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»Vierzehn! Das ist das erstemal, daß ich höre, zehn weniger eins sei vierzehn. Ihr meint neun, oder Ihr habt mir noch nicht alle Namen genannt.«

»Gut, natürlich, Ihr habt ja Oin und Gloin noch nicht gesehen. Und – wirklich, da sind sie ja! Ich hofFe, Ihr verzeiht ihnen, daß sie Euch behelligen.«

»Oh, laßt sie nur alle kommen! Los, ran! Kommt her, ihr beiden, und setzt euch. Aber, schaut her, Gandalf, selbst jetzt haben wir nur Euch selbst, zehn Zwerge und den Hobbit, der verlorenging. Das macht elf (plus ein Abhandengekommener) und nicht vierzehn – es sei denn, daß Zauberer anders zählen als andere Leute. Aber jetzt, bitte, fahrt fort.«

Beorn versuchte, so gut es ging, sich nichts anmerken zu lassen, aber in Wirklichkeit war er schon sehr gespannt. In alten Tagen hatte er gerade den Teil des Gebirges, den Gandalf beschrieb, sehr gut gekannt. Er nickte und brummte, als er vom Wiederauftauchen des Hobbits hörte, von ihrem Herunterkrabbeln am Geröllhang und dem Wolfsring in den Wäldern.

Als Gandalf zu der Baumkletterei kam (mit all den Wölfen unten zu ihren Füßen), stand er auf und murmelte: »Ich wünschte bloß, ich wäre dabeigewesen! Ich hätte ihnen mehr als Feuerwerk gegeben!«

»Gewiß«, sagte Gandalf und war sehr froh, daß seine Geschichte Eindruck machte, »ich tat, was ich konnte. Da hingen wir, unter uns wurden die Wölfe verrückt, da und dort ging der Wald in Flammen auf – und gerade jetzt kamen die Orks aus den Bergen und entdeckten uns. Sie brüllten vor Entzücken und sangen Spottlieder auf uns: ›Fünfzehn Vögel in fünf hohen Föhren.‹« »Du meine Güte!« brummte Beorn. »Glaubt bloß nicht, daß Orks nicht zählen können. Sie können es. Zwölf sind nicht fünfzehn, und das wissen sie auch.«

»Und ich auch. Da waren auch Bifur und Bofur dabei. Ich habe bisher nicht gewagt, sie Euch vorzustellen, aber da sind sie schon.«

Bifur und Bofur kamen heran. »Und ich«, keuchte Bombur, der hinter ihnen herschnaufte.

Er war fett und ärgerlich dazu, daß man ihn als letzten zurückgelassen hatte. Deshalb hatte er sich geweigert, fünf Minuten länger zu warten, und war den anderen beiden unmittelbar gefolgt.

»Gut, jetzt sind wirklich fünfzehn von euch da. Und weil Orks zählen können, vermute ich, daß dies alles war, was da in den Bäumen hing. Vielleicht können wir jetzt die Geschichte ohne weitere Unterbrechung zu Ende hören.«

Mister Beutlin sah ein, wie klug Gandalf gewesen war. Die Unterbrechungen hatten Beorn in Wirklichkeit nur noch gespannter gemacht auf die Geschichte, und die Geschichte hatte ihn davon abgehalten, gleich die Zwerge wie verdächtige Bettler zum Teufel zu jagen. Wenn er es irgend einrichten konnte, lud Beorn nie Besuch in sein Haus. Er hatte nur sehr wenige Freunde, und diese lebten ein gutes Stück weiter weg. Auch lud er nie mehr als zwei gleichzeitig ein. Jetzt aber hatte er fünfzehn Fremde auf seiner Veranda sitzen!

Mit der Zeit hatte Gandalf seinen Bericht beendet, von der Rettung durch die Adler erzählt und wie sie alle zum Carrock gebracht worden waren. Die Sonne war inzwischen hinter den Gipfeln der Nebelberge versunken, und die Schatten in Beorns Garten waren lang geworden.

»Eine ausgezeichnete Geschichte!« sagte er. »Die beste, die ich seit langer Zeit gehört habe. Wenn alle Bettler eine solch gute zu erzählen hätten, würden sie mich umgänglicher finden. Ihr mögt sie vielleicht nur erfunden haben – ein Abendbrot habt ihr in jedem Fall verdient. So. Jetzt wollen wir etwas zu essen heranschaffen!«

»Ja, bitte!« sagten alle miteinander. »Und vielen Dank!« Im Innern der Halle war es jetzt fast ganz dunkel geworden. Beorn klatschte in die Hände, und herein trabten vier wunderschöne weiße Ponys und mehrere große langgliedrige graue Hunde. Beorn sagte etwas zu ihnen in einer seltsamen Sprache. Es war, als ob Tierlaute zu Sätzen gefügt wären. Sie liefen wieder hinaus und kamen bald mit Fackeln im Maul zurück, die sie am Feuer entzündeten und in niedrigen Klammern an die Säulen der Halle steckten, die um den mittleren Kamin standen. Die Hunde konnten auf ihren Hinterbeinen laufen und Gegenstände mit ihren Vorderpfoten herantragen. Rasch holten sie Tafeln und Gestelle von den Seitenwänden und stellten sie nahe beim Feuer auf.

Da hörte man ein Bähbähbäh, und herein kamen einige schneeweiße Schafe, die von einem kohlschwarzen Widder geführt wurden. Eines trug eine weiße Tischdecke, in deren Rand Tierfiguren gestickt waren, andere trugen Teebretter auf ihren breiten Rücken, mit Töpfen, flachen Schüsseln, Messern und hölzernen Löffeln, die ihnen die Hunde abnahmen und schnell auf die Tischgestelle legten. Diese waren sehr niedrig, niedrig genug, daß selbst Bilbo bequem daran sitzen konnte. Ein Pony schob zwei tiefe Bänke mit breiten binsengeflochtenen Sitzflächen und kurzen, dicken Füßen für Gandalf und Thorin heran und dann ans gegenüberliegende Tischende Beorns mächtigen schwarzen Stuhl, der von gleicher Art war (Beorn saß sehr bequem darin und streckte seine großen Beine weit unter den Tisch). Das waren alle Stühle, die er in seiner Halle hatte. Worauf aber sollten die anderen sitzen? Sie wurden nicht vergessen. Die Ponys rollten runde, trommelförmige Baumklötze herein, die fein und sauber geglättet und selbst für Bilbo niedrig genug waren. So saßen sie bald alle wohl versorgt an Beorns Tafel, und die Halle hatte seit vielen Jahren nicht mehr eine solche Versammlung gesehen.

Da stand nun eine Mahlzeit vor ihnen, wie sie sie seit ihrem Besuch im Haus an der Einödgrenze und ihrem Abschied von Elrond nicht mehr erlebt hatten. Das Licht der Fackeln und des Feuers flackerte rund um sie her, und auf der Tafel standen zwei hohe rote Bienenwachskerzen. Während der ganzen Mahlzeit erzählte Beorn in seiner tiefen, rollenden Stimme Geschichten über die wilden Gegenden auf dieser Seite des Gebirges und besonders über den dunklen und gefährlichen Wald, der einen Tagesritt weit sich vor ihnen von Nord nach Süd erstreckte und den Weg nach Osten versperrte: der schreckliche Nachtwald.

Die Zwerge lauschten und schüttelten ihre Bärte, denn sie wußten, daß sie sich bald in diesen Wald hineinwagen mußten und daß nach der überquerung des Gebirges dies die schlimmste aller Gefahren war, die sie zu bestehen hatten, ehe sie in den Herrschaftsbereich des Drachen gelangten. Als das Essen vorüber war, fingen sie an, ihre eigenen Geschichten zu erzählen, aber Beorn schien schläfrig zu werden und ihnen wenig Aufmerksamkeit zu schenken. Sie sprachen meist von Gold und Silber und Juwelen, von Gegenständen des Schmiedehandwerks, doch Beorn nahm daran keinen Anteiclass="underline" In seiner Halle gab es nichts aus Gold und Silber, und außer den Messern war kaum etwas aus Metall gefertigt.

Vor ihren hölzernen Methumpen saßen sie lang noch am Tisch. Von draußen kam die Nacht.

Die Feuer in der Mitte der Halle wurden mit frischen Holzklötzen neu aufgebaut, die Fackeln wurden gelöscht, und noch immer saßen sie im Licht der tanzenden Flammen. Die Säulen der Halle standen hochaufgerichtet hinter ihnen, ihr oberer Teil in Dunkelheit gehüllt wie die Bäume des Waldes. Ob es nun Zauberei war oder nicht – Bilbo schien es, als ob er ein Geräusch hörte wie Wind in den Zweigen, der am Gebälk rüttelte, und wie das Schreien der Eulen. Bald sank ihm der Kopf vor Schläfrigkeit vornüber, und die Stimmen versanken in weiter Ferne – da wachte er mit einem Ruck auf.

Die große Tür krachte und wurde ins Schloß geworfen. Beorn war gegangen. Die Zwerge saßen mit gekreuzten Beinen um das Feuer, und gerade jetzt fingen sie an zu singen. Die Verse erzählten vom Wind, der über die dürre Heide hinwegbrauste, Rauchfetzen über dem Drachenlager im Einsamen Berg zerfetzte, dann unter dem Mond, der sein altes, vergilbtes Segel setzte, die Welt verließ und in der sterntiefen Nacht die riesigen Seen der Finsternis aufwühlte.

Bilbo fing wieder an einzunicken. Plötzlich stand Gandalf auf »Es ist Zeit für uns, schlafen zu gehen«, sagte er. »Für uns, aber nicht für Beorn, nehme ich an. In seiner Halle sind wir heil und sicher aufgehoben. Aber ich warne euch alle, vergeßt nicht, was Beorn uns sagte, ehe er ging: ›Ihr dürft nicht hinausgehen, ehe die Sonne kommt, bei Leib und Leben nicht!«