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»Jetzt können sie zu ihren Frauen und ihren hungrigen Kindern zurückkehren und sagen: ›Wir werden diese unverschämten Kerle bekämpfen! Wenn wir gewinnen, werden unsere Bäuche wieder voll sein.‹ Und das wird ihnen eine Zeitlang helfen, ihren Hunger zu vergessen.«

Kharas’ Gesicht verzerrte sich. »Aber deshalb so weit gehen! Sicher, wir haben wenig zu teilen...«

»Mein Freund«, sagte Dunkan sanft, »beim Hammer von Reorx, ich schwöre dir – erklärten wir uns mit ihren Bedingungen einverstanden, würden wir alle umkommen. Unsere Rasse würde ausgelöscht werden.«

Kharas starrte ihn an. »Ist es so schlimm?« fragte er.

Dunkan nickte. »Ja, es ist so schlimm. Es wissen das nur wenige – die Anführer der Sippen und jetzt du. Und ich bitte dich um Geheimhaltung. Die Ernte war katastrophal. Unsere Schatztruhen sind fast leer, und jetzt müssen wir so viel wie möglich horten, um diesen Krieg zu finanzieren. Selbst für unser eigenes Volk werden wir die Lebensmittel in diesem Winter rationieren müssen. Wir rechnen, daß wir es vielleicht gerade schaffen werden.«

Kharas stand grübelnd da, dann hob er seinen Kopf; seine dunklen Augen funkelten. »Wenn das stimmt, dann soll es so sein!« sagte er ernst. »Besser, wir verhungern gemeinsam, als daß wir einander bekämpfen!«

»Ehrenhafte Worte, mein Freund«, antwortete Dunkan. Das Schlagen der Trommeln dröhnte durch den Raum, und tiefe Stimmen erhoben sich zu Kriegsliedern, die älter waren als die Steine von Pax Tarkas. »Du kannst jedoch keine ehrenhaften Worte essen, Kharas. Du kannst sie auch nicht trinken oder um deine Füße wickeln oder sie in deinem Kamin verbrennen oder sie den vor Hunger weinenden Kindern geben.«

»Was ist mit den Kindern, die weinen werden, wenn ihre Väter aufbrechen und niemals zurückkehren?« fragte Kharas ernst.

Dunkan hob eine Augenbraue an. »Sie werden einen Monat weinen«, sagte er, »dann werden sie seinen Lebensmittelanteil essen. Und würde er das nicht so wollen?« Damit drehte er sich um, verließ die Halle der Lehnsmänner und steuerte wieder auf die Zinnen zu.

Während Dunkan Kharas in der Halle der Lehnsmänner die Situation erklärte, führten Regar Feuerschmied und seine Männer ihre kurzbeinigen, zottigen Hügelponies aus der Festung Pax Tarkas hinaus. Das Johlen und Gelächter ihrer Verwandten tönte in ihren Ohren.

Regar sprach lange Stunden kein Wort. Als sie eine Weggabelung erreichten, hielt er sein Pferd an. Er wandte sich zu dem jüngsten Mitglied seiner Gruppe und sagte bitter: »Du reitest weiter in den Norden, Darren Eisenfaust.« Er holte einen Lederbeutel hervor, griff hinein und zog sein letztes Goldstück hervor. Lange Zeit starrte er es an, dann drückte er es dem anderen in die Hände. »Hier. Damit kannst du die Überfahrt über das Neumeer bezahlen. Suche diesen Fistandantilus auf und sage ihm... sage ihm...«

Er verstummte, erkannte die Ungeheuerlichkeit seines Handelns. Aber ihm blieb keine Wahl. Die Entscheidung war gefallen. Mit finsterem Blick knurrte er: »Sag ihm, daß er bei seiner Ankunft hier eine Armee vorfindet, die für ihn kämpfen wird.«

12

Die Nacht hing kalt und düster über Solamnia. Die Sterne am Himmel strahlten in einem funkelnden, kalten Licht. Die Sternbilder des Platindrachen und der Königin der Finsternis kreisten um Gileans Waage. Es würde noch ungefähr zweihundert Jahre dauern, bis diese Sternbilder vom Himmel verschwanden, wenn die Götter und die Menschen auf Krynn Krieg führten. Aber vorläufig waren sie damit zufrieden, einander zu beobachten.

Wenn ein Gott oder eine Göttin zufällig nach unten geblickt hätte, wären sie vielleicht amüsiert gewesen, die scheinbar jämmerlichen Versuche der Menschen zu sehen, ihre himmlische Herrlichkeit nachzuahmen. Auf den Ebenen von Solamnia, vor der im Gebirge gelegenen Festungsstadt Garnet, übersäten Lagerfeuer das flache Grasland, beleuchteten die Nacht unten, so wie die Sterne die Nacht oben beleuchteten.

Die Armee des Fistandantilus.

Die Flammen der Lagerfeuer spiegelten sich in Schilden und Brustpanzern, tanzten in Schwertklingen und funkelten auf Speerspitzen. Die Feuer strahlten auf Gesichter, die vor Hoffnung und neugefundenem Stolz glänzten, und beleuchteten das fröhliche Spiel der Kinder.

Um die Lagerfeuer standen oder saßen Gruppen von Männern, unterhielten sich und lachten, aßen und tranken oder arbeiteten an ihrer Ausrüstung. Die Nachtluft war von Scherzen, Flüchen und unglaublichen Geschichten erfüllt. Hier und dort ertönte Stöhnen, wenn Männer sich die Schultern und Arme rieben, die von ungewohnten Übungsmanövern schmerzten.

Aber dies wurde mit gutmütigem Achselzucken hingenommen. Sie konnten ihre Kinder beim Spielen am Lagerfeuer beobachten und wußten, daß sie am Abend ausreichend gegessen hatten. Sie konnten ihren Frauen mit Stolz gegenübertreten. Zum ersten Mal seit Jahren sahen diese Männer ein Ziel, einen Sinn in ihrem Leben.

Einige wußten, daß dieses Ziel den Tod bedeuten konnte, aber jene, die es wußten, erkannten es an; sie hatten sich entschieden, auf alle Fälle zu bleiben.

»Trotz allem«, sagte sich Garik, als seine Wachablösung kam, »sucht der Tod alle heim. Es ist besser, wenn ein Mann ihn in strahlendem Sonnenschein trifft, mit seinem aufblitzenden Schwert in der Hand, als daß er sich nachts im Schlaf zu ihm schleicht oder mit abscheulichen, kranken Händen nach ihm greift.«

Der junge Mann kehrte zu seinem Lagerfeuer zurück, da er dienstfrei hatte, und zog einen dicken Umhang aus seiner Bettrolle hervor. Eilig aß er eine Schüssel mit Eintopf, dann spazierte er zwischen den Lagerfeuern dahin.

Er ging zum Rand des Lagers und lehnte viele Einladungen ab, sich zu Freunden zu gesellen. Nur wenige dachten sich etwas dabei. Viele flohen in der Nacht vor den Feuern.

Garik hatte eine Verabredung, aber nicht mit einer Geliebten, obwohl viele junge Frauen im Lager glücklich gewesen wären, die Nacht mit dem gutaussehenden jungen Edelmann zu verbringen. Garik begab sich zu einem großen Findling außerhalb des Lagers, hüllte sich enger in seinen Umhang, setzte sich und wartete. Er brauchte nicht lange zu warten.

»Garik?« fragte eine Stimme.

»Michael!« rief Garik und erhob sich.

Die zwei Männer drückten sich die Hand und umarmten einander herzlich.

»Ich habe meinen Augen nicht getraut, als ich dich heute ins Lager reiten sah, Vetter!« fuhr Garik fort und drückte die Hände des anderen jungen Mannes, als hätte er Angst, jener könnte in der Dunkelheit verschwinden.

»Ich auch nicht«, erwiderte Michael. »Wir hatten gehört, daß du tot bist...« Seine Stimme erstarb, und er hustete. »Verdammtes feuchtes Wetter«, murmelte er.

»Ich bin entkommen«, sagte Garik ruhig. »Aber mein Vater, meine Mutter und meine Schwester hatten nicht das Glück.«

»Anne?« murmelte Michael mit Schmerz in der Stimme.

»Sie ist schnell gestorben«, sagte Garik ruhig, »wie auch meine Mutter. Mein Vater hat sie verteidigt, bevor der Mob ihn abschlachtete. Sie haben seinen Körper fürchterlich verstümmelt...«

Michael ergriff mitfühlend Gariks Arm. »Ein Edelmann, dein Vater. Er ist als wahrer Ritter gestorben. Ein schönerer Tod, als einige andere ihn erleben«, fügte er bitter hinzu, so daß Garik ihn mit einem durchdringenden Blick musterte. »Aber wie ist es dir ergangen? Wie bist du dem Mob entkommen? Wo bist du im vergangenen Jahr gewesen?«

»Ich bin ihm nicht entkommen«, erzählte Garik bitter. »Ich kam an, als alles vorüber war. Wo ich gewesen bin, spielt keine Rolle« – der junge Mann errötete – »aber ich hätte bei ihnen sein sollen, um mit ihnen zu sterben!«

»Nein, das wäre nicht der Wunsch deines Vaters gewesen.« Michael schüttelte den Kopf. »Du lebst. Du trägst seinen Namen weiter.«