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»Ich beginne zu glauben, daß ich niemals auch nur einen winzigen Erfolg bei ihr haben werde«, entgenete Ceralt. »Könntest du nicht einmal mit ihr reden?« Telion zog seine Brauen hoch und fragte mich: »Über was sollte ich mit dir sprechen, Jalav?« Ich gab keine Antwort und blickte nur auf Larids Amulett.

»Siehst du«, sagte Ceralt, »so ist sie seit dem Verschwinden dieser Blutsverwandten Sigurrs, die ich dummerweise für ihre Erziehung eingestellt hatte.«

»Hast du sie gefragt, was sie bedrückt?« sagte Telion und sah mich forschend an.

»Du solltest mir einmal erklären, wie ich das anstelle, wenn sie sich weigert, mit mir zu sprechen«, erwiderte Ceralt ärgerlich. »Sie ißt nur den Brei, den sie bekommt, und starrt die übrige Zeit in das Feuer in ihrem Zimmer.« »Sie ißt also den Brei«, wiederholte Telion nachdenklich. »Ich . schätze die Folgen nicht, die es nach sich ziehen könnte, aber vielleicht hilft es uns weiter. Hast du etwas Renth im Haus?« »Natürlich habe ich Renth im Haus«, entgegnete Ceralt. »Suchst du die Antwort auf unsere Probleme in einer Kanne?«

»Nicht in einer Kanne«, erwiderte Telion, »aber möglicherweise in vielen, die wir zusammen austrinken werden.« Ceralt grinste und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Ein ausgezeichneter Vorschlag!« rief er. »Man könnte auch behaupten, ein geistvoller. Inala, bring uns eine große Kanne Renth und drei Becher!«

Die Stadtfrau, die er Inala genannt hatte, kam herein und brachte das Gewünschte. Ceralt und Telion schienen sehr vergnügt zu sein, denn sie rieben sich freudig die Hände und schenken sich eifrig den Renth ein. Auch ich bekam einen Becher, und da mir sowieso alles egal war, trank ich den Renth, wie Ceralt es anordnete. Immer wieder wurden die Becher gefüllt, immer wieder von uns geleert, und immer wieder versuchten die Männer, mit mir zu reden – vergeblich. Da ich nichts gegessen hatte, fühlte ich inwendig ein bißchen Wärme von dem Renth, aber das dünne, schwache Zeug war nicht imstande, mir die Bürde meines Lebens auch nur etwas zu erleichtern. Als die Dunkelheit hereingebrochen war, hatte Inala die Kanne bereits einige Male gefüllt, und der Jäger und der Krieger schienen etwas mitgenommen zu sein. Das Einschenken fiel ihnen nicht mehr leicht, und mancher Tropfen ging daneben. Am Ende trafen sie mit ihren Bechern nicht einmal mehr ihre Münder.

Nach einem solchen vergeblichen Versuch setzte Ceralt seinen Becher auf den Tisch, guckte Telion angestrengt an und flüsterte ziemlich vernehmlich: »Hat... hat die schon mit uns gesprochen?«

Telion schüttelte den Kopf und erwiderte im selben Tonfalclass="underline" »Nein, aber vielleicht hat sie nun zuviel Renth im Leib, um noch sprechen zu können.«

Ceralt blinzelte ihn einen Moment an, dann sagte er: »Ich... ich werde es herausfinden.« Dann wandte er sich an mich und fragte mit einem gräßlichen Lächeln: »Jalav, hast du zuviel Renth im Leib?«

»Nein«, entgegnete ich, und das War die Wahrheit, denn meine Fähigkeit zum Trinken ist berühmt unter allen Midanna. Nur wenige meiner Kriegerinnen können es mir nachtun. »Sie hat noch nicht zuviel Renth im Leib«, informierte Ceralt Telion mit dem gleichen lauten Flüstern. »Füll ihr den Becher nach! Vielleicht bringen wir sie zum Sprechen.« Telion nickte und füllte meinen Becher erneut, ohne mehr als einen großen Schluck zu verschütten. Dann sagte er: »Trinke, Jalav, es wird dir guttun.«

»Ich mag nichts mehr«, antwortete ich, und Telion stierte mich an. »Du wirst den Renth trinken, wie man es dich geheißen hat!« brüllte er, und fuhr dann ziemlich kläglich fort: »Du mußt den Renth trinken, damit du mit uns sprichst! Tust du es nicht, muß ich dich verprügeln!«

»Nein!« fuhr Ceralt auf. »Niemals wieder werde ich es erlauben, daß sie geschlagen wird! Und wer sie schlagen will, muß zuerst mein Leben nehmen. Zieh deine Waffe, Telion!« »Ich habe keine Waffe«, entgegnete Telion verwirrt. »Außerdem bist du nur ein Jäger, Ceralt, mit dem ein Krieger sich nicht mißt.«

»Ha«, brüllte Ceralt, »willst du etwa behaupten, daß ich nicht mit einem Schwert umgehen könnte? Der Jäger ist noch nicht geboren, der es nicht mit einem Krieger aufnehmen könnte. Der Renth hat offensichtlich deine Einbildung gestärkt, aber deinen Geist hat er geschwächt!«

»Meinen Geist geschwächt?« wiederholte Telion. »Eine solche Beleidigung kann nur mit Blut abgewaschen werden!« Ceralt stand auf, schwankte und sagte: »Sprich dieses Wort nicht noch einmal!«

»Welches Wort?« fragte Telion. »Blut?« Dann wurde er plötzlich sehr bleich und wankte hinaus, gefolgt von einem noch bleicheren Ceralt. Ich beobachtete, wie sie hinausstolperten, dann trank ich gemächlich meinen Becher aus. Inala kam herein und fragte: »Kann ich jetzt hier saubermachen?« Ich nickte abwesend, denn ich hatte nachzudenken. Inala grinste und sagte: »Sind dabei, sich zu entleeren. Zu sehen, wie schlecht es dem obersten Jäger der Stadt und ihrem obersten Krieger geht, ist ein seltenes Vergnügen. Mich wundert, daß es dir nicht so schlecht geht.« »Auch in meinem Magen liegt der Renth sehr schwer«, entgegnete ich, »aber ich fühle nichts als eine große Müdigkeit, obwohl ich bezweifle, daß der Schlaf kommen wird.« Inala sah mich aufmerksam an und hörte mit ihrer Arbeit auf. »Du siehst sehr verstört aus«, sagte sie mitfühlend. »Ich bin auch eine Sklavin, aber wenn ich dir helfen kann, werde ich es gerne tun. Willst du mir nicht sagen, was dich beunruhigt?« »Der Jäger Ceralt beunruhigt mich«, antwortete ich. »Ich weiß, daß ich nie verstanden habe, was die Männer bewegt, aber diesen hier verstehe ich ganz und gar nicht.« Ich schwieg einen Moment, dann fuhr ich fort: »Noch verstehe ich, warum ich darüber mit dir, einer Fremden, spreche.« »Jeder von uns braucht jemanden, dem er sein Herz ausschütten kann«, entgegnete sie. Ich betrachtete sie das erstemal gründlich. Sie war nicht größer als andere Stadtweiber. Ihr hellbraunes Haar wurde durch kleine Metallstreifen zusammengehalten. Um den Hals, das bemerkte ich jetzt, trug sie das Halsband der Sklavinnen, das durch ihr weißes Gewand verdeckt wurde, aber ihre ganze Haltung strahlte eine Würde aus, die anderen Sklavinnen abging.»Ich... ich hege seltsame Empfindungen für Ceralt«, sagte ich, mühsam nach Worten suchend. »Diese Gefühle verwirren mich, weil ich die Gründe nicht erkennen kann für das, was er tut. Der Frau, die vor dir da war, befahl er, mir Qualen zuzufügen, und mit Telion, der Prügel nur erwähnt, will er kämpfen. Ich finde keinen Sinn in dem, was er tut.« »Das ist sehr leicht zu verstehen«, entgegnete Inala und nahm mich in ihre Arme. »Ich habe gehört, was Lodda dir angetan hat, und du bist im Irrtum. Ceralt wünschte nicht, daß sie dich schlug, deshalb hat er sie hinausgeworfen. Er hegt ein sehr starkes und zärtliches Gefühl für dich, und hat dir schon dein Halsband abgenommen. Sicherlich wird er dich bald ganz freigeben.«

»Du irrst dich«, sagte ich, »ich habe kein Halsband getragen. Ich bin eine Gefangene für Ceralt, keine Sklavin, denn eines weiß Ceralt sicher, daß Jalav keine Sklavin sein will.« Inala sah mich verwirrt an und sagte: »Ich verstehe dich nicht«, dann schwieg sie gedankenverloren, bevor sie langsam sagte: »Vielleicht ist alles das, was er mit dir anstellt, nur eine Bestrafung, aber für was... ? Tatsächlich, der Jäger scheint mir ein harter Mann zu sein. Hast du nicht einmal überlegt, dich an den Hohen Senat zu wenden?«

»Der Hohe Senat hat wenig Veranlassung, sich um das Schicksal von Jalav Gedanken zu machen«, erwiderte ich. Ich war sehr verwirrt von dem, was sie mir erzählt hatte. Konnte es tatsächlich sein, daß Ceralt nicht gewollt hatte, daß diese Lodda mich quälte, daß er es mir nicht nachtrug, daß ich ihn in Vistrens Ketten zurückgelassen hatte? Der Gedanke erfüllte mich mit Gefühlen, die ich unmöglich ergründen konnte. Zaghaft sagte ich: »Aber warum hat er Telion herausgefordert?« Inala lachte. »Nur wirklich große Liebe kann einen Mann dazu bringen, einen solch berühmten Krieger wie Telion herauszufordern. In der Tat, es scheint, daß die Gefangene ihren Fänger gefangengenommen hat.«