ruck ging durch die Klinge und setzte sich als vibrierender Schmerz bis in meine Schulter hinauf fort. Nur mit Mühe konnte ich verhindern, daß mir die Waffe aus der Hand gerissen wurde. Gleichzeitig stürmte das Monster weiter vor und griff mit seinen schrecklichen Armen nach mir.

Ich schrie vor Schmerz, als mich seine Hände berührten. Das scheußliche Äußere des Ungeheuers suggerierte eine Kraftlosigkeit, die es nicht gab. Seine Hände waren wie Stahlklauen. Meine Rippen knackten, als sich seine Arme in einer tödlichen Umklammerung um meinen Oberkörper legten. Pfeifend entwich die Luft aus meinen Lungen.

Blind vor Schmerz und Angst riß ich den Degen hoch, packte ihn wie einen Dolch mit beiden Händen und stieß ihn bis ans Heft in die Schulter des Monsters.

Ein schmerzhaftes Zucken lief durch den Körper des Horrorwesens. Sein Griff lockerte sich; nur eine Winzigkeit und nur für den Bruchteil einer Sekunde.

Aber dieser winzige Augenblick genügte mir. Die Angst gab mir die Kräfte eines Riesen. Mit einer verzweifelten Anstrengung sprengte ich seinen Griff, taumelte rücklings davon und fiel schwer auf den Rücken. Mein Gegner stieß einen grauenhaften, marschig klingenden Laut aus, torkelte in der entgegengesetzten Richtung davon und kämpfte mühsam um sein Gleichgewicht. Der Stockdegen steckte noch immer in seiner Schulter; sein runder Knauf ragte wie ein bizarres Schmuckstück aus der grünschillernden Masse, aus der sein Körper bestand.

Er wankte. Ein tiefes, gequältes Stöhnen entrang sich seiner Brust. Die Hände fuhren haltlos durch die Luft. Langsam, als wehre er sich noch immer mit der ganzen Kraft seines titanischen Körpers, sackte er in die Knie, stützte sich einen Moment mit den Armen ab und sank dann ganz nach vorne.

Dann begann er auseinanderzufließen. Die grüne Masse, aus der sein Leib bestand, schien von einer Sekunde auf die andere ihren Halt zu verlieren. Dünne, glitzernde Schleimfäden tropften zu Boden, gefolgt von faustgroßen Klumpen und Brocken.

Es ging unheimlich schnell. Der Leib des Unholds zerfloß zu einer wabbelnden, amöbenartigen Masse ohne sichtbare Glieder, floß weiter auseinander und zerlief zu einer brodelnden Pfütze grünlichweiß schimmernder, zäher Flüssigkeit.

Langsam richtete ich mich auf. Meine Hände und Knie zitterten, und der furchtbare Anblick ließ meinen Magen rebellieren, aber ich zwang mich, weiter zuzusehen und trat nach einigen Sekunden sogar einen Schritt näher.

Von dem Monster war nichts mehr zu entdecken. Auf dem Kopfsteinpflaster vor mir breitete sich eine schillernde, fast fünf Meter durchmessende Pfütze aus. Schillernde Blasen stiegen an ihre Oberfläche und zerplatzten lautlos, und als ich mich noch ein Stück weiter vorwagte, stieg mir ein atemberaubender Gestank in die Nase.

Und um ein Haar hätte mich meine Neugier das Leben gekostet.

Aus der schillernden Pfütze schoß ein dünner grüner Faden, ringelte sich um mein Bein und brachte mich mit einem Ruck aus dem Gleichgewicht. Ich schrie auf, fiel zum zweiten Mal auf den Rücken und versuchte verzweifelt, mein Bein loszureißen. Es ging nicht. Der Faden war nicht viel stärker als mein kleiner Finger, aber er verfügte über schier unglaubliche Kraft. Ich spürte, wie meine Haut aufriß und Blut an meinem Fuß herablief. Und der Strang zog sich weiter zusammen. Der Schmerz war furchtbar.

Mit einer verzweifelten Bewegung warf ich mich herum und stemmte mich hoch, so weit es meine bizarre Fessel zuließ.

Im Zentrum der Pfütze begannen mehr Blasen aufzusteigen. Die Flüssigkeit kochte und brodelte. Grünbraune Schlieren bildeten sich, begannen wie rasend zu wirbeln und aufeinander zuzugleiten, dann stieg ein faustgroßer Klumpen an die Oberfläche und begann zu wachsen.

Der Anblick ließ mich für einen Augenblick sogar den Schmerz vergessen. Das Ungeheuer begann sich neu zu formen!

Ich schrie erneut auf und warf mich noch einmal mit aller Gewalt zurück, aber das einzige Ergebnis war, daß der Schleimfaden noch tiefer in mein Fleisch schnitt. Verzweifelt sah ich mich um. Die Straße war leer, nirgends war etwas zu sehen, das ich auch nur entfernt als Waffe hätte benutzen können, und wenn die Anwohner der Straße meine verzweifelten Schreie überhaupt hörten, so bemühten sie sich vermutlich geflissentlich, sie zu überhören.

Mein Degen! Wo war mein Degen? Mein Blick tastete über die brodelnde Pfütze, verharrte einen Moment an dem wabbelnden, rasch größer werdenden Klumpen in ihrem Zentrum und glitt weiter. Es würde nur noch Augenblicke dauern, bis das Ungeheuer in alter Macht wiedererstanden war. Und ein zweites Mal würde ich keine Chance haben.

Ich entdeckte die Waffe. Sie lag nicht einmal sehr weit von mir weg - aber sie befand sich unter einer brodelnden Schicht grüner Flüssigkeit, im Herzen der Pfütze ...

Als hätte das Ungeheuer meine Gedanken gelesen, zerrte der Faden mit einem heftigen Ruck an meinem Fußgelenk und zog mich ein Stückweit auf die Pfütze zu. Ich schrie auf, schrammte mit dem Gesicht über das harte Pflaster, als mich die plötzliche Bewegung wieder nach vorne fallen ließ, drehte mich mit einer Kraft, von der ich selbst nicht wußte, woher sie kam, noch einmal auf den Rücken und streckte den Arm aus.

Für einen Moment war der Ekel fast stärker als meine Furcht, Meine Finger verharrten wenige Millimeter über der Oberfläche der brodelnden Pfütze. Ich spürte die Wärme, die von der Flüssigkeit ausging. Der Gestank wurde übermächtig und nahm mir den Atem. Dann überwand ich meinen Widerwillen und schloß die Finger um den Degen.

Es war ein Gefühl, als hätte ich in Säure gegriffen. Meine Haut brannte, als würde sie in Streifen von meinem Fleisch gezogen. Dünne, schleimige Fäden krochen an meinem Handgelenk empor und ringelten sich um meinen Unterarm. Ich warf mich mit einem verzweifelten Ruck zurück und riß dabei den Degen mit mir.

Die Klinge blitzte auf. Blind vor Schmerz und Angst warf ich mich herum, zerrte mit aller Gewalt an dem dünnen Faden und ließ den Degen heruntersausen.