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Galiose murmelte nachdenklich: »Ich möchte wissen, warum Vistren so auf ihr Leben aus ist.«

»Wahrscheinlich soll niemand wissen, über was er nun verfügt«, meinte Telion. »Unter solchen Umständen zu schweigen, hilft nur dem Feind.«

»Es mag aber auch sein«, warf ich ein, »daß er weiß, was ihm blüht. Er sollte sich wohl vor den Hosta hüten.« Galiose schnaubte verärgert. »Ihr seid äußerst halsstarrig«, sagte er. »Hätte Telion Euch nicht sein Wort gegeben, dann...« Er vollendete seine Worte nicht, sondern sagte nach einiger Zeit: »Da Ihr mein Gast seid, gibt es vielleicht andere Methoden, Euch zum Reden zu bringen. Viel angenehmere...« Er beugte sich wieder zu mir herüber. Abrupt stand Ceralt auf und sagte wütend: »Ich verlange zu erfahren, was mit meinen Jägern geschieht! Ich muß dieses Weib gegen sie austauschen.«

Galiose sah Ceralt ärgerlich an. »Ihr wißt nicht einmal, wo sich die Kriegerinnen befinden«, sagte er. »Wie kann man mit jemandem einen Handel machen, der nicht gegenwärtig ist?« »Und«, fügte Telion hinzu, »wie willst du wissen, ob sie überhaupt auf diesen Handel eingehen? Vielleicht ist er gar nicht üblich bei den Hosta.«

Ich lachte. Sicher wußte Ceralt, wie recht Telion hatte. Als er mich ansah, lachte ich noch heftiger.

»Dieses Weib gehört mir!« schrie Ceralt erregt. »Ich habe sie als Sklavin gekauft und habe sie nie freigelassen. Ich verlange, daß mir mein Eigentum zurückgegeben wird!« Galiose dachte über diese Worte nach, dann wandte er sich an mich. »Was denkt Ihr darüber, Jalav?« fragte er. »Seid Ihr eine Sklavin dieses Mannes?«

»Jalav gehört keinem lebenden Wesen als Sklavin«, entgegnete ich. »Wäre ich nicht Gast hier, hätte ich diese Behauptung mit dem Schwert gesühnt. Als Gefangene hätte ich solche Worte ertragen müssen, aber ich bin keine Gefangene mehr.« »Ihr habt es gehört«, sagte Galiose zu Ceralt. »Jemand, der für seine Freiheit kämpft, kann kein Sklave sein.«»Sie gehört mir«, antwortete Ceralt. »Ich war ein Narr, zu gestatten, daß sie wieder ein Schwert in die Hand bekam. Das nächste Mal, wenn sie in meinen Besitz gelangt, wird sie mir nicht mehr entkommen.« Er sah mich kalt an und verließ den Raum, gefolgt von Nidisar, der die ganze Zeit kein Wort gesprochen hatte.

»Ceralt scheint seinen Standpunkt sehr unnachgiebig zu verteidigen«, bemerkte Telion. »Ceralt ist ein Narr«, sagte ich.

»Viele Männer sind Narren«, sagte Galiose, sich erhebend. »Nur die wenigsten besitzen jedoch die Einsicht, dies zu erkennen. Kommt, schöne Jalav. Ich möchte die Unterhaltung mit Euch in einer komfortableren Umgebung fortsetzen.« Damit führte er mich aus dem Raum. Mich kümmerte wenig, was er vorhatte, denn ich verspürte einen großen Drang in mir. Wir schritten durch einen langen Gang, gefolgt von einigen Bewaffneten, bis wir eine hohe Tür erreichten, vor der weitere Bewaffnete standen. Alle traten ehrerbietig beiseite, als Galiose mit mir die Tür durchschritt.

Drinnen knieten zwei Weiber mit Halsbändern, die bei unserem Eintritt aufsprangen und Galiose aus seinem Gewand halfen. An einer Feuerstätte an der Wand brannte ein großes Feuer. Ich war froh, daß nicht auch noch Kerzen den Raum erhellten, denn mir war schon mächtig warm. Was für ein Dummkopf war ich doch gewesen, wieder so viel von dem Renth zu trinken!

»Sicher möchtest du jetzt dein Schwert ablegen«, sagte Galiose hinter mir. Wir waren allein in dem Raum. Ich zögerte einen Moment, dann warf ich es von mir. Galioses Arme umfingen mich, heiß brannten seine Lippen auf meinem Körper. Groß war das Bedürfnis in mir, groß war auch mein Verlangen, doch hätte ich mich gegen ihn gewehrt, wenn ich dazu in der Lage gewesen wäre. Er warf mich auf den Teppich vor dem Feuer und nahm mich. Vergeblich versuchte ich, meinen Dolch zu erreichen, aber seine starken Arme hielten mich fest. Viel Spaß muß er mit mir gehabt haben. Mehr als ich jedenfalls, denn es gefiel mir nicht, von einem Mann benutzt zu werden. Vielleicht lag darin, daß die Männer die Frauen zu ihrem Spaß benutzen, das Übel, wovon gesagt wurde, daß es am Anfang der Welt geschah.

Galiose kam immer wieder, bevor er endlich erschöpft von mir abließ und vor dem Feuer einschlief. Ich stand auf, nahm mein Schwert und ging hinaus. Niemand wagte es, mich anzuhalten, als ich zu meinen Kriegerinnen ging.

Fayan saß noch vor dem Feuer. Sie sprang sofort auf und ging mit hinüber zu Larid. Auch diese saß vor dem Feuer. Wir setzten uns zu ihr.

»Telion war nicht sehr erfreut«, sagte Larid, »als ich mir einen anderen Mann für die Nacht aussuchte. Der neue war nicht schlecht, aber lange nicht so gut wie Telion. Deswegen fordere ich ihn für mich, solange wir hier sind.« »Wir sind nicht mehr lange hier«, entgegnete ich. »Wir wissen, wo sich die Kristalle befinden, und wir werden sie uns holen.« Ich ging zum Fenster und zeigte auf das gegenüberliegende Gebäude. »Dort muß der wohnen, den sie Vistren nennen. Ich habe beobachtet, wie sie hinüberblickten, als sie von ihrem Feind sprachen. Ihr beide müßt die Kriegerinnen suchen, die Gimin in die Stadt geschickt hat, und dann müßt ihr zusammen die Tore der Stadt für unser Heer öffnen. Ich habe keinen Zweifel, daß Gimin unsere Ankunft beobachtet hat und auf das Öffnen der Tore wartet.«

»Larid kann dies gut alleine tun, Jalav«, sagte Fayan. »Mein Platz ist an der Seite meiner Anführerin.« »Nein, Fayan«, sagte ich freundlich, aber bestimmt. »Ich werde mir alleine das Gebäude dort drüben ansehen. Wenn Larid die anderen nicht finden sollte, würde deine Klinge an den Toren dringend benötigt werden. Das wichtigste sind die Kristalle, denk daran.«

Mein Befehl schien ihr nicht zu gefallen, doch sie wußte, daß sie ihn befolgen mußte. Deshalb nickte sie gehorsam. Das Tuch unter unseren Füßen verschlang das Geräusch unserer Schritte, als wir uns leise und gewandt, wie der Zaran, nach draußen schlichen. Vor dem Eingang standen viele Bewaffnete, aber wir fanden irgendwo ein Fenster, das offenstand. Durch dieses verschwanden wir in die Dunkelheit.

Draußen trennten wir uns, meine Kriegerinnen, um unseren Schwestern Einlaß in die Stadt zu verschaffen, und ich, um dem Mann zu begegnen, der der Grund für so viel Qual und Beschämung unter den Hosta war – und für den ehrenlosen Tod derjenigen, die mich geboren hatte.

14

Der Palast des Vistren – und eine dunkle Begegnung

Es war kühl in der Dunkelheit, und feucht war das Gras, auf dem ich lag. Der Eingang zu Midas Königreich war noch nicht am Himmel erschienen, so daß mich die Wachen am Eingang der Behausung des Vistren nicht entdecken konnten. Langsam und ohne ein Geräusch bewegte ich mich auf sie zu. Da die Städter weder über ein feines Gehör, noch über gute Augen verfügen, gelang es mir ohne Schwierigkeit, bis zu einer dunklen Ecke links vom wohlbeleuchteten und wohlbewachten Eingang des Gebäudes zu kommen. Als ich sie umrundete, sah ich vielleicht dreizehn Schritte dahinter einen weiteren kleinen Eingang, der nur von einer Fackel beleuchtet und von einem Bewaffneten bewacht wurde. Unbemerkt schlich ich mich an diesen heran und stieß ihm meinen Dolch in die Kehle. Die Tür war nicht verriegelt, und rasch war ich im Gebäude verschwunden. Aber es dauerte eine Weile, bis sich meine Augen an die Dunkelheit im Innern gewöhnt hatten, dann schlich ich vorwärts, bis ich aus einem Raum zu meiner Linken ein Stimmengemurmel hörte.

Ich öffnete vorsichtig die Tür einen Spalt und blickte in einen Raum, in dem sich eine Handvoll Männer befand. Vor einer Wand, die mit blauen Seidentüchern verhangen war, stand ein hoher Sitz, in dem ein hagerer, langbeiniger Mann mit scharfen Gesichtszügen und eng zusammenstehenden Augen saß. Sein dunkles Haar war grau meliert. Er trug Schwert und Dolch umgegürtet, und auf seiner Brust baumelte eine silberne Kette, an der eine silberne Scheibe hing, in die ein geöffnetes Auge eingeritzt war.

Rechts von diesem Mann stand einer, den ich kannte: Der, der die Karawane geführt hatte und beim Überfall des Horts dabei war; Arrelin, wie Telion ihn genannt hatte, der bei dem Überfall sein Schwert nicht gezogen hatte.