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Sie verließ den Raum, aber mir war egal, was sie vorhatte. Ceralt hatte mich in ihre Gewalt gegeben, also durfte sie mir Schmerzen zufügen, wann sie wollte, und ich durfte diese Schmerzen nicht verleugnen, sonst würde er mir einmal mehr den Trank einflößen. Ich empfand schon Schmerzen darüber, daß Ceralt überhaupt in der Lage war, mich so zu behandeln, aber hatte ich mich nicht geweigert, ihn aus Vistrens Fesseln zu befreien? Zwar hatte ich nicht erwartet, daß er... O Mida, deine Kriegerin ist wahrlich eine Närrin! Lodda kam zurück und begann, mich mit einem Stock auf den Rücken zu schlagen. Als ich leicht zuckte, sagte sie: »Nun, willst du jetzt gehorchen, oder willst du noch mehr haben?« Ich schwieg, denn ich sah wenig Grund, auf ihre Vorspiegelung einzugehen. Ceralt wollte, daß mir Schmerzen zugefügt wurden, also sollte es so geschehen. Ihre Schläge waren zwar schmerzvoll, aber nicht unerträglich.

Ohne einen Laut von mir zu geben, ertrug ich ihre weiteren Schläge. So blieb es mir wenigstens erspart, mich wie ein Sklavenweib zu benehmen. »Du bist ein starrköpfiges, kleines Ding«, sagte sie nach einer Weile, etwas außer Atem. »Aber ich setze großes Vertrauen darein, daß der Stock dir die Starrköpfigkeit austreiben wird. Ich werde in weniger als einer Stunde zurückkommen. Ist das Zimmer dann noch immer nicht aufgeräumt, wirst du ihn weiter zu spüren bekommen!« Ihre Schritte entfernten sich, und ich blieb dort sitzen, wo ich saß, denn jede Bewegung würde die Schmerzen vergrößert haben. Als ihre Schläge heftiger wurden, hatte ich das Verlangen gehabt, Mida anzurufen, aber ich wußte, daß mein Ruf nicht erhört werden würde. Ich streckte mich vor dem Feuer aus, doch trotz seiner Wärme durchschauerte mich eine Kälte. Zweimal kam das Weib wieder, und zweimal wurde ich von ihr heftig verprügelt. Dabei drohte sie mir an, daß Ceralt, wenn er zurückkäme, mich noch heftiger mit der Peitsche schlagen würde. »Gehorche mir, Kind, gehorche mir!« keuchte sie, »oder die Peitsche ist dir sicher.«

»Halt!« hörte ich Ceralts Stimme. »Was macht Ihr da?« »Ich war nicht in der Lage, irgend etwas mit ihr anzustellen, Ceralt«, sagte Lodda. »Sie ist von einer unglaublichen Starrköpfigkeit, die nur mit der Peitsche ausgetrieben werden kann. Habt Ihr eine, oder soll ich eine besorgen?« »Ich hatte keine Ahnung, daß Ihr einen Stock zum Schlagen benutzen würdet«, sagte Ceralt mit tonloser Stimme. »Wie oft habt Ihr sie so geschlagen?«

»Mehr, als ich jede andere schlagen mußte, die ich zu erziehen hatte«, erwiderte sie, »aber bei ihr hilft nicht einmal der Stock, bei ihr hilft nur die Peitsche.«

»Nehmt Eure Sachen und verlaßt sofort das Haus!« sagte Ceralt kalt, »sonst kann ich nicht für Eure Sicherheit garantieren. «

»Was erlaubt Ihr euch, so mit mir zu reden?« keuchte Lodda aufgeregt. »Habt Ihr mich nicht angestellt, um sie zu einer wohlerzogenen Frau zu machen, die gehorsam und fügsam ist, Euch putzt und kocht, und auch lesen und schreiben kann? Wie anders kann man es denn einer ungelehrigen, schmutzigen Wilden beibringen?«»Noch ein Wort«, sagte Ceralt, »und ich vergesse, wer Ihr seid! Diese ungelehrige, schmutzige Wilde bedeutet mir mehr, als mein eigenes Leben, und Sigurr, der Schreckliche, muß mir eingeflüstert haben, sie in eure Hände zu geben. Und nun verschwindet!«

»Mit Vergnügen«, antwortete Lodda eisig. »Meine Zeit wird anderswo besser von Nutzen sein. Und erlaubt mir, Euch zu sagen, wie gut sie und Ihr zusammenpaßt.« Ihre Schritte verschwanden, und Ceralt kniete neben mir und flüsterte: »Oh, Jalav, vergib mir! Ich habe nicht gewußt, daß sie dich so behandeln würde. Sigurr möge sie verschlingen. Aber niemals wieder, das schwöre ich dir, wirst du geschlagen werden!«

Ich sah ihn nicht an, denn sein Anblick hätte weitere Pein für mich bedeutet. Meine Seele schrie nach Mida, aber Mida antwortete nicht. Ceralt seufzte, stand auf und holte etwas für mich zu trinken. Es war etwas, das mich angenehm hinübergleiten ließ ins Land der Träume.

17

Renth – und ein Gerät wird gesucht

Ich saß auf dem Sitz in dem Raum mit der roten Seide, und wartete auf den Topf mit dem Brei. Zwei Tage waren seit dem Weggang des Sklavenweibes Lodda verstrichen, zwei Tage, in denen Ceralt mir nicht erlaubt hatte, meinen Raum zu verlassen. Ich gab wenig darum, daß er mich so eingesperrt hielt, und hatte in der ganzen Zeit kein einziges Wort mit ihm gesprochen.

Der Jäger hatte oft mit einer Kräutersalbe die Wunden auf meinem Rücken behandelt, und war sehr enttäuscht darüber, daß ich mich weigerte, auf dem Bett zu liegen. Immer wieder hatte er mich dort hinauf gehoben, und immer wieder hatte ich meinen Platz vor dem Feuer eingenommen, von dem ich die tanzenden Flammen betrachten konnte. Hin und wieder wurde mir der Brei anstatt von Ceralt von einer jungen Frau gebracht, die ihm wohl zur Hand ging, aber auch mit ihr hatte ich kein Wort gesprochen. Eine große Leere war in mir, und ich wollte mit niemandem sprechen.

Am dritten Tag hatte Ceralt mich in den Raum mit der roten Seide geführt. Auf dem Tisch standen viele Speisen, darunter auch ein Stück blutiges Nilnofleisch. Ich wartete auf meinen Brei, als Ceralt freundlich sagte: »Schau, Jalav, was wir hier alles haben! Frisch gebackenes Brot, würzige Pemmawurzeln, Wrettaneier – und Nilno! Was möchtest du davon zuerst haben?« Ich wartete noch immer auf meinen Brei und entgegnete nichts. »Sieh dir die Wrettaneier an«, sagte Ceralt. »Fast hätten zwei Jäger ihr Leben verloren, um sie zu holen. Hoch in die Wipfel eines Baumes mußten wir klettern, und wurden von dem Wrettanweibchen überrascht, als wir sie aus dem Nest nehmen wollten. Sie hat einem Jäger fast die Augen ausgehackt, und zum Schluß hätten sie die Eier noch beinahe fallenlassen. Wie findest du das?«

»Jalav«, rief er aus, »so geht das nicht weiter! Du bist nur noch ein Schatten deiner selbst, ißt widerstandslos deinen Brei und wirst jeden Tag schmaler. Das kann ich nicht mehr mit ansehen. Was soll ich tun?«

Es gab nichts, was auch nur irgend jemand für mich hätte tun können, denn wie kann jemand zu Mida reden zugunsten einer, von der sie sich abgewandt hat? Wortlos schloß ich die Augen. »Also gut«, sagte er überaus traurig. »Eher will ich dich gehen lassen, als daß du an meiner Seite stirbst. Ich gebe dir deine Freiheit wieder und dein Amulett und ein Kan, und dann bringe ich dich zum Tor und lasse dich fortreiten.« Einst hätten mich seine Worte mit großer Freude erfüllt, aber nun war ich nur traurig. Wohin sollte ich reiten, wo doch Mida ihr Gesicht von mir abgewandt hatte? Mein Fehler war eindeutig, meine Verdammung war sicher.

»Hörst du mich überhaupt?« fragte Ceralt und schüttelte mich. »Ich lasse dich frei!« Nur Schweigen war meine Antwort.»Bei Sigurrs spitzen Ohren!« murmelte er, »sie hört mich nicht. Da muß unbedingt etwas geschehen!« Er verließ den Raum, kam aber bald wieder zurück und setzte sich mir schweigend gegenüber.

Als Midas Licht fast verschwunden war, kam Telion, und mit ihm eine Frau, die einen rotseidenen Sitz trug. Diesen Sitz stellte die Frau an meiner Seite auf und entfernte sich wortlos. Telion ließ sich auf ihm nieder und nahm sich ein Wrettanei. Er trug gleichfalls ein Amulett, und ich sah, daß es Larids war. »Bitte entschuldige, daß ich nicht früher kommen konnte«, sagte Telion, als er das Ei aufschlug, »aber ich war mitten in einer Schlacht, die ich nicht sofort verlassen konnte.« »Eine Schlacht?« fragte Ceralt erstaunt. »Ich weiß von keiner Schlacht.«

»Ich wäre froh, wenn ich dasselbe sagen könnte«, entgegnete Telion, und streute etwas Salz auf das Ei. »Heute war der Tag, an dem meine kleine Flamme ihren winzigen Schurz gegen ein zivileres Kleid hätte eintauschen sollen. Das Kleid hatte ein liebliches Blau, passend zu ihren Augen, und ich hätte darauf geschworen, daß sie sich darüber gefreut hätte.« Er seufzte. »Sie freute sich weder über das Kleid noch über die Farbe, sondern beschuldigte mich lautstark, ich würde einer Kriegerin der Hosta zumuten, die Farbe der Hitta zu tragen, ganz abgesehen davon, daß sie niemals so ein Kleid tragen würde, wie es die Stadtfrauen tragen. Das Kleid wurde mir an den Kopf geworfen, und Larid sitzt nun so da, wie Jalav dort sitzt – nur mit einem Unterschied, daß Larid zuvor eine Tracht Prügel bezogen hat. Ich hatte die feste Hoffnung, daß du bei Jalav inzwischen etwas mehr Erfolg hattest, aus dem ich hätte lernen können.«