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»Denken die anderen genauso?« fragte Bariose nachdenklich. Als Binat und Comir eifrig nickten, fuhr er fort: »Also gut. Als Gegenleistung für meinen Schutz habt ihr mir aber in allen Dingen unbedingt zu gehorchen. Ihr habt in meiner Gegenwart zu knien, und auch in der Gegenwart eurer Meisterin Karil. Ihre Anordnungen dulden keinen Widerspruch. Geht nun zu ihr, und bittet sie darum, euch zur Arbeit einzuteilen.« Bereitwillig liefen die drei zu Karil und knieten vor ihr nieder. Sie würden tun, was man ihnen befahl, egal, wie entwürdigend es auch sein würde. Ich hatte ihnen erklärt, daß Bariose, stolz auf seinen Triumph über sie, sie bestimmt zur Bedienung der Männer auf dem offenen Platz einteilen würde, wenn nicht sofort, dann bestimmt am nächsten oder übernächsten Tag. Sollte es nach drei Tagen noch nicht der Fall sein, dann wären sie frei in ihren Entscheidungen.

Bariose sah mich zufrieden an, in dem Glauben, mich von meinen Kriegerinnen getrennt zu haben. Ich ließ ihn in diesem Glauben. Als er sich abwandte, sah ich Fayan an, die treuherzig neben mir stand, aber meinem Blick auswich. »Gilt der Befehl deiner Anführerin nicht länger für dich?« fragte ich. »Was tust du hier, anstatt an der Seite deiner Schwestern zu sein?«

»Jalav muß vergessen haben, was wir besprachen«, entgegnete sie mit betonter Harmlosigkeit. »Ich sollte bei dir bleiben, damit die Sache echter aussah und die Chance für die anderen größer wurde, so war es doch verabredet. Niemals würde ich einen Befehl meiner Anführerin nicht befolgen.« Ich lächelte und schaute wieder zu den anderen Kriegerinnen hinüber, deren Hände gerade vor dem Körper gefesselt wurden, um sie in die Lage zu versetzen, ihre Aufgaben zu erfüllen. Selbst ein so kleiner Erfolg bedeutete einen Sieg für uns, und vermutlich hatte Fayan recht.

»Nein«, entgegnete ich deshalb, »niemals würde die mutige und stolze Kriegerin Fayan einen Befehl ihrer Anführerin mißachten. Ich bin glücklich darüber, daß ich dich zur Seite habe, Schwester.«»Dort ist mein Platz«, antwortete sie schlicht. Wir setzten uns wieder nieder, und schon bald kam die Gelegenheit, daß sie ihre Wahl, vielleicht, bereute. Vier Männer kamen, um uns erneut zu füttern, und sie taten es nicht sanft. Ich konnte in Fayans Miene ihren Ekel über die widerliche Brühe lesen. Wenn mir nicht selbst übel davon gewesen wäre, hätte ich lachen müssen.

Larid, als wahre Schauspielerin, kam, um uns wegen unseres Ungemachs auszulachen. Ein Teil ihres Lachens war echt, denn in der ganzen Aufregung waren sie und ihre Mitschwestern um das Essen herumgekommen. Plötzlich tauchte aber einer der Bewaffneten hinter ihr auf und versetzte ihr einen harten Schlag, um sie an ihre Pflichten zu erinnern. Sie wollte schon herumfahren und ihm an die Kehle springen, als sie sich auf ihre Rolle besann und ihm demütig folgte. Nun war die Reihe an uns, zu lachen.

Bald kam die Zeit, daß man uns wieder zur Schaustellung hinausführte. Ich wehrte mich, wie am Tag zuvor, als man mich wieder in den kleinen Käfig sperren wollte, und war in Wirklichkeit doch begierig, zu sehen, ob unser Plan funktioniert hatte. Er hatte. Meine Kriegerinnen knieten draußen, in demütiger Haltung, aber nicht eingesperrt. Mida hatte unsere Gebete erhört.

Auch an diesem Tag kamen viele, um uns anzuglotzen und das für uns zu bieten, was sie einen »Preis« nannten, aber keiner konnte den Handel abschließen. Meine Kriegerinnen draußen eilten eilfertig hin und her, um Männer von Rang zu bedienen, und alle schienen zufrieden mit ihnen zu sein. Der Augenblick kam, als das Licht der Mida am höchsten stand. Der letzte Mann hatte gerade den Platz verlassen, und meine Kriegerinnen knieten in der Nähe der Wand, nur zwei bewaffnete Männer in ihrer Reichweite. Sie blickten zu mir hinüber, ich nickte in stummem Einverständnis und bat um Midas Segen. Nun standen Larid und Binat auf und näherten sich den beiden Bewaffneten, die ihnen ungeduldig bedeuteten, sich wieder auf ihre Plätze zu begeben. Ehe sie sich jedoch versahen, hatten meine Kriegerinnen sich ihrer Schwerter bemächtigt, und die Männer lagen in ihrem Blut. Aufgeregt lief alles auf dem Platz durcheinander, unfähig, meine Kriegerinnen gefangenzunehmen. Diese rissen die Arme mit den blutigen Schwertern hoch, riefen »Jalav!« und waren einen Augenblick später durch ein Tor in der Mauer verschwunden.

Ich warf meinen Kopf in den Nacken und lachte laut und herzlich. Von nun an würden meine Kriegerinnen durch die Stadt schleichen, wie sich der Zaran durch den Wald schleicht, vorsichtig, unsichtbar und – tödlich. Sie würden einen Platz finden, an dem sie sich bis zur Dunkelheit verbergen konnten, und dann würden sie über die Mauer in die endgültige Freiheit entweichen.

Bariose kam herausgestürzt, brüllte entsetzlich und befahl, sofort die Verfolgung aufzunehmen und alle Tore zu verriegeln. Die Gefangenen wurden allesamt in die großen Käfige zurückgeführt. Niemand blieb außerhalb. Dort saßen wir und warteten. Sollte es meinen Kriegerinnen gelingen, bis zum Einbruch der Dunkelheit freizubleiben, würde niemand sie je wiedersehen.

Die bewaffneten Männer kamen erst spät zurück, müde und alleine. Also hatten meine Kriegerinnen ihre Freiheit wiedergewonnen. Die Suche nach dem Kristall konnte weitergehen. Larid würde Gimin meine letzten Befehle übermitteln, sofern die neue Anführerin noch nicht mit den Kriegerinnen weitergeritten war, und alles würde in Ordnung kommen. Die Männer waren verärgert und mit ihrem Essen beschäftigt, so daß sich niemand um den großen Topf kümmern konnte und wir nicht gezwungen wurden, wieder den ekligen Brei zu schlucken. Die Sklavinnen aus den anderen Käfigen weinten und baten darum, Essen zu bekommen, aber Bariose und Karil befahlen ihnen schroff, zu schweigen. Aufgebracht verschwanden sie danach wieder mit den Männern. Fayan und ich legten uns beruhigt zum Schlafen nieder, überzeugt davon, daß unsere Qual bald ein Ende haben würde. Der Tod zweier ihrer Kameraden würde den Männern bestimmt gegenwärtig sein, wenn Fayan und ich sie angriffen. Bestimmt würden sie nicht zögern, von ihren Schwertern sofort Gebrauch zu machen. In dieser Nacht träumte ich von Midas Königreich und war sehr glücklich.

Am Morgen war alles wie zuvor. Die Sklavinnen wurden aus ihren Käfigen entlassen und beeilten sich, ihren Pflichten nachzukommen, um bald ihren Hunger stillen zu können. Bariose kam zu unserem Käfig, lächelte kalt und sagte: »Ich bedauere, euch mitteilen zu müssen, daß eure verräterischen Freundinnen das Pech hatten, entdeckt zu werden. Es geschah mit ihnen, was mit allen entflohenen Sklaven geschieht. Sie liegen nun jenseits der Stadtmauer und dienen den wilden Tieren zum Fraß. Ihr Blut kommt auf dich«, wandte er sich an mich, »denn du hast sie veranlaßt, zu fliehen. Ohne dich würden sie jetzt noch leben.«

»Ich danke dir für deine Worte«, entgegnete ich, erstaunt darüber, daß er mir die Flucht der Kriegerinnen zuschrieb. »Vielleicht habe ich mich in der Vergangenheit in dir getäuscht. Ich freue mich, daß du mir über meine Kriegerinnen berichtest, und möchte mich dafür erkenntlich zeigen, sobald sich die Gelegenheit dazu ergibt.«

»Was redest du für einen Unsinn?« sagte er verwirrt. »Verstehst du nicht, was ich sage ? Die anderen wurden entdeckt und getötet!«

»Ich habe dich sehr wohl verstanden«, sagte ich. »Meine Kriegerinnen befinden sich nun an der Seite Midas. Mögen sie dort in aller Ewigkeit leuchten.«

»Du bist tatsächlich eine Wilde«, brummte er ungläubig. »Du gibst noch nicht einmal etwas um die eigenen Leute.« Abrupt drehte er sich um und verschwand.

Fayan und ich sahen uns an, dann beugten wir unser Haupt zum Gedenken an drei tapfere Kriegerinnen, die dem Feind entronnen waren. Doch wir konnten uns nicht lange dem Gedenken widmen, denn die Wächter kamen, um uns erneut zu füttern. Sie gingen merklich brutaler mit uns um, was wir nicht verstehen konnten. War nicht das vergossene Blut ihrer Brüder bereits gerächt?