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Er versuchte, den Arm um mich zu legen und mich mit sich zu ziehen, aber ich stemmte mich dagegen. »Jalav hat Hunger, das stimmt«, sagte ich in scharfem Ton, »aber ihr Hunger ist der nach Freiheit und nach dem Anblick ihrer heimatlichen Zelte. Jenseits der Mauern dieses von Mida verlassenen Drecknestes wird sie essen, aber in seinen Mauern wird sie verhungern.« Die Männer sahen sich an, dann seufzte Telion tief. »Sie spricht von sich selbst wieder als Jalav«, sagte er resigniert. »Ceralt und ich haben erfahren müssen, Galiose, daß, wenn Jalav Jalav ist, niemand sie zu irgend etwas zwingen kann, und ihre Kriegerinnen auch nicht. So weit, was das Fest anbetrifft.« Galiose hatte mich unverwandt angesehen, ohne einen Funken Verständnis in seinen Augen. »Ich habe etwas gegen widerspenstige Weiber«, sagte er, »und dieses hier hat sich für meinen Geschmack schon zu oft als widerspenstig erwiesen. Hüte dich vor meinem Zorn, Weib!«

Ich wollte ihm gerade entgegnen, wie wenig ich mir aus seinem Zorn machte, als Ceralt mir mit seiner großen Hand den Mund verschloß. »Ihr wird schon bald die nötige Bescheidenheit beigebracht werden«, sagte er, während ich vergeblich versuchte, mich seinem Griff zu entziehen. »Ich selber werde mich darum bemühen, ihr Temperament zu zügeln.« »Ich wünsche Euch nachhaltigen Erfolg dabei«, brummte Galiose, »und den Segen der Höchsten Einigkeit. Ihr werdet ihn brauchen. Aber nun wollen wir uns an die Tafel begeben. Da die jungen Damen keinen Hunger verspüren, mögen sie zusehen, wie es uns schmeckt.«

Damit gingen alle Männer hinüber, wo es die Speisen gab. Ich war froh, daß ich von Ceralts Hand befreit war, gegen die ich mich doch nicht wehren konnte. Niemals werde ich verstehen, weshalb Männern größere Stärke verliehen wurde als den Frauen, die sie doch nötiger hätten. Sicher geschah dies ohne Midas Wissen, denn sie hätte dies bestimmt nie geduldet. Ich wartete ab, bis die Männer eifrig dabei waren, sich mit Essen und Getränken zu versehen, dann warf ich meinen linken Arm hoch und ließ ihn einmal kreisen – das Zeichen der Hosta, aufzusteigen und loszureiten – und sprang auf Ceralts Kan. Das Kan rannte bereits los, als ich kaum auf seinem Rücken saß und mich an seiner Mähne festhalten konnte. Hinter mir kamen meine Kriegerinnen angeritten. Direkt auf die ungläubig starrenden Männer ritten wir zu, mit wilden Schreien, und diese brachten sich hastig in Sicherheit. Einige schafften es jedoch nicht und fielen vor die Hufe unserer Kand. Ich dachte an die empfindlichen Beine der Kand, riß mein Kan hoch und sprang im hohen Bogen über die durcheinanderwirbelnden Menschenleiber hinweg. Meine Kriegerinnen taten desgleichen, und im Galopp ging es auf die Tore der Stadt zu, die Tore zur Freiheit.

Viele meiner Kriegerinnen stießen voller Freude den Kriegsschrei der Hosta aus, als wir durch die Straßen der Stadt ritten, aber diese Freude sollte nicht lange dauern. Obwohl die Dunkelheit noch nicht angebrochen war, waren die Tore schon verschlossen und verrammelt, und viele Männer, in Leder und Metall gekleidet, standen vor ihnen, während andere ihnen noch zur Hilfe eilten. Mein Herz sank, als ich bemerkte, daß keiner von ihnen eine Waffe trug. Wie sollten wir denn mit ihnen kämpfen, wenn sie keine Waffen hatten, deren wir uns nicht bemächtigen konnten?

Unschlüssig zügelten meine Kriegerinnen ihre Kand, aber ich rief: »Kriegerinnen der Hosta, greift an!«Mit großem Geheul sprangen die Kriegerinnen von den Kand und stürzten sich, mir folgend, auf die Männer, die uns mit breitem Grinsen erwarteten, begierig darauf, körperlichen Kontakt mit einer Hosta zu bekommen. Aber ihr Spaß sollte ihnen bald vergehen, als wir sie mit großer Gewalt gegen das Tor trieben.

Der Mann, den ich angegriffen hatte, hielt mich eng umschlungen, um meinen Krallen und meinen Bissen zu entgehen, bis sich eine andere meiner Kriegerinnen auf ihn stürzte, bereit, ihm die Augen auszukratzen, so daß er mich losließ und ich Gelegenheit hatte, das Tor in Augenschein zu nehmen. Es war mit einem großen Metallbalken verriegelt, der uns keine Schwierigkeit bereitet haben würde, ihn zu entfernen, wenn er zusätzlich nicht noch mit Ketten gesichert gewesen wäre, die in dem Holz des Tores befestigt waren. Wild rüttelte ich an einer der Ketten, wurde dann aber von einem Mann beiseite gezogen, der mich festhielt. Meinen Kriegerinnen erging es nicht besser. Schließlich kamen auch noch die Männer zur Hilfe herbei, mit deren Kand wir fortgeritten waren. Ich spürte eine Hand in meinem Haar, die mich vom Tor wegzog. Als ich aufblickte, sah ich in die zornerfüllten Augen Ceralts. Er hob mich hoch und trug mich weg, obwohl ich mich strampelnd zu wehren versuchte. Bald war wieder Frieden auf dem Platz vor dem Tor eingekehrt.

Galiose kam auf einem großen, schwarzen Kan angeritten und betrachtete das Schlachtfeld, dann blieb sein Blick auf mir ruhen. »Diese Weiber gehorchen mit einem Willen ihrer Anführerin«, sagte er mit lauter Stimme, »deswegen hat der Hohe Senat entschieden, daß sie auch einmütig bestraft werden, ihre Anführerin zuallererst, und daß sie dann voneinander getrennt gehalten werden sollen, bis weitere Maßnahmen getroffen wurden. Ihr Männer habt diesen Befehl auszuführen, und zwar umgehend!«

Die Männer, die eine Kriegerin bei sich führten begaben sich zu ihren Kand. Kurz konnte ich Telion entdecken, der sich mit einer sich wie wild sträubenden Larid abgab, dann warf mich Ceralt in seinen Sattel. Ich versuchte, mich zu befreien, wie immer vergeblich, dann ritten wir fort. Was hätte ich darum gegeben, meine Kriegerinnen wieder befreien zu können, aber ich konnte nicht einmal meine eigene Freiheit hierfür zum Tausch anbieten.

Wir ritten wieder zum Gebäude zurück, in dem Galiose lebte, doch kurz vorher hielt Ceralt bei einem kleinen Gebäude auf der rechten Seite an. Ohne ein Wort zog er mich von dem Kan, und mit der Hand in meinem Haar brachte er mich in das Gebäude hinein. Mit langen Schritten stieg er eilig eine Treppe hinauf, so daß ich kaum die Frau betrachten konnte, die bei unserer Ankunft im Eingang erschienen war. Nur soviel bemerkte ich, daß sie nicht mehr ganz jung war, obwohl ihr blondes Haar noch kein Grau zeigte. Sie hatte mich erstaunt betrachtet, als Ceralt mich eilig an ihr vorbeiführte. Oben stieß er mich in einen finsteren Raum, schloß die Tür hinter mir und verriegelte sie von außen. Kein Fenster war in diesem Raum, doch fühlte ich ein weiches Tuch unter meinen Füßen und roch einen seltsamen, betörenden Duft, der mir fremd war. Als sich Ceralts Schritte entfernten, ließ ich mich auf den Boden nieder und dachte über meine Lage nach. Am meisten bedrückte mich das Wissen, daß sich die Kristalle in der Stadt befanden.

Nicht lange danach hörte ich wieder Schritte. Der Riegel wurde fortgeschoben, die Tür öffnete sich und Ceralt erschien, hinter ihm die fremde Frau. In der einen Hand trug Ceralt einen Topf, in der anderen Hand eine kleine Fackel. Die Frau schloß die Tür hinter ihm und verriegelte sie wieder. Im Licht der Fackel setzte Ceralt den Topf auf etwas, das Telion ›Tisch‹ genannt hatte und zündete dann einige Kerzen an, die an der Wand hingen.

In einer Ecke des Raums, dessen Wände mit gelben Seidentüchern behängt waren, entdeckte ich etwas, das Telion ›Bett‹ genannt hatte, nur war es nicht so groß wie bei Galiose. Rechts davon hing eine dieser Scheiben, in denen man sich selbst sehen konnte, und darunter befanden sich einige kleine Töpfe und ein paar Kämme. Im ganzen war der Raum vielleicht vier mal vier Schritte groß.

Als Ceralt alle Kerzen angezündet hatte, warf er die kleine Fackel auf die Feuerstätte, die sich an einer Wand befand, dann wandte er sich mir zu und sagte ohne große Herzlichkeit: »Ich nehme an, daß du jetzt die Bestrafung erwartest, von der Galiose gesprochen hat, denn ich glaube, die Entschlossenheit in deinen Augen zu sehen, dich von dieser Strafe nicht beeindrucken zu lassen.«