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»Warum haben Sie Ihr Schiff aufgegeben?«, bohrte Iger nach, während sie ihn nur weiter anstarrte und nichts sagte.

Desjani verzog den Mund, als sie die Offizierin eingehend betrachtete. »Chief, der Lieutenant soll fragen, ob sie irgendwelche Fragen hat.«

Den Chief schien das zu erschrecken, aber er gab die Anweisung weiter.

Nachdem die Frage ausgesprochen worden war, schwieg die Frau ein paar Sekunden lang, dann sagte sie zögerlich: »Sind … meine überlebenden Crewmitglieder unversehrt … so wie vereinbart?«

Das verstand Geary und nickte Desjani zu, die einen zufriedenen Eindruck machte. »Sie wollte ihre Crew retten. Das konnte sie nur, indem sie kapitulierte, aber das durfte sie ihren Leuten nicht sagen. Auch wenn keiner ihrer Offiziere widersprochen hätte, fürchtete sie, die Syndik-Führer könnten ihrer Familie etwas antun, wenn sie erfahren, dass sie sich ergeben hat.«

Er betätigte eine Taste, sodass seine Stimme in den Verhörraum übertragen wurde. »Commander.« Sie und Lieutenant Iger sahen zu dem Schott, in dem sich die Lautsprecher befanden. »Ihre Crew ist in Sicherheit. Möchten Sie irgendeine Nachricht an sie senden?«

Der Chief pfiff leise. »Massiver Angst-Anstieg. Aber nicht auf sich selbst bezogen.«

Die Syndik atmete tief durch. »Nein, meine Crew soll glauben, dass ich auf dem Schiff gestorben bin.«

»Haben Sie das Ihrer Crew gesagt?«, fragte Geary. »Dass Sie auf dem Schiff bleiben, um sich zu opfern? Haben Sie Ihre Crew belogen?«

»Von hier betrachtet sieht das ganz so aus«, warf der Chief ein.

Aufgebracht sah die Syndik Iger an. »Ja, ich habe meine Crew belogen. Ich habe behauptet, ich würde mein Schiff sprengen, sobald die Allianz-Schiffe nahe genug sind. Hätte ich das tatsächlich getan, dann hätten Sie im Gegenzug meine Crew getötet. Ich habe gelogen, damit sie das Schiff verlassen und zu Hause davon erzählen, dass ich in Erfüllung meiner Pflicht ums Leben gekommen bin.« Ihr Blick wanderte im Verhörraum umher, als suche sie die Kamera, die Geary benutzte, um sie zu beobachten. »Ich hätte mein Schiff bis zum Tod verteidigt, wenn damit irgendetwas zu erreichen gewesen wäre. Aber wir waren völlig hilflos. Trotzdem hätte ich mich mit niemand anderen auf diesen Handel eingelassen als mit Captain Geary. Ich habe zu oft mitansehen müssen, wie Rettungskapseln der Syndikatwelten allein zum Spaß abgeschossen wurden.«

Geary bemerkte, dass Desjani einen roten Kopf bekam. »Selbstgerechtes Miststück«, spie sie aus. »Wahrscheinlich hat sie auch unsere Rettungskapseln abgeschossen.«

Hastig überlegte Geary, wie er das Thema wechseln konnte, dann öffnete er das Mikrofon. »Fragen Sie sie, was den Schaden an ihrem Schiff verursacht hat.«

Als die Frage weitergeleitet wurde, sah die Offizierin Iger starr an, ihr Gesicht wurde leichenblass.

»Wow«, staunte der Chief. »Heftige Reaktion. Sie ist sehr aufgebracht über was auch immer den Schaden verursacht hat, Lieutenant.«

Iger wiederholte die Frage.

Sie starrte ihn weiter an. »Sie kennen die Ursache.«

»Nein«, erwiderte Iger ruhig. »Die kennen wir nicht.«

»Mein Schiff kam von Kalixa her! Beantwortet das Ihre Frage?«

Lieutenant Iger sah sie verwirrt an, auch wenn Geary vermutete, dass er diese Gefühle absichtlich erkennen ließ. »Nein, das beantwortet die Frage nicht. Ist bei Kalixa etwas vorgefallen?«

»Spielen Sie nicht den Ahnungslosen! Was bei Kalixa passiert ist, das ist doch Ihr Werk!«

Geary aktivierte abermals das Komm. »Was ist bei Kalixa passiert, Commander?«

Die Frau schaute sich weiter zornig um, antwortete aber nicht.

Erneut begann der Chief zu pfeifen. »Überall Ausschläge. So als ob sie außer sich ist vor Wut, aber nicht so recht weiß, ob sie lügen oder die Wahrheit sagen oder mit Gegenständen um sich schmeißen soll.«

Doch dann schien sich die Befehlshaberin gegen einen Gewaltausbruch entschieden zu haben. Sie saß nur noch da und blickte finster drein. »Also gut, dann tun wir eben so, als wüssten Sie nicht, dass das Hypernet-Portal bei Kalixa explodiert ist und das gesamte Sternensystem verwüstet wurde.«

Geary stockte der Atem, Rione stieß einen erstickten Laut aus, und Desjani konnte die Syndik-Befehlshaberin nur sprachlos ansehen.

Betont langsam erwiderte Lieutenant Iger: »Diese Flotte ist dafür nicht verantwortlich. Wir wissen nichts von diesem Vorfall. Keine Einheit dieser Flotte ist überhaupt nach Kalixa gereist.«

Die Syndik starrte ihn weiter an, aber ihr war deutlich anzusehen, wie aufgewühlt sie war.

»Woher weiß sie, was bei Kalixa geschehen ist?«, überlegte Rione. »Das muss doch erst vor Kurzem passiert sein.«

»Das ist offensichtlich«, sagte Desjani. »Der beschädigte Bug ihres Schiffs, der aussieht, als stamme er von einem einzigen Treffer. Ihr Schwerer Kreuzer muss weit genug vom Portal entfernt gewesen sein, um zu überleben, aber er ist dabei schwer beschädigt worden. Dieser Kreuzer wurde nicht hier im Atalia-System von den Allianz-Schiffen aus Varandal so zugerichtet. Er traf schon in diesem Zustand hier ein.« Sie schien über etwas nachzudenken. »Wenn ich überlege, wie das Schiff ausgesehen hat, dann muss die Energieentladung aus dem zusammenbrechenden Portal bei Kalixa deutlich größer gewesen sein als bei Lakota.«

»Aber wodurch ist es zusammengebrochen?«, wollte Geary wissen.

Lieutenant Iger stellte genau in diesem Moment die entsprechende Frage. »Commander, hielten sich Allianz-Kriegsschiffe im Kalixa-System auf, als das Hypernet-Portal zusammenbrach?«

»Sie erwägt eine Lüge, Lieutenant«, meldete der Chief. »Nein, jetzt doch die Wahrheit.«

»Nein«, antwortete die Syndik.

»Wessen Kriegsschiffe hielten sich dann bei dem Hypernet-Portal auf, als es kollabierte?«

»Da waren überhaupt keine Kriegsschiffe!«, schrie die Frau, die unter dem Eindruck der Erinnerungen offenbar die Nerven verlor. »Nichts war in der Nähe! Es brach einfach zusammen, die Trossen versagten schlichtweg! Ein Handelsschiff irgendwo im System hatte Bilder gesehen von … von Lakota. Es sendete eine Warnung aus und bat um Hilfe. Alle riefen sie plötzlich um Hilfe! Wir waren weit entfernt, in der Nähe des Sprungpunkts nach Atalia. Wir drehten den Bug zum Hypernet-Portal und verstärkten unsere Schilde. Wir überlebten nur mit knapper Not! Kalixa …« Sie atmete tief durch, ihr schauderte. »Alles wurde zerstört. Alles … alle tot. Alle.«

»Die Wahrheit«, ließ der Chief Iger wissen.

»Kein Wunder, dass sie so erschüttert wirkte, als wir sie das erste Mal sahen«, merkte Desjani leise an. »Schlimmer als Lakota … das ist das erste Mal, dass ich mit einem Syndik Mitgefühl habe.«

Iger starrte die Befehlshaberin an und war jetzt selbst kreidebleich geworden. »Das waren wir nicht.«

Aber sie redete weiter, ihre Stimme schwankte vor Aufregung. »Wir sprangen hierher. Befehle. Geht nach Atalia. Wir fanden hier etliche Schiffe vor. Die Reserveflotte, sagten sie. Wir meldeten den CEOs, was geschehen war. Sie glaubten uns nicht und wollten unsere Aufzeichnungen sehen. Dann befahlen sie uns, unsere zugewiesenen Aufgaben zu erledigen. Die Flotte machte kehrt und nahm Kurs auf den Sprungpunkt nach Varandal. Sie ließen uns einfach zurück. Dann tauchte auf einmal die Allianz auf, und es kam zu einem Gefecht.« Sie schluckte und holte tief Luft. »Danach kreuzten Rettungskapseln der Allianz unseren Kurs. Dauerbefehl. Gefangene machen, wenn es möglich ist. Das haben wir getan.«

Iger wartete ab und wirkte ein wenig hilflos, woraufhin Geary dem Chief ein Zeichen gab. »Sagen Sie dem Lieutenant, er soll der Syndik eine Pause gönnen. Und stellen Sie fest, ob sie medizinisch versorgt werden muss. Captain Desjani, Co-Präsidentin Rione, kommen Sie bitte mit.«

Schweigend folgten sie ihm in den Konferenzraum, wo Geary die Luke hinter ihnen versiegelte. »Es gibt nur eine Erklärung für das, was bei Kalixa geschehen ist.«