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Geary rief Yunis’ Akte auf und überflog sie. »Sieht ganz gut aus. Glauben Sie, er ist der Aufgabe gewachsen?«

»Ja.«

»Okay, ich werde ihn mir genauer ansehen, und vor dem Sprung nach Atalia werde ich mich entscheiden.« Er atmete gedehnt aus. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, noch ein paar Minuten hierzubleiben, während ich Captain Desjani zu uns kommen lasse, damit wir uns gemeinsam etwas ansehen können? Ich wüsste gern Ihre Meinung, weil ich nur einmal die Gelegenheit bekomme, es richtig zu machen. Allerdings muss ich Sie darum bitten, zu niemandem ein Wort darüber zu verlieren.«

Duellos musterte ihn lange. »Ich kann nichts versprechen, was gegen meinen Eid verstoßen würde.«

»Das ist hier nicht der Fall, darauf gebe ich Ihnen mein Wort.«

Desjani benötigte nur wenige Minuten, um zu ihnen zu stoßen. Geary trug ihnen beiden sein Anliegen vor, dann wartete er ab. Wie so oft dachte Duellos erst in aller Ruhe nach, ehe er schließlich nickte. »Ich wüsste nicht, wie man das noch verbessern könnte. Aber Ihnen ist klar, dass Sie sich damit auf einem schmalen Grat bewegen, nicht wahr?«

»Das können Sie laut sagen«, stimmte Geary ihm zu.

»Wenn Sie jetzt gleich mit Badaya reden wollen, dann kann ich gern noch ein bisschen bleiben und den Eindruck erwecken, als würde ich … na ja, das ›unterstützen‹, was Sie eigentlich nicht machen.«

Desjani nickte bekräftigend. »Das ist eine gute Idee. Duellos gilt in weiten Teilen der Flotte als ein besonderer Vertrauter. Es würde Badaya gefallen, ihn hier anzutreffen.«

»Was für Sie ebenfalls gilt«, gab Duellos zurück.

Sie verzog den Mund. »Muss das sein? Er wird irgendwas sagen, das weiß ich ganz genau, und dann muss ich so tun, als hätte ich es nicht gehört.«

»Nur für ein paar Minuten, Tanya«, versuchte Duellos sie zu überreden. »Dann können wir uns zurückziehen, und Badaya bekommt seine Unterredung mit Black Jack.«

»Roberto, Sie wissen ganz genau, dass Captain Geary und ich nicht …«

Er hob die Hand, um ihren Redefluss zu stoppen. »Natürlich weiß ich das. Alle Ihre Freunde wissen das, Tanya. Sie würden mit Ihrem vorgesetzten Offizier nichts anfangen, ganz egal, wie sich die Umstände gestalten.« Desjani schaute nach unten. »Ich kann mir vorstellen, dass es kein Vergnügen ist, mit solchen Gerüchten zurechtkommen zu müssen.«

»Es gibt einiges, mit dem nicht leicht zurechtzukommen ist«, murmelte sie. »Ich kriege das schon hin.«

Duellos sah Geary an, während er antwortete: »Davon bin ich überzeugt, Tanya. Na, dann wollen wir mal Badaya herzitieren und die Sache hinter uns bringen. Was soll eigentlich sein, wenn Sie ihn nicht überzeugen können?«

»Ich weiß nicht. Vielleicht muss ich dann diese Sache publik machen und vor der ganzen Flotte erklären, dass ich keinen Staatsstreich gegen die Allianz-Regierung mitmachen werde. Aber ich fürchte, einige Leute werden das so deuten, dass ich das Thema nur zur Sprache bringe, weil ich mich in Wahrheit doch zum Diktator aufschwingen möchte und so herausfinden kann, wie viel Rückhalt ich in der Flotte habe.«

»So würden es diejenigen, die einen Sturz der Regierung anstreben, zweifellos auslegen«, stimmte Duellos ihm zu. »Hoffen wir, dass es Ihnen gelingt, Badaya und seine Gesinnungsgenossen in eine Richtung zu lenken, mit der wir alle leben können. Ansonsten könnte sich der Triumph der heimkehrenden Flotte in die größte Niederlage verwandeln, die die Allianz je erlitten hat.«

Neun

Wie Duellos ganz richtig vermutet hatte, machte Badaya einen sehr erfreuten Eindruck darüber, dass er zu einer Konferenz eingeladen worden war, an der außer ihm nur Geary, Duellos und Desjani teilnahmen. »Sie bekommen die Inspire, Duellos? Hervorragend. Nur zu schade, dass Sie sich das Schiff noch eine Weile mit Kilas Überresten teilen müssen.«

»Ich dachte, wir verabschieden uns hier von ihren sterblichen Überresten«, wunderte sich Geary. »Warum warten wir damit bis Atalia?«

Badaya sah Geary überrascht an. »Sind Sie nicht mit den Vorschriften der Flotte vertraut, wie man mit den Leichen von Verrätern zu verfahren hat?«

»Nein. Ich bin davon ausgegangen, sie würde ohne jede Zeremonie im All bestattet.«

»Sie verdient keine ehrenvolle Beisetzung«, mischte sich Desjani ein.

»Genauer gesagt«, ergänzte Badaya, »verbieten die Vorschriften so etwas. Stattdessen sind die Leichen von Verrätern dem Sprungraum zu überantworten. Ohne Ausnahme, ohne Alternativen.«

Geary sah ihn und dann Desjani und Duellos an, die beide ernst nickten. »Ich gebe zu, ich bin erstaunt. Jemanden bis in alle Ewigkeit dem Sprungraum zu übergeben, ist die grausamste Behandlung, die ich mir vorstellen kann. Wie konnte eine solche Maßnahme abgesegnet werden?«

Duellos strich mit einer Hand über den Tisch, an dem er saß, und erklärte ungewohnt ernst: »Die Antwort darauf findet sich in einer sehr hässlichen Geschichte aus einer Zeit, als Sie im Kälteschlaf lagen, Captain Geary. Das dürfte gut fünfzig Jahre her sein, nicht wahr?« Desjani und Badaya nickten bestätigend. »Ich erspare Ihnen die Einzelheiten, aber lassen Sie mich es so sagen: Wenn die Strafe noch brutaler hätte ausfallen können, dann wäre sie auch genehmigt worden.«

»Das heißt, ich bin der einzige Mensch in der gesamten Flotte, den es überrascht, dass man getötete Verräter im Sprungraum zurücklässt?«

»Höchstwahrscheinlich ja.«

Er setzte sich hin und betrachtete seine Hände, die verkrampft die Knie umfassten. »Ich schätze, das ist einer von diesen Momenten, in denen ich völlig altmodisch bin. Ich akzeptiere unser Recht, über Leute wie Kila zu richten und ein Urteil zu fällen, das wir auch vollstrecken können. Aber einen Toten im Sprungraum zu bestatten … Ist das nicht die Art von ewiger Bestrafung, die höheren Mächten als uns vorbehalten ist?«

Nach kurzem Schweigen antwortete Desjani: »Ich bin kein Experte auf diesem Gebiet, aber die Beisetzung im Sprungraum ist eine symbolische Geste der Menschlichkeit. Es ist nicht das letzte Wort, weil wir nicht das letzte Wort haben. Nur weil wir etwas nicht wiederfinden können, was wir im Sprungraum zurückgelassen haben, bedeutet das nicht, dass die lebenden Sterne auch nicht dazu in der Lage sind. Wenn sie Kila haben wollen, werden sie sie auch bekommen.«

»Sie sehen das nicht als etwas Ewiges an?«, fragte Geary, den diese Argumentation zwar völlig überraschte, der aber auch nichts dagegenzuhalten vermochte.

»Nichts, was Menschen machen, währt ewig. Nichts, was wir tun, ist stärker als das, was die höheren Mächte entscheiden. Das letzte Urteil liegt immer bei ihnen.« Desjani deutete vage in Richtung Bordwand. »Ich weiß, welches Schicksal Kila verdient hat, aber letztlich kann ich das nicht bestimmen. Die Beisetzung im Sprungraum drückt aus, welche Gefühle ihr Verbrechen bei uns auslöst, und das ist in Sachen Ewigkeit auch schon wieder alles.«

»Verstehe.« Er dachte an die Toten der Lorica; Matrosen, die ohne Vorwarnung von jemandem in den Tod gerissen wurden, dem sie ihr Leben anvertraut hatten. Und er dachte an die Besatzungen der Dauntless, der Illustrious und der Furious, die alle gestorben wären, hätte man den von Kila eingeschleusten Wurm nicht rechtzeitig entdeckt. »Also gut, ich kann die Angemessenheit dieser Geste nachvollziehen. Kilas sterbliche Überreste werden auf dem Weg nach Atalia dem Sprungraum übergeben.«

Duellos verzog das Gesicht. »Bis dahin werden sie einigen Besatzungsmitgliedern ganz sicher den Schlaf rauben.«

»Möchten Sie das Urteil vollstrecken, oder wäre es Ihnen lieber, wenn ich einen anderen Captain bitte, sich freiwillig zu melden?«, wollte Geary von ihm wissen.

Er dachte kurz darüber nach, dann nickte er. »Wenn ich es nicht mache, wer dann? Ich werde sie nicht verfluchen, wenn ihr Leichnam das Schiff verlässt. Stattdessen werde ich bedauern, was alles aus ihr hätte werden können.«