»Captain Geary könnte den Befehl erteilen.«
»Das ist keine Garantie, dass es auch umgesetzt wird«, wandte Geary ein. »Erst recht nicht, wenn die Leute erst mal anfangen, über meine Person zu diskutieren, anstatt dieses … dieses …«
»Diese Schutzvorrichtung zu installieren«, half Cresida ihm auf die Sprünge.
Tulev lächelte humorlos. »Wir sagen es einfach allen. Wir verbreiten die Nachricht, was sich bei Lakota und Kalixa ereignet hat, und wir sagen den Leuten, dass sich so was in ihrem System auch jederzeit abspielen kann. Es sei denn, sie bauen diese Vorrichtung nach und installieren sie umgehend an ihrem Hypernet-Portal.«
Desjani schüttelte den Kopf. »Wir würden eine Panik auslösen.«
»Wenn Sie den offiziellen Dienstweg nehmen«, hielt Tulev dagegen, »werden die politischen und militärischen Institutionen das Ganze geheimer als geheim einstufen und alles so lange begutachten und abwägen, bis ein Allianz-System nach dem anderen ausgelöscht wird. Und das alles unter dem Vorwand, keine Panik auslösen zu wollen.«
Rione nickte zustimmend. »Captain Tulev hat recht. Wir müssen den Leuten klar machen, dass es von größter Dringlichkeit ist, die Hypernet-Portale mit diesen Vorrichtungen zu versehen, bevor die Aliens dahinterkommen, was wir machen. Und bevor die Syndiks irgendeines dieser Portale zerstören. Das lässt sich nur erreichen, wenn so viele Menschen wie nur möglich über die drohende Gefahr aufgeklärt werden.«
»Dringlichkeit und Hysterie lassen sich nicht unbedingt klar voneinander trennen. Werden die Behörden nicht trotzdem versuchen, das Risiko herunterzuspielen?«, fragte Duellos.
»Natürlich werden sie das. Sie werden behaupten, dass die Portale hundertprozentig sicher sind, und vielleicht werden sie sagen, unsere Portale seien anders konstruiert als die der Syndiks.«
»Das ist doch Unsinn«, wandte Cresida ein.
»Ja, sicher. Trotzdem werden sie das behaupten und jeden unglaubwürdig machen, der das Gegenteil sagt.« Dann sah Rione zu Geary. »Glücklicherweise wird die Erklärung, dass die Portale eine Gefahr darstellen, von keinem Geringeren als Black Jack Geary verbreitet werden, der von den Toten auferstanden ist, um die Allianz-Flotte und die Allianz selbst zu retten.«
Alle übrigen Anwesenden nickten erfreut. »Sie hat recht, Sir«, pflichtete Desjani bei.
Er hätte es wissen müssen. Wenn der Moment kam, an dem Rione und Desjani Einigkeit demonstrierten, würde es ganz sicher etwas betreffen, das ihm gar nicht gefiel. Aber Geary dachte einen Moment lang darüber nach und sah ein, dass Rione tatsächlich recht hatte. Der Augenblick war gekommen, da er sich nicht von Black Jacks Vermächtnis distanzieren durfte, sondern es zum Wohl der Allianz nutzen musste. »Also gut. Sobald wir Varandal erreichen, senden wir unsere Nachricht an alle aus. Die Konstruktionsanleitung für Captain Cresidas Vorrichtung schicken wir mit. Und mein Name wird unter der Nachricht stehen.«
Cresidas nächste Frage verblüffte sie alle. »Und was ist mit den Syndiks?«
»Die werden früher oder später bestimmt davon erfahren«, meinte Duellos.
»Nein, ich meine, ob wir ihnen die Information auch geben, bevor wir dieses System verlassen.« Sie schaute sich um und blickte in entsetzte Gesichter. »Ich habe mir darüber Gedanken gemacht. Sicher, die Syndiks sind unsere Feinde. Aber ihre Hypernet-Portale werden von einer dritten Gruppe als Waffen gegen uns eingesetzt. Es wird immer unwahrscheinlicher, dass noch irgendein Syndik-CEO sein eigenes Portal sprengen wird, weil sich herumsprechen dürfte, was geschehen ist. Aber die Aliens können das auch gegen den Willen der Syndiks machen, so wie bei Kalixa. Wenn sie wissen, dass wir uns in einem Sternensystem der Syndiks befinden, das über ein Hypernet-Portal verfügt, dann werden sie versuchen uns zu erwischen. Und zweifellos werden sie weitere Syndik-Portale zusammenbrechen lassen, um unseren Feind dazu zu veranlassen, sich an uns rächen zu wollen.«
Tulev sah sie eindringlich an. »Sie wollen damit sagen, dass die Syndik-Portale jetzt zu Waffen geworden sind, die nur von einem gemeinsamen Feind gegen uns und gegen die Syndiks eingesetzt werden.«
»Richtig. Und schon deswegen müssen wir diese Waffen unschädlich machen, von der humanitären Seite einmal ganz abgesehen. Die sicherste Methode ist die, den Syndiks die Pläne für die Schutzvorrichtung zukommen zu lassen.«
»Was Sie vorhaben, ist Verrat«, warf Desjani ein.
»Man … man könnte es so auslegen.«
Schweigen machte sich breit, das schließlich von Duellos gebrochen wurde: »Ich glaube, Captain Cresida spricht da einen wichtigen Punkt an. Sie redet davon, eine äußerst gefährliche Waffe unschädlich zu machen, die gegen uns eingesetzt werden kann. Wenn wir den Syndiks keine Informationen geben, können die Aliens nach wie vor ganze Systeme auslöschen und uns die Schuld in die Schuhe schieben.«
»Der Rat der Allianz wird sich dieser Ansicht wohl nicht anschließen«, sagte Rione leise. »Der Rat wird sich die Möglichkeit vorbehalten wollen, die Portale als Waffen gegen die Syndiks zu gebrauchen.«
»Und wie denken Sie darüber?«, fragte Geary.
»Sie wissen genau, wie ich darüber denke. Diese Portale sind zu schrecklich und zu gefährlich, um sie jemals als Waffen zu benutzen.«
Tulev hielt den Kopf vornüber gebeugt, sein Blick auf das Deck gerichtet. »Als Offizier der Allianz-Flotte habe ich geschworen, die Allianz zu beschützen. Es ist nicht immer so leicht zu erkennen, wann man die Allianz beschützt und wann man womöglich dem Feind hilft.« Er sah hoch und musterte die anderen mit ausdrucksloser Miene. »Ich habe für die Syndiks nichts übrig, aber hier geht es sowohl um unsere eigenen Interessen als auch um einen humanitären Akt. Unsere Führer würden über dieses Argument erst lang und breit diskutieren und damit Zeit verlieren, die Milliarden Menschenleben kosten kann. Da ich nichts mehr zu verlieren habe, kann ich derjenige sein, der den Syndiks diese Informationen zukommen lässt.«
Desjani warf Tulev einen gequälten Blick zu. »Sie haben der Allianz schon genug gegeben! Ich werde mich nicht hinter Ihnen verstecken!«
»Wie denken Sie darüber?«, wollte Geary von ihr wissen.
Sie schaute zur Seite und atmete schwer. »Ich … zum Teufel! Zum Teufel mit den Syndiks und ihren Führern! Nachdem sie so viel Leid und Elend über uns gebracht haben, wollen sie jetzt auch noch, dass wir einen Verrat begehen, damit wir schützen können, was uns wichtig ist!« Desjani drehte sich zu Geary um, ihre Miene war todernst. »Der Hypernet-Schlüssel der Syndiks.«
»Was ist damit?«
»Er ist im Moment für uns nutzlos. Wir haben ihn für einen kriegsentscheidenden Vorteil gehalten, wenn wir ihn nach Hause bringen und kopieren können, aber im Augenblick können wir nichts mit ihm anfangen.«
Cresida lachte verbittert und nickte. »Ja, natürlich. Daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Wir können das Syndik-Hypernet nicht benutzen, weil wir es gar nicht wagen, ein Syndik-System aufzusuchen, das über ein Hypernet-Portal verfügt. Die Aliens könnten es zusammenbrechen lassen, wenn wir uns unmittelbar davor befinden, und damit die komplette Flotte auslöschen. Damit uns der Schlüssel wieder einen entscheidenden Vorteil verschaffen kann, müssen die Hypernet-Portale der Syndiks vor einem Zugriff durch die Aliens geschützt sein.«
»Wir müssen den Syndiks unsere Sicherheitsvorrichtung überlassen, damit wir überhaupt eine Chance haben, sie zu besiegen?« Auch Duellos musste jetzt lachen. »Die Syndiks wiederum sind gezwungen, solche Vorrichtungen zu installieren, weil sie sonst riskieren, dass alle Systeme ausgelöscht werden, in denen sich Portale befinden. Das sollte jedem Syndik-CEO die Entscheidung leicht machen. Die lebenden Sterne haben eine Schwäche für Ironie, nicht wahr?«