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Ich schloß meine Augen bei diesem Gedanken, dann entgegnete ich: »Das darf nicht sein. Nicht nur, daß es den Regeln der Hosta nicht entspricht, aber ich bin auch nicht länger wert, irgend jemandem zu gehören, besonders nicht einem solchen Mann wie Ceralt.«

Inala schien über meine Worte traurig zu sein, aber da kam mir ein neuer Gedanke. Ich hatte gegenüber Mida versagt, und das mußte ich wieder gutmachen. Sollte ich dabei mein Leben aufs Spiel setzen, so war das noch das beste, was mir passieren konnte.

Ich ging hinauf in den Raum, den Ceralt mir zugewiesen hatte. Auf dem Bett lag Ceralt in tiefem Schlaf. Ich streckte meine Hand aus und streichelte ihn, aber er rührte sich nicht. So männlich war Ceralt und so begehrenswert, daß es einer Kriegerin schwerfallen mußte, ihn nicht zu streicheln. Aber dann ging ich hinüber zum Feuer und legte mich auf den Boden, um mich auszuruhen, denn am Morgen mußte ich das ausführen, was Mida mir aufgetragen hatte. Wäre ich nicht so voll Renth gewesen, hätte ich sofort begonnen. So war ich glücklich, daß ich mich wenigstens in der Nähe Ceralts ausruhen konnte, denn ich hatte wenig Hoffnung, ihn in meinem Leben noch einmal wiederzusehen. Mit einem Blick auf ihn schlief ich ein.

Das Gebäude, in dem Vistren gewohnt hatte, schien jetzt vollkommen menschenleer zu sein. Verstohlen schlich ich mich hinein. Innen war es so kühl, daß es mich schauderte. Still war es im Haus des Vistren, so still wie in Ceralts Haus, als ich es verließ. Ceralt hatte fest geschlafen, ohne mich zu hören, und auch Inala wachte nicht auf, als ich mich in den kleinen Raum schlich, in dem sie schlief, und dort meine Stammesbekleidung fand. Mein Amulett von Ceralts Brust hatte ich nicht mitgenommen, denn meine Seele war ja sowieso verloren, damit hatte ich mich abgefunden.

In Vistrens Haus war es dunkel, aber ich hatte keine Schwierigkeit, mich zurechtzufinden. Ich tappte dorthin, wo wir ihn mit dem Gerät gefunden hatten. Die Tür, die wir eingebrochen hatten, war noch nicht ausgebessert – aber das Gerät, das ich suchte, war verschwunden. Enttäuscht dachte ich nach und kam zu dem Schluß, daß ich das ganze Haus durchsuchen müsse.

Ich zündete eine Fackel an und begann mit der Suche. Das Gerät war so sperrig, daß man es nicht leicht verstecken konnte, aber ich fand keine Spur von ihm. Das neue Licht des Tages schien schon voll durch die Fenster, als ich schließlich in einen Raum kam, dessen Zweck ich nicht ergründen konnte. Seine Wände und der Boden waren nackt. An seinen Wänden hingen lediglich metallene Fesseln, zweimal fünf Paare. Dann sah ich im Licht der Fackel Spuren geronnenen Blutes auf dem Boden, und ich brauchte keine weitere Erklärung. Aber ich war froh, darüber, daß Vistren keine Sklaven mehr peinigen konnte. Ich löschte die Fackel in einem Eimer mit Schmutz aus und ließ mich einen Moment nieder, um erneut nachzudenken. Das Gerät mit den Kristallen konnte nicht einfach verschwunden sein, also mußte es jemand an sich genommen haben. Vistren und seine beiden Gefolgsleute waren tot, sie konnten es also nicht gewesen sein. Aber da waren noch andere dabei gewesen, die das Gerät gesehen hatten, Telion und Galiose mit seinen Männern.

Wahrscheinlich war es Galiose, der es genommen hatte. Er war der Erste des Hohen Senats, und in seinen Palast mußte das Gerät geschafft worden sein. Ich tat es nicht gerne, aber dort mußte ich also weitersuchen. Während des Tages konnte ich dies aber nicht tun, denn die Bewaffneten dort würden mich bald entdecken und überwältigen. Also mußte ich bis zur Dunkelheit warten. Ich legte mich nieder und zwang mich, zu schlafen, um Hunger und Kälte zu vergessen. Bei Anbruch der Dunkelheit wachte ich auf, wartete aber geduldig, bis der Eingang zu Midas Königreich hoch am Himmel stand und wieder verschwand. Erst dann brach ich auf, Es waren nicht wenige Männer, die vor dem Gebäude des Hohen Senats standen, aber es waren Männer mit den Augen von Städtern, die nichts sehen konnten. Ich schlich durch die Büsche vor dem Gebäude, als dicht vor mir einer der Wächter auf seinem Rundgang stehenblieb und sich streckte. Das war sehr dumm von ihm, denn wäre ich bewaffnet gewesen und hätte nach seinem Leben getrachtet, dann lebte er bereits nicht mehr. Ich schüttelte den Kopf über soviel Unverstand, dann schlich ich weiter und suchte das Fenster, das einmal offengestanden hatte. Was einmal offensteht, steht meist immer offen. So war es auch hier. Leise kletterte ich hinein und begann mit meiner Suche.

Die Stunden verstrichen, ohne daß ich etwas fand, aber ich mußte auch sehr vorsichtig sein. Oftmals mußte ich in einem Schatten untertauchen, wenn jemand vorbeiging. Einmal waren es zwei: ein Mann, der Schwert und Dolch trug und eine Frau hinter sich herzog, die sich den Schlaf aus den Augen wischte. Interessiert sah ich den beiden nach. Ich wußte nun, wo ich mir eine Waffe besorgen konnte, wenn ich sie benötigte. Nachdem ich alle Räume im unteren Teil des Gebäudes durchsucht hatte, schlich ich mich nach oben. Hier waren die Räume, in denen die Wächter und Sklaven schliefen, und in die ich nur flüchtig hineinsah. Sollte sich das Gerät in diesem Gebäude befinden, dann sicherlich in den bewachten Räumen des Galiose, in die ich aber bestimmt nicht so einfach hineinkommen konnte.

Da entdeckte ich die Treppe, die weiter nach oben führte. Sofort hastete ich hinauf. Obwohl es dunkel dort oben war, weil keine Fackel leuchtete, konnte ich sehen, daß die Wände hier mit Holz verkleidet waren. Die Räume, in die ich hineinsah, rochen stickig und waren teilweise voller Gerüche, die ich nicht deuten konnte. Das Gerät war nirgendwo zu entdecken. Dafür sah ich eine Menge seltsamer, mir unbekannter anderer Dinge, die mir Unbehagen einflößten. Schnell ging ich weiter, bis Stimmengemurmel an mein Ohr drang. Es kam aus einem Raum, der von schwach leuchtenden Kerzen erhellt wurde. Als ich mich umsah, erstarrte ich, denn auf einem großen Tisch stand das Gerät, das ich gesucht hatte. Auf anderen Tischen in seiner Nähe lagen Stapel von Leder und Tüchern. Das Leder schien die Tücher zu schützen, aber ich gab wenig acht darauf, denn vor mir lag das Ziel meiner Wünsche.Die Kristalle, wolkig in der goldenen Luft, die sie umgab, zogen mich wie mit Zauberhänden an. Ich streckte die Hand aus, als eine Stimme hinter mir heftig sagte: »Nein!« Ich wirbelte herum. Hinter einem Tisch saß ein alter Mann, der mich finster ansah. Grau war sein Haar über seinem scharfgeschnittenen Gesicht, dicht waren seine Brauen über den schwarzen Augen. Er erhob sich und kam auf mich zu. Sein grünes Gewand war länger, als das anderer Männer, und bedeckte seine hohe, schlanke Gestalt vollständig. Um seinen Hals trug er eine Kette, und daran bemerkte ich das Zeichen mit dem geöffneten Auge, das ich auch bei Vistren gesehen hatte.

»Willst du unbedingt sterben, törichtes Weib?« fuhr er mich an. »Die Kristalle werden von einem unsichtbaren Feuer bewacht, das erbarmungslos zuschlägt, ohne Ansehen der Person. Wer bist du, und was willst du hier?« Enttäuscht bemerkte ich, daß der Mann keine Waffe trug. Aber er war alt und vermutlich nicht so kräftig wie andere Männer.

»Ich komme, um die Kristalle zu holen«, entgegnete ich, »denn sie gehören Mida. Mische dich nicht ein! Ich werde sie mir in jedem Fall nehmen!«

Damit wandte ich mich um und streckte wieder meinen Arm aus, um nach den Kristallen zu greifen, aber er hielt mich entschieden fest. »Du wirst das Gerät nicht berühren, wildes Biest!« keuchte er. Ich versuchte, ihn mit Zähnen und Fingernägeln anzugreifen. »Wache!« rief er ängstlich, »herbei, herbei!«

Ich biß ihn in die Hand. Aufheulend ließ er mich los, aber es war bereits zu spät. Zwei Bewaffnete erschienen, die mich ergriffen und resolut festhielten. »Haltet sie gut fest!« befahl der alte Mann. »Im Namen der Erhabenen Einigkeit, hindert sie daran, das Gerät zu berühren! Dieses hohlköpfige Weib ist im Begriff, sein Leben wegzuwerfen!«