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Der Ritter ballte die Fäuste. Schließlich nickte er. »Wie Ihr befehlt, Auserwählter

Volker warf ihm einen wütenden Blick zu. Der Spielmann haßte es, wenn man ihn mit dem Titel anredete, den die Bardin erfunden hatte. Rother wußte das genau.

»Wir werden zwei Stunden vor Morgengrauen angreifen. Das ist die Zeit, in der die Wachen am unaufmerksamsten sind. Hundert Krieger will ich für den Ausfall haben. Wählt die besten unter euren Männern aus und sorgt dafür, daß sie reichlich Fackeln mit sich führen. Es sollen auch zwei Dutzend Männer mit Äxten bewaffnet sein; für den Fall, daß das Holz nicht brennt, werden wir die Katapulte zerschlagen.« Volker blickte in die Runde. »Gibt es noch Fragen?«

Der Eber räusperte sich. »Wo wollen wir die Hügelflanke hinab?«

»Warum ist das von Belang? Wir klettern die Palisade hinab und nehmen den kürzesten Weg.«

»Ich fürchte, dann haben wir ein Problem.«

Der Spielmann sah den Gesetzlosen fragend an. »Was soll das heißen?«

»Es gibt ringsherum an der Hügelflanke Fallgruben mit angespitzten Eichenpflöcken. Wer den Weg zum Dorf verläßt, ist in Lebensgefahr. Ich wollte warten, bis die Franken den ersten Angriff machen, dann hätte ich es euch gesagt. Ich...«

Volker erinnerte sich an den Herbsttag, an dem er zum ersten Mal in das Dorf kam. Damals war ihm aufgefallen, daß die Weiden auf dem Hügel seltsam ungleichmäßig abgefressen waren, so als hindere man das Vieh daran, an bestimmten Stellen zu grasen. Er sah zum Eber hinüber. »Gibt es sonst noch etwas, was wir wissen sollten?«

Der Gesetzlose schüttelte den Kopf. »Nein. Wenn meine Männer die Führung übernehmen, dann besteht keine Gefahr. Die anderen müssen nur genau in der Spur laufen, die sie im Schnee hinterlassen.«

Volker blickte in die Runde. »Sagt das euren Kriegern. Wenn wir uns nicht über die Hügelflanke auffächern können, wird der Rückzug vielleicht ein Problem. Eber, du bleibst mit deinen besten Bogenschützen auf den Wällen. Wenn wir zurückkommen, werden uns sicher die Franken an den Fersen hängen. Sorge dafür, das sie den gebührenden Abstand halten.«

Der Gesetzlose grinste breit. »Es wird mir ein Vergnügen sein.«

»Schön. Was das Eindringen in das Lager der Franken angeht, habe ich eine Idee. Mit ein wenig Glück werden wir sie überrumpeln und ohne Verluste bis zu den Katapulten gelangen. Wir werden folgendes tun...«

Volker rieb sich das Kinn. Er hatte den Riemen des Offiziershelms zu straff gespannt. Um sich dem Lager der Franken nicht aus Richtung des Bergdorfes zu nähern, hatte er mit seinen Männern einen weiten Umweg gemacht. Die hundert Mann, die für den Überfall ausgewählt worden waren, hatten allesamt fränkische Ausrüstung erhalten, die beim Gefecht am Totenmaar erbeutet worden war.

Volker trug als Zeichen seiner Offizierswürde einen goldverzierten Spangenhelm mit einem prächtigen weißen Pferdeschweif. Der Wind wehte ihm das lange Roßhaar ins Gesicht. Er fluchte.

Sie waren fast am Tor des Frankenlagers angelangt. Ricchar hatte die Stellung seiner Truppen mit einem niedrigen Wall umgeben, der zusätzlich mit angespitzten Baumstämmen gesichert war.

Plötzlich stand wie aus dem Nichts ein Krieger vor dem Spielmann. Es war junger Mann mit rotem Gesicht, den seine reich geschmückten Waffen als einen Adligen auswiesen. »Wer seid ihr?«

Volker schätzte, daß der Wachoffizier in der Hierarchie unter ihm stehen mußte. Doch um seinen Rang noch zu unterstreichen, spielte er mit dem erbeuteten Löwenring, den er am Finger trug. Belliesa hatte ihm erklärt, daß ihn der Ring als einen hochrangigen Geweihten des Mithraskultes ausweisen würde. »Das geht dich nichts an!« entgegnete Volker in arrogantem Tonfall.

»Wartet, Herr«, sagte der Wachhabende nun schon etwas versöhnlicher. »Nimm freundlich auf die weihrauchverbrennenden Löwen und ihr Element, das Feuer, durch welches wir Weihrauch spenden, durch welches wir auch selbst verzehrt werden.« Der Mann hob seine Linke und zeigte dem Spielmann einen Ring, der mit einem Skorpion geschmückt war. Der Burgunde nickte und betete stumm darum, daß sein Gegenüber auf diese rituelle Begrüßung keine entsprechende Antwort erwartete. Daß der Krieger ihn als Flammenbringer willkommen hieß, war schon geradezu unheimlich.

»Entschuldigt, wenn ich Euch frage, Leo, doch woher kommt Ihr? Mir hat niemand gesagt, daß wir in dieser Nacht noch Verstärkungen erwarten.« Dem jungen Krieger stand das Mißtrauen förmlich ins Gesicht geschrieben.

»Nun, da ich mich zum Morgengrauen bei unserem Feldherren melden soll, wäre ich dir sehr verbunden, wenn du mir erklären könntest, wie ich das bewerkstelligen soll, wenn du mich nicht ins Lager läßt. Meine Männer sind die ganze Nacht hindurch marschiert, und du machst dir keine Freunde, wenn du sie hier in der Kälte warten läßt.«

»Aber in der Offiziersbesprechung hat niemand...« Volker bemerkte, wie sich seitlich des Lagertors einige Schatten bewegten. Ganz offensichtlich war der Krieger nicht allein. Er mußte nun schnell handeln, bevor das Geschehen am Tor zu viel Aufsehen erregte.

»Schön«, unterbrach der Spielmann den Franken barsch. »Da du mich nicht hereinlassen willst, werde ich also die Order unseres Feldherren ignorieren und mit meinen Männern hier warten. Falls Fürst Ricchar mich nach den Gründen fragt, wie heißt du auch gleich?«

»Gerwech, vom zweiten Horn der Tauren aus Castra Bonna«, erwiderte der Offizier und nahm Habachtstellung ein. »Ich bin sicher, daß es nicht nötig sein wird, meinen Namen zu erwähnen. Offensichtlich hat es einen Irrtum bei den Befehlen gegeben.«

»Offensichtlich«, brummte der Spielmann. »Wo finde ich die Katapulte. Ich hatte Anweisung, dort mein Lager aufzuschlagen, weil meine Männer erfahren im Umgang mit Geschützen sind.«

»Am östlichen Ende des Lagers, Leo. Direkt am Fuß des Hügels!«

»Gut. Ich werde deinen Namen wieder vergessen, Gerwech. Dein Mißtrauen zeichnet dich als einen guten Offizier aus. Wenn dir falsche Befehle übermittelt wurden, ist das nicht deine Schuld.«

»Danke, Herr.«

Volker wandte sich um und gab seinen Männern einen Wink. »Vorwärts!« An der Spitze der Kolonne marschierte er durch das Tor.

Das Feldlager der Franken war so symmetrisch wie eine römische Stadt aufgebaut. Es gab vier Tore und zwei Hauptstraßen, die einander kreuzten, und in der Mitte des Lagers standen die Zelte des Feldherren und seiner höchsten Offiziere. Vor einem langen Zelt war eine ganze Reihe von Standarten aufgestellt. In seinem Inneren glomm der rote Schein von Kohlenbecken. Das mußte das Quartier von Ricchar sein. Für einige Herzschläge überlegte Volker, ob er nicht einfach in die Mitte des Feldlagers marschieren sollte, das Fürstenzelt niederreißen und Ricchar ermorden. Damit wäre der Krieg zu Ende. Doch was war, wenn der Fürst nicht schlief. Er wußte, daß in dieser Nacht keine Verstärkung mehr ankommen sollte. Vielleicht war Ricchar auch in einem der anderen Offizierszelte. Der Spielmann schüttelte den Kopf. Das Risiko war zu groß. Er sollte sich besser auf seinen ursprünglichen Plan besinnen. Wenn es ihnen nicht gelang, die Katapulte zu zerstören, dann war die Zerstörung des Bergdorfes schon so gut wie besiegelt.

»Abteilung links schwenkt!« Volker wies auf eine Gasse zwischen zwei Zeltreihen. Es war besser, dem Praetorium mit den Offizierszelten nicht zu nahe zu kommen. Man würde noch früh genug auf sie aufmerksam werden. Spätestens wenn die Katapulte in Flammen aufgingen. Um sicherzustellen, daß das Holz gut brennen würde, hatte er seine Männer zwei Fäßchen mit Lampenöl mitbringen lassen. Bis jetzt ging alles gut. Gefährlich würde es erst, wenn sie versuchten, den Hang hinaufzukommen und ihnen die halbe fränkische Armee dabei im Nacken saß.