»Eine Kriegerin der Hosta gibt überhaupt nichts darum, was die Männer aus den Städten tun«, erwiderte ich kühl, »darum werde ich deine Schläge so schweigend entgegennehmen, wie ich die Schläge von Bariose empfing.«
»Das werden wir sehen«, brummte Ceralt, und dann holte er den Topf herbei. Seinem Geruch war leicht zu entnehmen, daß er eine Brühe aus Nilnofleisch enthielt. Mit Gewalt zwängte Ceralt mir diese hinunter. Als er fertig war, wollte ich mich erheben, war aber merkwürdigerweise dazu nicht in der Lage. Vor meinen Augen wogten wieder die Nebel, wie auf dem Ritt in die Stadt, wenn auch nicht so stark. Ceralt kicherte. »Der Trank wirkt außerordentlich gut«, sagte er, »viel besser noch als der, den ihr Weiber so liebt. Er läßt einen größeren Spielraum von Aktivitäten, wie du nun erfahren wirst.« Seine Worte waren durch den Nebel klar verständlich. Ich hob meine Hand, um ihn fern von mir zu halten, aber er zog mich mit Leichtigkeit an seine Brust. Seltsamerweise war mir seine Berührung angenehm.
»Das erste, was du lernen mußt, ist zu essen«, sagte er. »Lodda wird dir in Kürze deinen Brei bringen, und du wirst ihn zu dir nehmen, wie das ein folgsames Weib tut. Nicke mit dem Kopf, um zu zeigen, daß du gehorchen wirst!« Eher hätte ich mir die Hand abhacken lassen, als seine Befehle zu befolgen und doch, zu meinem Entsetzen, nickte ich gegen meinen Willen.
»Meine brave, gehorsame Jalav«, murmelte Ceralt anerkennend und streichelte mir den Rücken. »Erst wirst du deinen Brei essen, und dann wirst du bestraft werden. Du hast eine tüchtige Strafe verdient, nicht wahr? Nicke mit dem Kopf, um zu zeigen, daß du bestraft werden willst!« Wieder nickte mein Kopf entgegen meinem Willen. Ein leichtes Stöhnen entschlüpfte mir, denn irgendwo in meinem Innern wußte ich, daß ich nicht bestraft werden wollte. Ceralt kicherte vergnügt. »Die Droge erlaubt dir keinen eigenen Willen, Jalav«, sagte er. »Du wirst mir in allen Dingen gehorchen, so, als wärst du meine Sklavin. Ich habe sie nicht so stark gemacht, damit du merkst, was mit dir vorgeht. Das ist ein Teil deiner Bestrafung. Paß gut auf, damit du dich lange an alles erinnern kannst. Ah, da kommt Lodda!« Ich hörte ein Geräusch an der Tür, und herein kam die unbekannte Frau. Sie trug einen Topf mit dem widerlichen Gebräu, das ich nun schon so oft hatte essen müssen, und lächelte zufrieden. »Sehr nahrhaft«, sagte sie, auf den Topf deutend. »Wollt Ihr sie füttern, oder soll ich es?« »Ich werde sie füttern«, antwortete Ceralt und führte mich zu einem mit gelber Seide bespannten Sitz. »Ich benötige Eure Dienste nicht mehr bis morgen früh, deshalb könnt Ihr Euch zurückziehen.«
»Wie Ihr wünscht«, sagte sie und gab ihm den Topf. »Mit der Zeit werden sie und ich schon miteinander vertraut werden. Obwohl sie größer ist, als ich erwartet habe, glaube ich nicht, daß es viel Schwierigkeiten mit ihr geben wird.« »Ich erwarte Schwierigkeiten mit ihr«, entgegnete Ceralt. »Aber vielleicht kann man einige davon vermeiden. Wir werden sehen.«
Die Frau schien über seine Worte erstaunt zu sein, aber sie zuckte die Achseln und verließ den Raum. Ceralt nahm keine Notiz mehr von ihr, sondern zog einen anderen Sitz heran und setzte sich mit dem Topf in der Hand vor mich. Die Nebel erschwerten mein Denken, und doch nahm ich alles um mich herum deutlich wahr, deutlicher vielleicht noch als sonst. Ceralts helle Augen, mit denen er mich anblickte, trugen einen merkwürdigen Ausdruck, den ich nicht deuten konnte. Sein ausdrucksvolles, dunkles Gesicht unter seinem wirren Haarschopf erzeugte in mir ein Gefühl, das stärker war als bloßes Verlangen, und vor dem ich Angst hatte. Eine Kriegerin der Hosta darf keinem Mann gehören, und deswegen beunruhigte mich die Freude, die ich in seiner Gegenwart empfand. Ceralt rührte mit einem langen Holzstab in dem Topf, dann sagte er: »Mach den Mund auf, Jalav, denn nun bekommst du deinen Brei. Meine gehorsame Jalav wird brav ihren Brei essen, denn sie möchte doch ihrem guten Ceralt gehorchen.« Zu meinem Entsetzen öffnete sich mein Mund selbständig, und Ceralt fütterte mich. Obwohl ich meinen ganzen Willen zusammennahm, um mich ihm zu widersetzen, verfütterte er nach und nach den ganzen Brei an mich. Diese Behandlung war erniedrigend, denn er sprach mit mir, einer Anführerin der Hosta, wie mit einem Kind, und ich gehorchte willenlos. Zum Schluß stellte Ceralt den leeren Topf mit einem Lächeln beiseite.
»Wie gehorsam doch unsere Jalav ist«, sagte er, zu meinem ohnmächtigen Zorn. »Doch sie ist nicht immer so gehorsam. Deshalb muß sie jetzt bestraft werden.« Finster entschlossen sah er mich an. »Jalav wird jeden Schlag genau spüren«, sagte er, »und sie wird so schreien, wie jedes andere Weib schreit, das bestraft wird. Nicke mit dem Kopf, um zu zeigen, daß du mir gehorchen wirst!«
Und ein drittes Mal nickte mein Kopf selbständig, zu meinem allergrößten Entsetzen. Ceralt nahm eine Lederleine, die er schon oft benutzt hatte, um mich zu strafen, und schlug mich. Ich schrie vor Angst, und auf Ceralts Befehl weinte ich sogar. Er schlug mich sehr hart. Als Ceralt mich endlich freigab, konnte ich mich kaum noch auf den Füßen halten. Ich wollte zurückschlagen, ihn von mir stoßen, aber die Nebel schlössen sich stärker um mich, und schließlich umfing mich die Dunkelheit.
Nur langsam erwachte ich und erinnerte mich an die Schrecken des vergangenen Tages. Immer würden sie mir in Erinnerung bleiben, bis Mida mich rief. Nie zuvor hatte ich eine solche Erniedrigung erfahren, eine Erniedrigung, die nur mit Blut gesühnt werden konnte - vielleicht nicht mit seinem ganzen Blut, aber doch mit einer beträchtlichen Menge, damit er die gleiche Pein verspüren würde, die ich erlitten hatte. Kein Mann durfte eine Hosta so behandeln, und der Tag würde kommen, an dem Ceralt bitter bereuen würde, was er mir angetan hatte. Ich streckte mich auf dem Tuch vor der Feuerstelle aus. Die Nebel waren vollkommen verschwunden. Ceralt hatte mich noch weiter gequält und mich auf das Ding gelegt, was sie Bett nannten, auf dem ich nur mit Furcht liegenbleiben konnte. Glücklicherweise hatte ich die Kraft gefunden, herunterzuklettern und mich vor die Feuerstelle zu legen. Ich setzte mich aufrecht und begann kurz darüber nachzudenken, wie wohl das weitere Schicksal der Hosta aussehen würde. Daß Mida unzufrieden mit ihren Kriegerinnen war, war klar zu erkennen, aber ich wußte nicht, ob man ihren Zorn irgendwie besänftigen konnte. Sollte das möglich sein, dann würden die Hosta auch wieder freikommen, denn niemand konnte sie gegen den Willen von Mida festhalten.
Dann fielen mir die Kristalle ein. Vielleicht war es möglich, sie wieder aus dem Gerät zu befreien ? Eigentlich wünschte ich alles weniger, als noch einmal mit ihnen zu tun zu haben, aber ich war die Anführerin der Hosta und verpflichtet, für die Freiheit meiner Kriegerinnen zu sorgen, falls das möglich war. Sollte sich die Möglichkeit ergeben, würde ich also noch einmal versuchen, an die Kristalle heranzukommen. Dabei verdrängte ich die Erinnerung an den ersten Versuch aus meinem Gedächtnis. Meine Hand zitterte kurz, aber ärgerlich brachte ich sie zur Ruhe.
Dann stand ich auf und suchte nach meiner Stammesbekleidung, aber sie war nirgendwo zu finden. Bei dem Bemühen, mich zu erinnern, wo sie sein könnte, griff ich nach meinem Amulett und erstarrte vor Schrecken. Es war gleichfalls verschwunden ! Rasend durchwühlte ich den ganzen Raum, ohne es zu finden.Noch niemals hatte ich es abgelegt. Schaudernd dachte ich daran, wie meine Seele ohne seine Hilfe Midas Königreich finden sollte. Wie konnte ich ohne es einem Feind mit dem Schwert in der Hand gegenübertreten? Was war, wenn Mida mich nun rief, und ich war unbeschützt durch mein Amulett? Hilflos schluchzte ich. Es blieb verschwunden. Dann fiel mir das Gefecht am Tor ein. Vielleicht war es mir dabei abhandengekommen? Ich entschloß mich, sofort hinüberzulaufen und es zu suchen, und lief zur Tür, bis mir einfiel, daß diese verriegelt sein würde. Zu meinem Erstaunen ließ sie sich jedoch ohne Mühe öffnen.
Ich lief die Treppe hinunter und wollte gerade das Haus verlassen, als jene Lodda auftauchte. »Hat der schreckliche Sigurr deinen Geist verwirrt?« fragte sie und versperrte mir den Weg. »Du kannst doch so nicht hinauslaufen, mit nichts als einem Lächeln bekleidet! Gehe hinauf, und ich werde dir deine Kleidung bringen.«