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Mit einiger Mühe gelang es den Bewaffneten, mich weiter von dem Gerät wegzuziehen. Der Alte sah mich zornig an und fragte: »Noch einmal, wer bist du, und warum willst du die Kristalle stehlen? Weißt du nicht, daß alle Tore der Stadt verschlossen sind, so daß du nicht entkommen kannst?« Ich stand vor ihm, ohne ihm zu antworten. Eine Midanna zu beschuldigen, sie wolle die Kristalle der Mida stehlen, war ein so dummes Unterfangen, daß es sich nicht lohnte, darauf einzugehen.

Der Zorn des Mannes wuchs, und er sagte brüsk: »Gut, wenn du nicht willst... Du kannst dir deine Antwort bis morgen früh überlegen, und sie dann dem Hohen Senat vortragen. Bringt sie in die Zelle und bewacht sie gut! Der Hohe Senat soll über ihr Schicksal entscheiden!«

Mit einem Nicken gehorchten die Bewaffneten und zogen mich mit hartem Griff aus dem Raum. Ich hatte erwartet, daß sie mich nach unten schaffen würden. Statt dessen führten sie mich hinauf, wo die Wände nur noch aus roh behauenen Steinen bestanden und es keine Türen vor den Räumen gab, sondern Gitter.

In einen dieser Räume warf man mich hinein. Dann entfernte sich einer der Bewaffneten, während sich der andere vor der Gittertür aufstellte. In der Zelle befand sich auch ein Bett, aber ich zog es vor, mich auf dem Steinboden niederzulegen. Mit geschlossenen Augen dachte ich nach.

Wieder einmal hatte ich versagt, aber ich würde in meinem Bemühen, die Kristalle zurückzuholen, nicht nachlassen, bis meine Seele meinen Körper verlassen hatte, und nichts würde mich abhalten können. Mit dem neuen Licht würde ich wieder vor Galiose stehen und von ihm die Kristalle zurückfordern oder an ihrer Stelle sein Leben. Wenn die Kristalle befreit waren, würden vielleicht auch meine Hosta befreit werden, um wieder ein Leben in Freiheit zu führen. Mit diesen Gedanken wartete ich auf den Morgen.

18

Phanisar – und die Erzählung eines Narren

Das Geräusch von Schritten auf dem Gang weckte mich. Die meisten Stunden der Nacht hatte ich geschlafen, wobei das quälende Hungergefühl langsam nachgelassen hatte. Unsicher erhob ich mich, bereit zur Konfrontation mit Galiose. Er wurde von Telion und Ceralt begleitet, sowie von zwei weiteren Bewaffneten, die mich amüsiert musterten. Ceralts Augen waren voller Betrübnis, so daß ich wegsehen mußte. »Ich bin wenig überrascht, sie wieder im Palast anzutreffen«, sagte Galiose, »denn mit Sicherheit wurde sie von Sigurr dem Schrecklichen gesandt, um mich für meine Sünden zu bestrafen. Wie folgsam sie doch geworden ist, Jäger!« Ceralt blieb stumm, doch sein Gesicht verfinsterte sich. »Die Kristalle der Mida müssen aus ihrer Gefangenschaft befreit werden«, sagte ich zu Galiose. »Weder sie noch die Kriegerinnen der Hosta dürfen unter der Knechtschaft der Männer aus der Stadt bleiben, das verlangt Mida!« »Ach, tatsächlich?« entgegnete Galiose. »Mich würde interessieren, wie diese Botschaft dich erreichte, mit der ich nicht unbedingt übereinstimme.«

»Sie müssen alle wieder freikommen!« antwortete ich heftig. »Sollte Euch dies nicht passen, so bin ich bereit, Euch mit dem Schwert in der Hand gegenüberzutreten, damit es geschieht, wenn Ihr gefallen seid.«

»Wenn ich gefallen bin?« brüllte Galiose aufgebracht. »Du verdienst wahrhaftig eine Lektion in guten Manieren, Weib! Ich bin ein Krieger mit dem Stolz eines Kriegers, und lasse mich nicht gerne verhöhnen! Solltest du mir jemals mit dem Schwert in der Hand gegenüberstehen, dann wirst du schnell lernen, wessen Schicksal es sein wird, zu fallen.« »Also nehmt Ihr meine Herausforderung an?« fragte ich, zum Entsetzen von Telion und Ceralt. »Dem Gewinner gehört alles, Hosta und Kristalle.«

»Nein!« riefen die beiden wie aus einem Mund, ehe Galiose antworten konnte. Er schien darüber genauso verärgert zu sein wie ich.

»Es darf keinen Kampf geben«, sagte Ceralt eindringlich zu Galiose. »Das Weib wird bestraft werden, dessen könnt Ihr sicher sein, aber einen Kampf darf es nicht geben.« »Jalav redet mit Galiose«, sagte ich. »Darf er nicht selber antworten?«

»Er wird deine Herausforderung nicht annehmen«, sagte Telion, wieder Galiose zuvorkommend. »Du wirst keine Waffe in die Hand bekommen, aber wenn du mir gehörtest, eine ordentliche Tracht Prügel.«

»Hat nun jeder gesagt, was er sagen wollte?« fragte Galiose freundlich. »Wünscht niemand mehr, mir meine schwierigen Entscheidungen abzunehmen?« Telion und Ceralt erröteten und wollten wieder das Wort ergreifen, aber Galiose gebot ihnen mit erhobener Hand zu schweigen. »Genug!« sagte er. »Jalav hat sich an mich gewandt, und ich werde ihr antworten.« Mit einem Lächeln wandte er sich an mich und sagte liebenswürdig: »Liebliche Jalav, ein Krieger wird sein Schwert niemals gegen eine Frau erheben, und sei es selbst eine so außergewöhnliche Frau wie du. Deshalb werden die Hosta und die Kristalle in der ›Knechtschaft der Männer aus der Stadt‹ bleiben, und du wirst daran nichts ändern können. Aber«, fuhr er fort, und sein Ton war nicht mehr so liebenswürdig, »es gibt noch etwas für dich zu tun. Du wirst deinen Weibern erklären, daß sie sofort mit ihrem unmöglichen Benehmen aufzuhören haben!«

Ich wußte nicht, was er meinte, und auch Ceralt und Telion blickten erstaunt. »Was ist passiert?« fragte Telion. »Hat es Schwierigkeiten gegeben?«

»Das kann man wohl sagen«, entgegnete Galiose verärgert. »Ihr habt sicher von der Ausgangssperre gehört, die gegen die Weiber verhängt wurde?« Telion und Ceralt nickten, und die Bewaffneten hinter ihnen bemühten sich, ein Grinsen zu verbergen.»Es gibt einen guten Grund für eine solche Ausgangssperre«, fuhr Galiose fort und sah mich eindringlich an. »Kleine Gruppen ihrer Weiber haben sich in der Dunkelheit zusammengetan, und am nächsten Morgen mußten manche Männer unserer Stadt feststellen, daß sie von ihnen – hm – überredet worden waren, ihnen zu... Gefallen zu sein. Aber diese Ausgangssperre hat sie lediglich dazu gebracht, sich noch besser in den Schatten der Nacht zu verbergen, und wir waren bis jetzt nicht in der Lage, die Schuldigen herauszufinden. Jalav, als ihre Anführerin, muß diesem Treiben Einhalt gebieten, oder sie wird stellvertretend für alle bestraft.«

»Das könnt Ihr nicht tun«, protestierte Ceralt. »Mein Weib ist an diesem Treiben nicht beteiligt, sondern hat sich immer bei mir befunden.«

»Das haben die anderen auch erklärt«, erwiderte Galiose erzürnt. »Alle sind sie bereit, einen Eid darauf zu schwören, daß ihr Weib unschuldig ist. Mich interessiert es nicht, wer es wirklich getan hat, ich will, daß die Sache ein Ende findet! Jalav soll mit ihren Weibern sprechen, damit sie aufhören, oder sie wird selbst zu leiden haben.«

»Jalav wird nichts dergleichen tun«, entgegnete ich. »Man hat mir meine Kriegerinnen weggenommen, damit sie den Bedürfnissen der Männer in der Stadt dienen, nun können die Männer auf sich selbst achten. Wie käme ich dazu, den Dieben der Kristalle der Mida einen Dienst zu erweisen?« »Du wagst es, mich einen Dieb zu nennen?« brüllte Galiose, außer sich vor Zorn. Er packte das Gitter meiner Zelle und rüttelte daran, als wolle er es aus den Angeln heben. Telion schloß verstört seine Augen. Ceralt wagte ich gar nicht erst anzusehen, denn ich wollte Galiose noch mehr in Zorn bringen, und seine Gegenwart störte mich.

»Jawohl, gestohlen habt ihr die Kristalle – und die Freiheit der Hosta«, entgegnete ich. »Sollte Euch diese Anschuldigung zu tief treffen, so findet Ihr vielleicht den Mut, meine Herausforderung anzunehmen. Was meint Ihr dazu, ehrenwerter Krieger?«

Galiose suchte vergeblich nach Worten und sah mich mit zornerfüllten Augen an. Dann wandte er sich um und ging wortlos fort. Telion folgte ihm auf dem Fuß. Ich war sehr enttäuscht, daß meine Herausforderung nicht angenommen worden war, und umklammerte zornig das Gitter.

Ceralt umfaßte mein Handgelenk und zischte: »Wenn du noch ein Wort sagst, werde ich dich eigenhändig knebeln! Du wirst nicht mit Galiose kämpfen, selbst wenn er es will, denn du gehörst mir, und ich werde es nicht erlauben. Hast du mich verstanden?«