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Da hörten sie auf, in ihn zu dringen. Sie zogen ihre Kleider aus und badeten im Fluß, der an der Furt nicht sehr tief war, aber klar und steinig. Als die Sonne, die jetzt stark und warm herabschien, sie getrocknet hatte, waren sie erfrischt, aber immer noch wund und zerschlagen und ein bißchen hungrig. Bald überquerten sie die Furt (wobei sie den Hobbit trugen), und dann begann der Marsch durch das lange grüne Gras und entlang den Baumzeilen der breitarmigen Eichen und der hohen Ulmen.

»Und warum wird er der ›Carrock‹ genannt?« wollte Bilbo wissen, als er neben Gandalf hertrottete.

»Er nannte ihn den ›Carrock‹ weil Carrock eben sein Wort dafür ist. Solche Felsen nennt er eben Carrocks, und dieser eine ist schlechterdings der Carrock, weil er der einzige in der Nähe seiner Wohnung ist und er ihn gut kennt.«

»Wer nennt ihn so? Wer kennt ihn gut?«

»Der Jemand, von dem ich sprach – eine wirklich große Persönlichkeit. Ihr müßt sehr höflich sein, wenn ich euch ihm vorstelle. Ich werde euch übrigens nur ganz allmählich vorstellen, immer nur paarweise. Und ihr müßt vorsichtig sein, ihn nicht verärgern, oder wer weiß, was sonst geschieht. Er kann schrecklich sein, wenn er böse wird, aber er ist prachtvoll, wenn er gute **L,aune hat. Trotzdem warne ich euch: Es ist schnell geschehen, daß er böse wird.«

Die Zwerge kamen alle heran, als sie den Zauberer so zu Bilbo sprechen hörten. »Ist das die Persönlichkeit, zu der Ihr uns jetzt hinführt?« fragten sie. »Konntet Ihr nicht jemand finden, der ein bißchen sanftmütiger ist? Könntet Ihr das alles nicht ein bißchen deutlicher erklären?« – und so fort.

»Ja, gewiß. Nein, das konnte ich nicht. Und ich habe schon sehr sorgfältig erklärt«, antwortete der Zauberer ärgerlich.

»Wenn ihr mehr wissen müßt – sein Name ist Beorn. Er ist sehr stark, und außerdem ist er ein Pelzwechsler.«

»Was, ein Kürschner und Fellhändler, ein Mann, der Kaninchen Angoras und Seidenhasen nennt, wenn er nicht gar ihre Felle unter der Hand in Feh verwandelt?«

»Guter Gott im Himmel, nein, nein, nein«, sagte Gandalf.

»Seid kein Narr, Mister Beutlin, wenn Ihr es verhindern könnt. Und im Namen aller guten Geister, erwähnt nie das Wort Kürschner oder Pelzhändler, solang Ihr hundert Meilen im Umkreis seines Hauses seid, noch Bettvorleger, Pelzumhang, Pelzkragen, Muff oder andere solch unglückseligen Wörter! Er ist ein Pelzwechsler. Er wechselt seinen Pelz: Manchmal ist er ein mächtiger, schwarzer Bär, manchmal ist er ein großer, starker, schwarzhaariger Mensch mit gewaltigen Armen und langem Bart. Ich kann euch nicht viel mehr erzählen, und es sollte auch genug sein. Einige behaupten, er sei ein Bär, der von den großen, alten Bären des Gebirges abstammt, die dort oben lebten, ehe die Riesen kamen. Andere wiederum meinen, er sei ein Mann, der von jenen ersten Menschen abstammt, die noch lebten, ehe Smaug oder die anderen Drachen in diesen Teil der Welt kamen und ehe die Orks aus dem Norden in die Berge eindrangen. Ich kann es nicht sagen, obgleich ich glaube, daß das letzte wahr ist. Ihm selbst stellt man besser keine Fragen.

Jedenfalls, er steht unter keinem anderen Zauber als unter seinem eigenen. Er lebt in einem Eichenwald und bewohnt ein mächtiges Holzhaus. Und als Mensch hält er Rinder und Pferde, die beinahe ebenso wunderbar sind wie er selbst. Sie arbeiten für ihn und sprechen zu ihm. Er ernährt sich nicht von ihnen, jagt und ißt auch keine wildlebenden Tiere. Er besitzt Bienenstöcke über Bienenstöcke mit großen, grimmigen Bienen, und meist lebt er von Sahne und Honig. Als Bär streift er weit umher. Einmal sah ich ihn nachts ganz allein auf der Kuppe des Carrocks sitzen. Er schaute dem Mond zu, der in den Nebelbergen unterging. Und da hörte ich ihn in der Sprache der Bären brummen: ›Der Tag wird kommen, da werden sie verderben, und ich werde zurückkehren!‹ Deshalb also glaube ich, daß er einmal aus dem Gebirge kam.«

Bilbo und die Zwerge hatten nun genug, worüber sie nachdenken konnten, und sie fragten nicht weiter. Sie hatten noch immer einen langen Weg vor sich. Hügelauf und hügelab stolperten sie. Es wurde sehr heiß. Manchmal rasteten sie unter den.Bäumen, und dann fühlte Bilbo sich so hungrig, daß er Eicheln gegessen hätte, wenn sie reif genug gewesen und schon auf den Boden gefallen wären.

Es war Nachmittag, als sie bemerkten, daß große blühende Flächen rund um sie auftauchten und daß es immer dieselben Pflanzen waren, die beieinander wuchsen, als ob jemand sie angepflanzt hätte.

Insbesondere gab es Klee, im Wind wehende Flächen von rotem Fuchsklee und Purpurklee und weite Strecken von kurzem, weißem und süß nach Honig duftendem Steinklee. Ein Brummen und Schwirren und Dröhnen erfüllte die Luft. überall summten Bienen umher. Und was für Bienen! Nie hatte Bilbo ähnliche gesehen. Wenn eine mich stechen sollte, dann schwelle ich an, bis ich noch einmal so dick bin, dachte er.

Sie waren größer als Hornissen, und die Drohnen ein gut Teil dicker als euer Daumen, und die gelben Streifen auf ihren tiefschwarzen Körpern schimmerten wie glühendes Gold.

»Wir kommen näher«, sagte Gandalf. »Wir haben den Rand seiner Bienenweiden erreicht.«

Nach einer Weile gelangten sie zu einem Gürtel von hohen und sehr alten Eichen und hinter ihnen zu einer stattlichen Dornhecke, durch die man weder hindurchschauen noch hindurchkriechen konnte.

»Am besten, ihr wartet hier«, sagte der Zauberer zu den Zwergen. »Und wenn ich rufe oder pfeife, so kommt hinterher – ihr werdet sehen, welchen Weg ich gehe –, aber immer nur in Paaren, denkt daran, etwa mit fünf Minuten Abstand. Bombur ist der dickste und kann für zwei zählen. Er kommt am besten allein und zuletzt. Los, Mister Beutlin! Irgendwo dahinten ist ein Gatter.« Und damit ging er die Hecke entlang und nahm den erschrockenen Hobbit mit.

Sie kamen bald zu einem hohen, breiten Holzgatter, hinter dem sie Gärten und eine Gruppe niedriger Holzhäuser sehen konnten. Einige waren mit Stroh gedeckt und aus roh behauenen Baumstämmen errichtet: Scheunen, Ställe, Schuppen und ein langes, niedriges Holzhaus. Innen, an der Südseite der großen Hecke, standen unglaublich viele Bienenkörbe in Reihen, deren oberer Teil glockenförmig aus Stroh gefertigt war. Die ganze Luft war vom Lärm der fort- und zufliegenden und der ein- und auskriechenden Bienen erfüllt.

Der Zauberer und der Hobbit drückten das schwere, knarrende Gatter auf und gingen einen breiten Pfad hinunter zum Haus. Einige glatte, glänzende, wohlgepflegte Pferde trabten über den Rasen heran und betrachteten sie aufmerksam mit klugen Gesichtern. Dann galoppierten sie zu den Gebäuden davon.

»Sie berichten ihm von der Ankunft Fremder«, sagte Gandalf.

Bald erreichten sie einen Innenhof, der an drei Seiten von dem Holzhaus und seinen beiden langen Flügeln umschlossen war. Mitten im Hof lag ein großer Eichenstamm, daneben zahlreiche gekappte Äste. Dicht dabei stand ein gewaltig großer Mann mit dichtem schwarzem Bart und schwarzem Haar; die bloßen Arme und Beine waren mit dicken Muskeln bepackt. Er trug einen wollenen überwurf hinab bis zu den Knien und lehnte sich auf eine große Axt. Die Pferde standen bei ihm und hatten ihre Nasen auf seine Schultern gelegt.

»Uff, da sind sie!« sagte er zu den Pferden. »Gefährlich sehen sie nicht aus. Mit den beiden könnt ihr mich allein lassen.« Er lachte ein gewaltig rollendes Lachen, legte seine Axt nieder und kam heran.

»Wer seid Ihr, und was wünscht Ihr?« fragte er barsch, als er vor ihnen stand und Gandalf wie ein Turm überragte. Was Bilbo anging, so hätte dieser bequem zwischen seinen Beinen hindurchspazieren können und würde, ohne den Kopf einzuziehen, nicht einmal den Saum des braunen überwurfs berührt haben.

»Ich bin Gandalf », sagte der Zauberer.

»Namen nie gehört«, knurrte der Mann. »Und wer ist dieser kleine Bursche?« fragte er, bückte sich herab und warf unter seinen buschig schwarzen Augenbrauen hervor einen Blick auf Bilbo.