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An den Rändern des Atalia-Systems befanden sich Syndik-Jäger, Kuriere und Handelsschiffe immer noch auf Kurs zu den Sprungpunkten im System; entweder um die Flucht zu ergreifen oder um irgendwem Bericht zu erstatten, wohin die Allianz-Flotte unterwegs war. Die meisten dieser Schiffe würden die Mitteilung von der Dauntless empfangen, bevor sie in den Sprung wechselten.

Von den Syndik-Behörden im System war nichts zu hören. Es gab weder eine Kapitulationsforderung noch irgendwie geartete Drohungen. Er fragte sich, ob die hochrangigsten CEOs vor Ort über die Mission der Reserveflotte und über die Lage in Kalixa informiert worden waren. Spätestens jetzt würden sie es erfahren.

»Noch fünf Minuten bis zum Sprung.«

Geary betätigte seine Kontrollen. »Captain Badaya, wir springen jetzt nach Varandal. Wir sehen uns dort wieder. Viel Glück.« Mehr wusste er nicht zu sagen, und abgesehen davon würde Badaya die Nachricht ohnehin erst in gut zwei Stunden empfangen.

»Vier Tage.« Desjani betonte jede Silbe, dann schloss sie resigniert die Augen.

»Ja, das werden für mich die längsten vier Tage, die ich jemals im Sprungraum verbracht habe«, pflichtete Geary ihr bei. Die Reserveflotte der Syndiks befand sich auch noch im Sprungraum, und das galt genauso für die Allianz-Kriegsschiffe, die vor den Syndiks den Rückzug nach Varandal angetreten hatten. Nun würde diese Flotte sich ihnen anschließen. Das Steuersystem ließ eine Alarmleuchte aufblinken, woraufhin Geary eine weitere Nachricht sendete. »An alle Schiffe, springen Sie bei Zeit zwei null vier neun. Wir sehen uns bei Varandal. Machen Sie sich darauf gefasst, unmittelbar bei Eintreffen sofort in Kampfhandlungen verwickelt zu werden.«

Wenige Minuten darauf verschwanden die Sterne, und Geary sah wieder auf das trübe Grau des Sprungraums. Beim Gedanken an die Mission der Reserveflotte und an deren zahlenmäßige Überlegenheit drängte sich ihm die Frage auf, ob das wohl sein letzter Sprung sein würde.

Vier scheinbar endlose Tage später saßen sie wieder auf der Brücke der Dauntless, während ein Countdown die noch verbleibenden Minuten im Sprungraum zählte. Geary atmete tief und gleichmäßig durch, dann ließ er seine Schultern kreisen, als mache er sich auf einen Faustkampf gefasst. Desjani saß da, den Blick gebannt auf ihr Display gerichtet, während ihre Augen vor Begeisterung funkelten. Rione, die sich wie immer im hinteren Teil der Brücke aufhielt, gab sich zwar ruhig und gefasst, dennoch war ihr die Anspannung deutlich anzumerken. Die Wachhabenden waren über ihre Stationen gebeugt und wie die gesamte Crew der Dauntless einsatzbereit.

»Alle Waffen bereithalten, Feuer auf Automatik einstellen«, befahl Desjani mit einer Gelassenheit, die in der von Stress geprägten Stimmung fast unheimlich wirkte.

Vor ihnen in der grauen Leere des Sprungraums tauchte eines jener mysteriösen Lichter auf, das dicht vor ihnen, ebenso gut aber auch weit entfernt sein konnte. Auf jeden Fall hing es dort, als warte es auf die Dauntless. Geary hörte, wie fast jeder auf der Brücke erschrocken nach Luft schnappte.

»Wir verlassen den Sprungraum.«

Das endlose Grau und das rätselhafte Licht verschwanden und machten den Sternen Platz.

Die Dauntless drehte abrupt bei, um möglichen Minen und feindlichem Beschuss auszuweichen.

Desjani, die sich wegen des Manövers an ihrem Sessel festklammerte, ließ das Display nicht aus den Augen. »Sie sind nicht am Sprungpunkt.«

Auch Geary sah auf sein Display. Für einen Moment fehlten ihm die Worte, als er das Varandal-Sternensystem angezeigt bekam.

Nach so vielen Sprüngen, nach so vielen Lichtjahren, so vielen von Syndiks kontrollierten Systemen war die Allianz-Flotte endlich in heimisches Gebiet zurückgekehrt. Varandal, Heimat eines regionalen Flottenhauptquartiers und zahlreicher Einrichtungen der Flotte, die allesamt massiv gesichert waren. Während der Zeit auf der Dauntless hatte er sich mit diesem System beschäftigt und dabei feststellen müssen, wie sehr all diese Einrichtungen in jenen hundert Jahren gewachsen waren, seit er das letzte Mal hier gewesen war. Es nun real vor sich zu sehen, war im ersten Augenblick ein wenig desorientierend, weil alles einerseits so vertraut, andererseits so völlig verändert war.

Sirenen gellten los, Warnsymbole blinkten auf. Geary verfolgte mit, wie die Darstellung auf dem Display aktualisiert wurde, sobald die Sensoren das System abtasteten. »Wir sind noch rechtzeitig eingetroffen.«

Das Hypernet-Portal existierte noch und lag keine sechs Lichtstunden entfernt von ihrem Sprungpunkt. In drei Lichtstunden Entfernung kreiste die Syndik-Reserveflotte um den Stern Varandal. Sieben Lichtminuten trennten die Kastenformation des Gegners von einer kleineren Formation aus Allianz-Schiffen – den Überlebenden, die Atalia angegriffen und dann zurückgeeilt waren, um Varandal zu verteidigen. »Zwei Schlachtschiffe, ein Schlachtkreuzer, sechs Schwere Kreuzer, ein Leichter Kreuzer, neun Zerstörer«, las Desjani vor. »Mehr haben sie nicht.«

Mit wachsendem Unbehagen musterte Geary sein Display. »Warum haben die Syndiks nicht längst alles zerstört? Etliche Verteidigungsanlagen sind mit kinetischen Geschossen bombardiert worden, aber ansonsten haben die Syndiks wohl nichts vernichtet. Alle übrigen Einrichtungen scheinen noch intakt zu sein.«

»Was haben die vor?«, murmelte Desjani.

»Allianz-Flotte!« Die eingehende Nachricht überraschte Geary, dem erst jetzt auffiel, dass ein Allianz-Zerstörer als Späher in der Nähe des Sprungpunkts in Position gegangen war. Es war die Stimme des befehlshabenden Offiziers der Howitzer, die aus dem Lautsprecher ertönte. »Den lebenden Sternen sei Dank!«

Desjani wandte sich zu ihrem Ablauf-Wachhabenden um. »Lassen Sie sich von diesem Zerstörer eine umfassende Aufzeichnung schicken, damit wir wissen, was hier passiert ist, seit die Syndiks ins System gekommen sind. Sofort!«

»Verbinde uns mit deren Gefechtssystemen«, meldete der Wachhabende. »Auf Ihrem Display.«

»Position halten, Howitzer«, befahl Geary und konzentrierte sich dann auf das eigene Display, das die Geschehnisse im Zeitraffer darstellte. Die Allianz-Verteidiger waren eine halbe Lichtstunde vom Sprungpunkt entfernt in Stellung gegangen, um sich den Verfolgern zu stellen, dabei hatten sie einen weiteren Schlachtkreuzer und ein Schlachtschiff sowie zahlreiche Eskortschiffe verloren. »So eine schlechte Ausgangssituation, und sie sind trotzdem einfach auf den Feind losgestürmt«, murmelte Geary kopfschüttelnd.

Admiral Tethys hatte diesen Zug befohlen, war aber bei der Zerstörung der Encourage ums Leben gekommen. Danach hatte Captain Deccan von der Contort das Kommando übernommen, aber auch nur so lange, bis die Contort von den Syndiks in Stücke geschossen worden war. Im Anschluss daran war die Befehlsgewalt auf Captain Barrabin übergegangen, doch kurz darauf wurde dessen Schiff Chastise durch eine Überladung des Hauptantriebs in Stücke gerissen, als es über zwei Lichtstunden vom Sprungpunkt entfernt zur nächsten Konfrontation gekommen war.

Laut den Aufzeichnungen der Howitzer wurden die restlichen Kriegsschiffe im Varandal-System von Captain Jane Geary auf der Dreadnaught befehligt. Neben ihr hatten noch das Schlachtschiff Dependable und der Schlachtkreuzer Intemperate sowie eine Hand voll Eskortschiffe überlebt.

In der Zwischenzeit hatten die Syndiks damit begonnen, die Verteidigungsanlagen mit kinetischen Geschossen auszuschalten. Auf weitere Bombardements hatten sie aber verzichtet. Auch hatte sich die Reserveflotte seitdem den wenigen Allianz-Schiffen nicht weiter genähert, obwohl sie dazu Gelegenheit gehabt haben mussten.