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Auch ein Zettel war dabei. Darauf stand: „Lieber Jakob, herzlichen Dank für Deine Hilfe. Deine neuen Freunde Mäx-chen und Jokus.“ Die Zahl bestand aus fünf Ziffern. Und wenn es sich auch nur um die kleinste fünfstellige Zahl handelte, die es gibt, so war es ja doch eine Menge Geld für einen Jungen, dessen Vater Bezirksvertreter für Anbaumöbel ist.

(Nur so ganz nebenbei: Wie heißt die kleinste fünfstellige Zahl, die es gibt?)

Als der Jokus mit Mäxchen ins Hotelzimmer kam, lag die alte, gute Streichholzschachtel mitten auf dem Nachttisch. Und unter der Schachtel lag ein Zettel. Darauf stand: ,Lieber Kleiner Mann, anbei und wunschgemäß Dein Himmelbett aus der Kickelhahnstraße. Müller II, Kriminalinspektor.‘

Mäxchen rieb sich die Hände und sagte: „Nun fehlt mir gar nichts mehr.“

DAS ZWEIUNDZWANZIGSTE KAPITEL

Warum die Galavorstellung siebenundzwanzig Minuten länger dauerte / Direktor Brausewetter verliest drei Depeschen / Jakob ärgert sich kurz / Die Polizei verbeugt sich lange /Auftritt der Hauptpersonen / Jubel ohne Ende / ENDE.

Am Freitag war Direktor Brausewetter so richtig in seinem Element. Das war wieder einmal ein Abend nach seinem Herzen! Am liebsten hätte er drei Paar schneeweiße Handschuhe übereinandergezogen und zwei Zylinder aufgesetzt! Es wurde allerdings auch eine Galavorstellung, die sich sehen lassen konnte. Auf so etwas verstand er sich, der Herr Brausewetter, Donnerbrausewetter noch einmal! (Oder gefällt euch ,Brause-donnerwetter noch einmal besser?)

Das Programm dauerte siebenundzwanzig Minuten länger als üblich, und daran waren weder die Löwen noch die Elefanten schuld, und auch nicht die Artisten. Sie alle arbeiteten so präzis wie immer. Es lag an zweierlei.

Erstens verlas Herr Brausewetter einige der wichtigsten Glückwunschdepeschen, die Mäxchen erhalten hatte. An drei davon erinnere ich mich noch sehr gut. Der Turnverein Pichelstein hatte telegrafiert:

Aus dem Königreich Breganzona stammte die zweite Depesche. Sie imponierte dem Publikum ganz besonders. Denn sehr viele Könige gibt es ja nicht mehr. Da muß man sich ranhalten und für jedes Lebenszeichen dankbar sein. Das Telegramm lautete:

Die dritte Depesche, an die ich mich erinnern kann, kam aus Hollywood. Die Filmgesellschaft, die sich schon einmal gemeldet hatte, kabelte:

Zweitens stellte Direktor Brausewetter, bevor der Jokus und Mäxchen auftraten, die Ehrengäste des Abends vor, die in drei Logen saßen und von den Scheinwerfern angestrahlt wurden.

Zunächst einmal den Schüler Jakob Hurtig, der beim Applaus die Arme hochhob, die Hände verschränkte und sich nach allen Seiten, aus den Hüften heraus, verbeugte. Wie ein Ringkämpfer, der soeben den gefürchteten Baumfäller aus Minnesota auf die Schultern gelegt hat.

Dann setzte sich Jakob wieder hübsch brav zwischen seine lieben Eltern. „Sitz nicht so krumm!“ zischte die Mutter und knuffte ihn zwischen die Schulterblätter. (Na, das kennt man ja!)

Jakobs Gesicht umwölkte sich. Er rückte von ihr ab und flüsterte dem Vater zu: „Deine Gattin vergiftet leider den Ruhmestag eures seit kurzem wohlhabenden Sohns. Findest du dies gehörig oder ungehörig?“

Hurtig der Ältere biß sich auf die Lippen. Er hatte viel Sinn für Jakobs blumigen Stil. Zum Antworten kam er freilich nicht. Denn es gab schon wieder Beifall, weil Direktor Brausewetter die Mannschaften der drei Polizeiwagen vorstellte, dann den Inspektor Müller Zwo und schließlich den Kriminalkommissar Steinbeiß persönlich.

Kaum ließ der Applaus nach, gab es das nächste Tremolo. Eine Gruppe junger Leute brüllte aus Leibeskräften: „Nun woll’n wir noch den kahlen Otto sehn! Und den Puddingbernhard, die Kanaille!“ Und weil alle Zuschauer Zeitung gelesen und Rundfunk gehört hatten, wackelte das Riesenzelt vor Gelächter. Es war ein Heidenspaß. Denn es wußte ja jeder, daß Otto und Bernhard, weil sie hinter Schloß und Riegel saßen, im Zirkus nicht herumgezeigt werden konnten.

Plötzlich machte Direktor Brausewetter eine beschwörende Geste. Und es wurde so still wie in der mittelsten Mitte eines Taifuns. Alle wußten, was jetzt käme und wer jetzt käme. Man hätte eine Fliege stolpern gehört, wenn eine gestolpert wäre. Aber es stolperte keine.

„Jetzt, meine Damen und Herren“, rief Direktor Brausewetter, „jetzt endlich werden Sie ihn selber wiedersehen, begrüßen und bewundern können, Ihren und unseren und aller Liebling, ihn, den kleinsten großen Helden der Kriminalgeschichte, ihn, den größten kleinen Artisten der Zirkuswelt, ihn und seinen väterlichen Mentor Jokus von Pokus, den Professor und Geheimrat für angewandte Magie! Der Beifall, das weiß ich im voraus, wird ohne Beispiel sein. Haben Sie keine Sorge! Wer sich dabei die Hände bricht, erhält nach Schluß der Vorstellung an der Hauptkasse ein Paar neue!“

Brausewetter stieß den rechten Arm senkrecht in die Luft. Wie ein Reitergeneral, der das Signal zum Kavallerieangriff gibt. Dann galoppierte er, wenn auch völlig ohne Pferd, aus der Manege.

Das Orchester spielte mit Donner und Blech einen unüberhörbaren Tusch.

Und in der Zeltgasse erschien, elastisch und elegant wie immer, Professor Jokus von Pokus. Auf der ausgestreckten Hand stand Mäxchen und grüßte lächelnd nach allen Seiten. Aber was soll ich noch lange erzählen? Der Jubel nahm jedenfalls, im Gegensatz zu diesem Buch, kein

ENDE