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»Vorlaute Hure«, knurrte Arrelin. Sein Gesicht war wutverzerrt – aber es zeigte auch ein wenig Angst. Obwohl die Männer der Wache mich noch immer mit gezücktem Schwert umgaben, wagte er es nicht, sich mir zu nähern. Vielleicht erinnerte er sich daran, wie die Hosta kämpfen konnten. »Frech in der Tat«, nickte Vistren. »Aber selbst eine solche Frechheit kann durch die richtige Behandlung kuriert werden.« Dann wandte er sich an den jungen Mann neben Zolin und sagte: »Filinar, bring deinen Bruder her!« Filinar schien verwundert, aber entgegnete gehorsam: »Wie du wünschst, Vater«, dann verließ er den Raum. Zolin und ich betrachteten uns, wie sich die Silla und die Hosta seit jeher betrachten: feindselig. »Ich möchte gerne wissen, Zolin«, sagte ich, »wieso du noch immer dein Amulett trägst.« Die Männer um uns herum konnten die Bedeutung dieser Worte nicht verstehen, wohl aber Zolin. Sie erbleichte und griff nach ihrem Schwert. »Das ist nicht wahr«, zischte sie aufgebracht. »Filinar hat uns deutlich erklärt, daß Mida den Gebrauch ihrer Kristalle lediglich zum Nutzen der Midanna wünscht. Viele männliche Sklaven werden die Silla für ihren Kristall bekommen. Größer und stärker werden die Silla sein als die Hosta, größer und stärker als jeder andere Stamm der Midanna. Wir sind gesegnet von Mida!« Dabei suchten ihre Augen mein Einverständnis, aber ich schüttelte nur zögernd den Kopf. »Die Männer aus den Städten erzählen nur Lügen, welche die Silla zu glauben wünschen«, sagte ich ohne Mitgefühl. »Wenn Mida gewünscht hätte, daß die Kristalle den Städtern gehören, dann hätte sie nicht die Hosta geschickt, um sie zurückzuholen. Nimm dein Amulett ab, Zolin, denn du gehörst nicht mehr zu den Midanna. Niemals wirst du Eingang finden im Königreich der Mida.« Die Männer lachten über meine Worte, wie sie immer über das lachen/was sie nicht verstehen, aber Zolin stand da, als habe sie der Blitz getroffen, denn sie fürchtete offensichtlich, daß ich die Wahrheit gesagt haben könnte. Langsam griff sie zu ihrem Amulett, dann wandte sie sich ab. Sie wußte, wenn ich die Wahrheit gesagt hätte, dann war ihre Seele verloren. Vistren setzte sich, ließ jedoch kein Auge von mir. Arrelin stand hinter ihm und beobachtete mich mit finsterer Miene. So verging eine Weile, bis sich die Tür öffnete und drei Männer eintraten. Der eine war Filinar, der zweite, der mit den Zügen eines Mädchens, der die Karawane begleitet hatte, aber der dritte war...

»Jalav!« schrie der dritte, dann kam er herbei und warf sich zu meinen Füßen nieder. Er weinte vor Freude und umschlang meine Beine. Es war der, den ich in den Zelten der Hosta Fideran zu nennen pflegte.

»Fideran, schäm dich!« brüllte Vistren und sprang auf. »Sie ist eine Wilde, eine Hure aus den Wäldern. Du kannst dich vor ihr nicht wie ein Sklave gebärden.«

»Ich werde ewig ihr Sklave sein«, weinte Fideran. »Ich liebe sie, und nichts kann das ändern.«

»Ich habe sie nur zu einem einzigen Zweck hierherbringen lassen«, schnaubte sein Vater, stürzte herbei und schob ihn beiseite. »Den wirst du gleich sehen.« Er fiel wild über mich her und schlug mich ins Gesicht, immer und immer wieder.

Bald floß Blut aus meinen Mundwinkeln. Er nahm mich und schleuderte mich gegen eine Wand, dann wandte er sich um und kreischte: »Da! Da kauert das Objekt deiner Liebe!« Fideran sah mich an, dann lachte er, fast wie irrsinnig, und zeigte auf mich, denn Jalav kauerte nicht, Jalav stand aufrecht und beugte nicht einmal ihr Haupt. Mida hatte sie gelehrt, daß es keine Schande bedeutete, von einem Mann lediglich durch seine Körperkraft überwunden zu werden. Ein Sieg wurde von ihren Kriegerinnen nur verlangt, wenn sie einem Mann mit dem Schwert in der Hand gegenübertreten konnte, und Jalav hatte kein Schwert. Noch nicht.

Vistren wandte sich ungläubig um, sah mich an, wie ich stolz dastand, dann sagte er bitter: »Mein eigenes Blut! Zwei Söhne habe ich ausgesandt, um die Wilden zu besiegen, aber nur einer erwies sich mir würdig! Der andere ließ sich von einem Weib zum Sklaven machen. Für nur einen freundlichen Blick von ihr war er bereit, das unbezahlbare Erbstück aus früheren Zeiten auf ihrem Altar verrotten zu lassen! Du bist nicht mehr mein Sohn, Fideran! Eine geile Hure anzubeten, die es wahllos mit jedem hergelaufenen Jäger und Krieger treibt, das nimmt dir jede Ehre!« Damit wandte er sich um.

»Das ist nicht wahr!« schrie Fideran hinter ihm her. »Sie hat niemand anderem gehört, Vater, nur mir!« Vistren wandte sich um und sah Fideran angeekelt an. »Du bist auch obendrein noch ein Dummkopf«, sagte er. »Sie ist mit dem Jäger und dem Krieger gekommen, Fideran, und sie haben die Nächte zusammen in einem einzigen Zelt verbracht. Was, glaubst du, haben sie dort wohl getrieben?« »Nein!« schrie Fideran, »das ist eine Lüge, eine gemeine Lüge. Sie ist mein, nur mein!«

»Arrelin«, sagte Vistren ungeduldig, »erzähl' diesem Feigling, wie du gesehen hast, daß der Jäger sie über die Schulter warf und sie in sein Zelt brachte, um ihr zu geben, wonach sie sich so dringend sehnte. Erzähl' ihm, was du mit eigenen Augen gesehen hast.« »Ich werde mir diese Lügen nicht anhören«, schrie Fideran. Er hatte die Fäuste geballt und die Augen geschlossen. Sein Benehmen kam selbst mir sehr merkwürdig vor, denn er mußte doch sicher wissen, daß er nicht der erste Mann war, den ich gehabt hatte, und daß er mit Sicherheit nicht der einzige bleiben würde. Sollte eine Anführerin der Midanna sich so weit erniedrigen, daß sie nur einem einzigen Mann gehörte? »Sie gehört mir allein«, wiederholte Fideran und sah mich mit seltsamen Augen an. »Und ich werde dafür sorgen, daß sie weiterhin nur mir allein gehört.«

Langsam kam er auf mich zu, der Mann, der mir so lange in meinem heimatlichen Zelt gedient hatte. Ich wußte, daß er gewohnt war, mir zu gehorchen und hatte keine Angst. Da ertönten plötzlich von draußen die Schlachtrufe der Hosta. Irgendwie hatten es meine Kriegerinnen geschafft, in die Stadt zu kommen. Nun würde Blut fließen – zur Vergeltung für diejenigen, die im Hort des Kristalls ihr Leben lassen mußten! Ein Mann mit blutigem Schwert stürzte in den Raum. »Herr, wir werden angegriffen!« brüllte er. »Überall Weiber, die wie Sigurrs Legionen kämpfen! Ich brauche jeden Mann hier, um den Palast zu verteidigen.«

»Nimm sie«, befahl Vistren. »Sorgt dafür, daß diese Wilden nicht hereinkommen!«

»Das werden wir zu verhindern wissen!« schwor der Bewaffnete und eilte mit den anderen hinaus. Sein Schwur würde ihm nicht viel nützen, denn sein Schicksal war schon besiegelt. Vistren starrte seinen Männern nach. Mit einigen schnellen Sätzen war ich bei ihm und bemächtigte mich seines Schwertes. Mit einem Aufschrei sprang er beiseite, aber es war nicht er, um den ich mich zunächst zu kümmern hatte. Es war Fideran, dem meine Aufmerksamkeit galt, Fideran, der immer so gehorsam alle meine Befehle befolgt hatte, Fideran, der das Fleisch für mich gebraten und den Daru für mich gebraut hatte, den ich so oft mit meinem Körper beglückt hatte, und der doch nichts anderes war als ein Mann, vor dem man sich in acht nehmen mußte. Aber Mida hatte mich gelehrt, keinem Mann zu trauen und keinem unbewaffnet entgegenzutreten.

Er kam auf mich zu, seine Hände wollten nach meiner Kehle greifen, als ihn die Spitze meines Schwertes durchbohrte. Er sank vor mir nieder, seine Hände wollten mich noch zärtlich berühren, aber dann umfing ihn die endlose Dunkelheit. Traurig sah ich ihn an und flüsterte: »Midas Segen sei mit dir, Fideran. Vielleicht treffen wir uns eines Tages wieder«, dann hob ich meinen Blick und suchte die, wegen denen ich hergekommen war.

Sie waren verschwunden. Der Raum war leer, mit Ausnahme von Larid, Fayan und Zolin, die mich mit Haß in den Augen ansah. »Ich freue mich, Jalav«, zischte sie, »daß du den Angriff auf die Karawane, den ich empfohlen habe, überstanden hast, denn so kann ich dich mit eigener Hand erledigen.« »Dann beeile dich und komm her«, sagte ich, »denn ich habe noch eine Menge zu erledigen, in Midas Namen.« Wütend schnaubte sie, zog ihr Schwert und schlug auf mich ein. Nicht umsonst war sie die Anführerin der Silla, aber ich parierte geschickt und fügte ihr mit der Spitze meines Schwertes eine Wunde zu, aus der das Blut floß. Sie erbleichte und wich zurück. Immer heftiger bedrängte ich sie, immer langsamer wurde ihre Abwehr, bis sie schließlich eine Spur zu langsam wurde und mein Schwert in ihr Herz fuhr. Fayan und Larid schrien vor Begeisterung. Wieder eine der verhaßten Silla weniger! Ich streckte mein Schwert Mida entgegen. Verdammt sind die, die sich ihrem Willen nicht fügen. »Jalav, befreie uns!« rief Larid aufgeregt. »Die Männer sind durch jene Tür drüben verschwunden. Sicher befinden sich dort irgendwo die Kristalle.«