»Das waren sie«, sagte Desjani und setzte eine finstere Miene auf. »Die Aliens dachten, wir würden nach Kalixa fliegen. Sie haben das Tor ausgelöscht, das wir hätten benutzen können.«
»Warum haben sie dann nicht damit gewartet, bis wir dort waren? Dann hätte die Energieentladung unsere Flotte getroffen.«
Desjani legte die Stirn in Falten. »Dazu müssten sie wissen, wo wir … ja, genau. Sir, das ist die Antwort. Sie können unsere Bewegungen durch das Syndik-Territorium nicht länger nachverfolgen. Sie wussten immer in Beinahe-Echtzeit, wo wir uns befanden und wohin wir unterwegs waren, und sie konnten entsprechend reagieren. Aber seit wir die Würmer in den Navigations- und Kommunikationssystemen unserer Schiffe entdeckt und sie davon gesäubert haben, geht das auf einmal nicht mehr. Sie haben geschätzt, wann wir in Kalixa eintreffen müssten, falls wir geradewegs dorthin springen, und dementsprechend haben sie das Portal hochgehen lassen.«
»Kann das zeitlich hinkommen?« Geary begann zu rechnen, dann schüttelte er den Kopf. »Vielleicht liegen Sie mit ihrer Annahme richtig. Aber die Aliens haben das Portal vor so langer Zeit hochgehen lassen, dass der Syndik-Kreuzer erst noch in dieses System springen und die Nachricht weiterleiten konnte, bevor wir überhaupt hier eingetroffen sind. Sie hätten also viel zu früh losgeschlagen und uns nicht erwischen können.«
»Allerdings haben wir untypisch viel Zeit bei Dilawa verbracht«, wandte Desjani ein, korrigierte die Reisezeiten um diesen Aufenthalt und zeigte auf das Ergebnis.
Er wollte etwas erwidern, aber ihm kam kein Ton über die Lippen. Die Zahlen ließen keinen Zweifel zu. Bei einem zügigen Transit durch Dilawa und einem anschließenden Sprung der Flotte nach Kalixa wären sie eine Woche früher dort eingetroffen. Perfektes Timing.
Rione schüttelte den Kopf. »Selbst wenn Sie Mist bauen, kommt noch was Gutes dabei heraus.«
»Er wird geführt«, erwiderte Desjani.
»Mag sein«, gab Rione zurück. »Allerdings sehe ich das eher so, dass eine sorgfältige Planung die gleichen Vorteile mit sich bringt wie ein göttliches Einschreiten, allerdings ohne göttliche Kapriolen und göttliche Launen. Aber das soll jetzt auch egal sein. Tatsache ist, dass untypisches Zögern und das typische Vermeiden von Sternensystemen mit Hypernet-Portalen dieser Flotte offenbar gut bekommen ist.« Ihre Miene verhärtete sich. »Ein komplettes Sternensystem wurde ausgelöscht, und mit ihm alles menschliche Leben. Die Aliens haben begonnen, was wir befürchtet haben. Sie lassen die Hypernet-Portale zusammenbrechen.«
»Uns bleibt immer noch Zeit, die Lage zu entschärfen«, beharrte Geary. »Das war ein Schuss ins Blaue, und sie haben uns verfehlt. Bis die Aliens erfahren, dass wir uns gar nicht bei Kalixa …«
»Hier geht es nicht nur um die Aliens! Verstehen Sie das nicht?« Rione sah ihn und Desjani aufgebracht an. »Die Syndik-Reserveflotte hat hier auf uns gewartet. Dann erfuhr sie durch den Schweren Kreuzer von den Ereignissen bei Kalixa und machte sich auf den Weg nach Varandal. Offenbar hat der Zusammenbruch des Hypernet-Portals bei Kalixa dazu geführt, dass sich ihr Einsatzbefehl geändert hat. Und jetzt überlegen Sie mal! Warum sollten sie nach Varandal aufbrechen, nachdem sie erfahren haben, was im Kalixa-System passiert ist?«
Desjani antwortete im Flüsterton. »Das Hypernet-Portal der Allianz bei Varandal! Sie wollen Vergeltung üben und das Portal zerstören, weil sie glauben, Kalixa war unser Werk.«
»Ganz genau.« Rione zitterte leicht, so sehr bemühte sie sich, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten. »Der Kreislauf der Vergeltungsschläge hat bereits begonnen. Der Wunsch der Aliens hat sich erfüllt. Es hat angefangen, und wir kommen zu spät.«
Elf
»Wir kommen nicht zu spät!«, fuhr Geary sie an. »Die Syndiks haben das Portal bei Varandal noch nicht zerstört, und wenn wir schnell genug dort eintreffen, können wir sie noch aufhalten. Wir können das Ganze stoppen, und das werden wir auch tun!«
»Und wie?«, wollte Rione wissen.
»Captain Cresida hat gemeldet, dass sie mit ihrer Vorrichtung, mit der der Zusammenbruch eines Portals verhindert werden kann, ausreichend Fortschritte gemacht hat, um sie in der Praxis einzusetzen. Wir müssen eine von ihnen bei Varandal installieren und danach jedes andere Portal damit ausrüsten, so schnell wir können. Und wir können nur hoffen, dass die Aliens zu lange brauchen, um zu begreifen, was wir machen.«
»Und was ist mit Captain Tulevs Liste?«
»Die ist von den Ereignissen überrollt worden. Uns bleibt keine Zeit mehr für langwierige Planungen, und es wäre zu kompliziert, schnell genug eine Liste der vorrangig zu schützenden Portale zu verbreiten. Wenn wir die Nachricht verbreiten, dass die Hypernet-Portale eine Bedrohung darstellen, wird jeder damit beginnen, Cresidas Vorrichtung zu installieren.«
Desjani drückte die Handfläche gegen ihre Stirn. »Selbst wenn wir die Syndiks aufhalten können – wer sagt, dass die Aliens nicht sofort das Portal sprengen, sobald sie wissen, dass wir in Varandal eingetroffen sind? Nein, das wissen sie ja so schnell gar nicht. Es wird eine Weile dauern, bis sie davon erfahren. Aber werden wir auch genug Zeit haben, um Cresidas Vorrichtung zu installieren?«
»Das können wir nur hoffen. Wir können ja von Glück reden, dass wir diese Syndik an Bord geholt haben«, sagte Geary. »Ansonsten wüssten wir jetzt noch nichts davon, was im Kalixa-System vorgefallen ist.«
»Hätte ihr Schiff nicht überlebt, dann hätte die Reserveflotte nichts von dem Zusammenbruch des Hypernet-Portals erfahren«, hielt Desjani kühl dagegen, »und dann wäre die Reserveflotte auch nicht nach Varandal aufgebrochen, um das dortige Portal der Allianz zu zerstören. Mir persönlich wäre es weitaus lieber gewesen, erst viel später von Kalixa zu erfahren, wenn uns dafür die Reaktion der Syndiks erspart geblieben wäre.«
»Durch sie haben wir noch etwas Wichtiges erfahren«, fuhr Rione fort. »Ein Handelsschiff der Syndiks hielt sich bei Kalixa auf, das eine Kopie unserer Aufzeichnungen von Lakota besaß. Das bestätigt, dass sich diese Information in den Syndikatwelten herumspricht, auch wenn die Führer mit Sicherheit alles versuchen, um das zu verhindern.«
Geary ging zur Komm-Einheit. »Wir müssen sofort eine Besprechung einberufen.« Keine zehn Minuten später waren außer ihm, Desjani und Rione auch die virtuellen Bilder von Cresida, Duellos und Tulev anwesend. Augenblicke später war die Situation erklärt, und Geary wandte sich an Cresida: »Sie sprachen davon, dass die grundlegende Arbeit erledigt ist. Wie weit sind Sie mit einem Plan, um diese Vorrichtung tatsächlich bauen und installieren zu können?«
»Weit genug, Sir.« Sie zuckte entschuldigend mit den Schultern. »Es könnte noch verfeinert werden, aber im Prinzip ist es fertig. Etliche Faktoren basieren derzeit noch auf Schätzungen. Aber es sollte wirkungsvoll genug sein, um die Schockwellen so sehr einzudämmen, dass sie einem Sternensystem keinen Schaden mehr zufügen können. Es handelt sich um ein Basissystem, durch das die Intensität der Energieentladung in jedem Fall so sehr abgemildert wird, dass sie keine nennenswerten Schäden verursacht. Außerdem gibt es ein komplizierteres System, um das die erste Vorrichtung ergänzt werden kann, damit der Zusammenbruch des Portals völlig harmlos verläuft.«
»Wie schnell kann das produziert und an Hypernet-Portalen angebracht werden?«, wollte Rione wissen.
»So schnell, wie es nach der Priorität der Portale notwendig ist, Madam Co-Präsidentin«, antwortete Cresida. »Wir müssen nur die Allianz-Behörden und unsere militärische Befehlskette von der Dringlichkeit überzeugen.«
Der Sarkasmus in ihren Worten war nicht zu überhören und veranlasste Rione zu einem wütenden Blick, der aber nicht auf Cresida gerichtet war. »Das dürfte kein Problem mehr sein, wenn wir erst einmal Varandal verloren haben. Lieber wäre mir aber, wenn wir nicht erst ein solches Beispiel anführen müssten. Wir haben schon Lakota und Kalixa als Beispiele, nur liegen die auf feindlichem Gebiet, und das macht sie nicht annähernd so bedeutsam. Wir müssten einen Weg finden, um die Allianz-Bürokratie zu umgehen.«