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Lange Zeit saß Badaya nur da und überlegte, schließlich nickte er verstehend. »Ich begreife, worauf Sie hinauswollen. Ein Offizier der Flotte weiß sich in der Politik so wenig zu bewegen, wie Politiker eine Flotte bei einem Gefecht befehligen können. Die Politiker brauchen eine Marionette, hinter der sie sich verstecken können, ganz so, wie Kila Caligo benutzen wollte. Sind Ihnen dadurch die Augen geöffnet worden? Es wäre völlig egal, welcher Offizier die Macht an sich reißt. Und die Politiker wären vermutlich sogar noch völlig begeistert, wenn Sie derjenige sind, weil sie sich dann auch noch damit herausreden können, dass Black Jack es so gewollt hat.« Er nickte weiter bedächtig. »Ein Spiel nach deren Regeln. Jetzt habe ich verstanden, wie Sie das meinen. Die wollen, dass ein Flottenoffizier sich als Politiker versucht, weil sie uns mit hochtrabenden Worten täuschen können. Aber was sollen wir machen? Wir können doch nicht zusehen, wie sie die Allianz zugrunde richten.«

»Es gibt einen Mittelweg.« Es gefiel Geary nicht, das Folgende zuzugeben, doch es entsprach der Wahrheit. »Ich besitze das Potenzial, die Regierung zu stürzen und die Macht an mich zu reißen.« Jedes dieser Worte stieß ihm säuerlich auf, da sie gegen alles verstießen, woran er glaubte. »Die Politiker wissen das auch. Die Anständigen unter ihnen, diejenigen, die man umstimmen kann, werden wissen, dass sie mir zuhören müssen.«

Badaya begann zu lächeln. »Die werden aus lauter Angst vor Ihnen tun, was Sie ihnen sagen. Und die Korrupten werden mit Ihnen kooperieren, weil sie von Ihnen begünstigt werden wollen, wenn Sie die Macht an sich reißen.« Er hob eine Hand, als Geary zum Reden ansetzen wollte. »Ich kann verstehen, dass Sie ihnen diese Gelegenheit nicht bieten wollen. Aber wenn die so sind, wie wir es glauben, dann wird ihnen die Möglichkeit gar nicht in den Sinn kommen, dass Sie der Versuchung widerstehen könnten.«

Daran hatte er gar nicht gedacht, aber Badayas Überlegung traf durchaus zu. »Ich bleibe eine Bedrohung«, sagte er nickend. »Ich bin jemand, auf den sie hören müssen. Gleichzeitig bleiben aber die Stärken der Allianz-Regierung, unsere demokratischen Prinzipien und die Rechte des Einzelnen, gewahrt.«

»Sehr geschickt.« Badayas Lächeln wurde noch breiter. »Damit haben Sie sie überlistet, nicht wahr? So wie Sie zuvor die Syndiks überlistet haben. Ich habe den gleichen Fehler gemacht wie viele andere. Ich habe geglaubt habe, dass die Politiker gut darin sind, sich zu bereichern, ohne zu bedenken, dass sie im Manipulieren der Menschen ebenso gut sind. Hatten Sie deswegen diese Affäre mit Rione? Um so viel wie möglich über die Denkweise von Politikern herauszufinden?«

Es dauerte ein paar Sekunden, bis Geary sich genügend im Griff hatte, um auf diese Bemerkung zu reagieren. Badaya war nach den modernen Standards ein ehrbarer Mann und ein anständiger Offizier, aber ihn als taktlos zu bezeichnen, wäre eine maßlose Untertreibung gewesen. »Von Co-Präsidentin Rione habe ich viele wichtige Dinge gelernt«, entgegnete er schließlich. Das entsprach der Wahrheit, und Badaya konnte es auslegen, wie es ihm gefiel. »Aber«, fügte er an und warf Badaya einen energischen Blick zu. »Ihr kann man vertrauen.«

»Das glaube ich Ihnen gern«, stimmte Badaya ihm amüsiert zu. »Immerhin haben Sie von ihr Seiten zu sehen bekommen, die keiner von uns kennt.« Dann lachte er über seinen billigen Witz, während Geary hoffte, dass er nicht rot anlief. »Gut, dann nehme ich an, dass Sie Ihre Anhänger in der Flotte wissen lassen wollen, was Sie beabsichtigen, richtig?«

»Richtig. Es ist wichtig, dass alle verstehen, was los ist«, antwortete er ruhig und gelassen und dachte: Solange sie verstehen, was sie verstehen sollen. Ich werde mich nicht zur politischen Führungspersönlichkeit machen lassen. Ich kann nur beten, dass die militärischen und politischen Vorgesetzten, mit denen ich dann zu tun habe, mir zuhören werden.

»Das Letzte, was wir alle wollen, ist eine Situation, in der ich von Offizieren zum Handeln gedrängt werde, die glauben, dass sie mir oder der Allianz damit einen Gefallen tun, während sie in Wahrheit damit nur den korruptesten Politikern in die Hände spielen.«

»Ich glaube, ich kann Ihnen garantieren, dass es dazu nicht kommen wird«, erklärte Badaya und lächelte ihn bewundernd an. »Jedes Mal, wenn Sie gesagt haben, dass Sie nicht die Macht haben wollten, um Dinge zu ändern, da haben Sie in Wahrheit die Situation ganz genau beobachtet und Ihre Optionen geplant, nicht wahr? Ich hätte es wissen müssen. Ein guter Befehlshaber spielt nicht nach den Regeln des Feindes. Das werde ich mir merken müssen.«

Nachdem Badayas Bild sich aufgelöst hatte, ließ sich Geary in seinen Sessel fallen und rieb sich die Augen. Er kam sich schäbig vor. Zugegeben, er hatte Badaya keine direkte Lüge aufgetischt, aber er hatte den Mann so gründlich in die Irre geführt, wie es ein Politiker nicht besser hätte machen können.

Nach einer Weile rief er Rione in sein Quartier. Sie trat ein, musterte ihn kurz und lächelte dann anerkennend. »Sie haben es geschafft. Badaya hat es Ihnen abgekauft?«

»Ich glaube ja.«

»Gut. Und jetzt sind Sie unglücklich.«

»Ich mag es nicht, andere zu belügen«, sagte er in frostigem Tonfall. »Vielleicht bin ich deswegen darin so schlecht. Mir gefällt die Erkenntnis nicht, dass ich so gut darin sein kann, dass es mir sogar gelingt, jemanden wie Badaya zu täuschen.«

Rione kam ein paar Schritte näher. »Belügen? Was haben Sie ihm denn erzählt?«

»Sie wissen ganz genau, was ich …«

»Was ich weiß, Captain Geary, ist, dass Sie Badaya etwas gesagt haben, was durchaus der Wahrheit entsprechen kann. Das sollten Sie mal in Ihren Dickschädel reinkriegen. Glauben Sie, dass eine Militärdiktatur für die Allianz eine Katastrophe darstellen würde? Ja? In welchem Punkt haben Sie denn dann gelogen? Zugegeben, der Vergleich mit dem Syndik-Hinterhalt wäre mir nicht eingefallen, aber als Sie und Ihr Captain das vorgeschlagen haben, hielt ich es für ein geniales Argument.«

Er warf Rione einen verärgerten Blick zu. »Hören Sie auf, sie so zu nennen. Desjani gehört niemandem, erst recht nicht mir.«

»Wenn Sie das glauben wollen, bitte.« Ihr Blick nahm den gleichen wütenden Ausdruck an. »Sie müssen sich immer vor Augen halten, dass Sie nichts von diesen Dingen tun, um sich persönlich zu bereichern. Sie wollen weder Reichtum noch Macht. Warum also sollen Sie sich schuldig fühlen, wenn es Ihnen gelungen ist, einen Militärputsch gegen die Allianz-Regierung zu verhindern?«

»Weil kein Offizier der Allianz überhaupt erst auf einen solchen Gedanken kommen sollte!«, brüllte Geary sie mit einer Mischung aus Scham und Zorn an. »Man hätte mir niemals ein solches Angebot machen dürfen! Und als es dazu kam, hätte ich sofort sagen müssen, dass ich mich dafür nicht interessiere!«

Rione betrachtete ihn einen Moment lang, dann drehte sie den Kopf zur Seite, um ihre Gefühle zu verbergen. »Wir sind nicht die Menschen, die unsere Vorfahren waren, John Geary. Wenn Sie uns mit den Menschen vergleichen, die Sie vor hundert Jahren kannten, dann werden wir Sie immer enttäuschen.«

Ihre unerwarteten und ungewohnt ehrlichen Worte ließen Gearys Wut prompt verrauchen. »Es ist nicht Ihr Fehler, dass Sie alle in eine Welt hineingeboren wurden, die sich seit einer Ewigkeit im Krieg befand. Es ist nicht Ihr Fehler, dass Sie alle den Schmerz geerbt haben, den Jahrzehnte des Krieges hinterließen. Ich kann nicht so tun, als wäre ich besser als Sie, nur weil mir das erspart geblieben ist.«

»Aber Sie sind besser als wir«, beharrte sie verbittert. »Sie sind das, was wir hätten sein sollen. Sie verkörpern woran unsere Eltern und Großeltern hätten festhalten sollen – den Glauben, dass Ideale geachtet werden müssen. Meinen Sie, ich sehe das nicht? Hätten wir alle unsere Arbeit so gemacht, wie es die Situation von uns erforderte, dann wäre das alles nie geschehen. Und ja, damit meine ich auch die politische Führung der Allianz.«