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Natürlich hatte ich ihn verstanden. Ich senkte meinen Blick und streichelte seine Hand. Er erweckte so seltsame Gefühle in mir, daß ich seinen Blick nicht ertragen konnte, aber auch die Berührung seiner Hand ging mir durch und durch. Er zitterte leicht und packte mich noch fester. »Jalav«, flüsterte er rauh, »ich hatte geglaubt, du hättest mich endgültig verlassen. Warum bist du fortgegangen, und was tust du hier?« »Ich muß die Kristalle der Mida zurückholen«, flüsterte ich zurück. »Ceralt darf sich nicht um Jalav kümmern, denn Jalav muß Midas Befehlen gehorchen und darf keinem Mann gehören. Fast wünschte ich, es wäre nicht so.« »Es muß nicht so sein«, sagte er und zog mich durch die Stäbe hindurch an sich. »Es gibt nichts, was du tun kannst, um wieder in den Besitz der Kristalle zu gelangen, und die Hosta gehören nun den Männern von Ranistard. Du gehörst mir, Jalav, und wirst mir immer gehören, selbst wenn du tausendmal von mir wegläufst!«

»Das darf nicht sein«, seufzte ich, »denn Mida verlangt die Rückgabe ihrer Kristalle. Darf ich... darf ich mein Amulett von dir zurückhaben, wenn ich gegen Galiose kämpfe?« »Nein!« rief er, und meine Hand schmerzte unter seinem Griff. Ich seufzte noch einmal, denn ich hatte die Hoffnung gehabt, daß meine Seele doch nicht verloren sein würde, aber Ceralt handelte noch immer nach dem Willen von Mida. Meine Seele war der Preis für mein früheres Versagen, und nichts konnte dies ändern. »Nein!» rief Ceralt erneut und schüttelte mich. »Du wirst nicht gegen Galiose kämpfen, und deswegen brauchst du auch dein Stückchen Holz nicht zurück. Sprich nicht wieder davon!«

In diesem Moment kehrten Telion und Galiose zurück. Galiose lächelte leicht, als er sah, daß Ceralt mich festhielt, und sagte: »Wir müssen deine Aufmerksamkeit auf andere Dinge als einen Kampf lenken. Vielleicht können dich einige Worte mit Phanisar davon überzeugen, daß die Kristalle nicht den Hosta zurückgegeben werden können. Wächter, schließ auf!« Ceralt und ich gingen auseinander, und der Wächter ließ mich hinaus. Wir gingen den Weg zurück, den ich in der vergangenen Nacht gekommen war, die beiden Bewaffneten hinter mir, was ich mit Freude bemerkte, denn notfalls würde es ein leichtes sein, mich ihrer Waffen zu bemächtigen. Wir betraten einen Raum, der ganz mit blauer Seide ausgekleidet war. Aus einem Sitz erhob sich der Alte, der mich in der vergangenen Nacht hatte gefangennehmen lassen, und verbeugte sich grüßend. Neben seinem Sitz bemerkte ich einen Stapel Leder und Tücher. Das Leder zeigte schwarze Streifen. Zu meiner Enttäuschung verließen die Bewaffneten den Raum und verschlossen die Tür sorgfältig. »Jalav, das ist Phanisar«, sagte Galiose und deutete auf den alten Mann. »Ich glaube, daß ihr euch bereits kennengelernt habt, wenn auch nicht so förmlich.«

»Das stimmt«, entgegnete Phanisar. Seine rechte Hand war mit einem weißen Tuch verbunden, und er bewegte sie sehr behutsam. »Jalav und ich haben uns bereits kennengelernt, doch war meine Bekanntschaft mit ihren Zähnen weitaus enger. Ich hoffe, daß sich dies nicht wiederholt!« Die Männer lachten, und Ceralt schüttelte mich. »Ich werde auf ihr Benehmen achtgeben«, sagte er, »aber ich kann Euch nachfühlen, denn ihre Zähne sind fast so scharf wie ihre Zunge.«

»Vielleicht können wir ihre Schärfe etwas mildern«, sagte Galiose. »Laßt uns Platz nehmen, dann kann Phanisar die Anführerin der Hosta über die wahre Natur der Kristalle aufklären. «

Wir ließen uns alle auf den herumstehenden Sitzen, die mit blauer Seide bespannt waren, nieder, dann deutete Phanisar auf den Stapel Leder und Tücher und sagte: »Dies, Jalav, ist ein Schriftstück aus früheren Zeiten, von denen, die das verlorengegangene Wissen besaßen, mit den Göttern selbst sprechen zu können. In dem Schriftstück wird von dem Gerät gesprochen, das du gesehen hast, und von den Kristallen, die dazu gehören. «

So ernst sagte er dies, daß ich auf den Unsinn, den er da erzählte, nichts entgegnete. Jedermann wußte doch, daß Wissen nicht verlorengehen konnte, weil es von der Mutter auf die Tochter überliefert wurde, und daß Leder und Tücher keine Zunge haben, um damit zu sprechen. Sein Alter hatte diesen Phanisar zu einem Narren gemacht, und eine Kriegerin konnte ihn nur mit Nachsicht behandeln.

Phanisar ahnte wohl, was ich dachte. Er lächelte und fuhr fort: »Mit Hilfe des Gerätes, Jalav, kann man tatsächlich mit den Göttern sprechen, um ihnen die Fragen zu stellen, die die Menschen nicht beantworten können. Vor langen, langen Jahren, als noch nicht einmal der Vater meines Vaters lebte, wurden die Kristalle aus dem Gerät gestohlen, so daß die Menschen nicht mehr in der Lage waren, mit den Göttern zu reden, denn die Kristalle verfügten in sich über eine Kraft, ohne die das Gerät nutzlos ist. Aus irgendeinem Grund wirkt diese Kraft schmerzlich auf Frauen, während sie Männer verschont. «

»Die Kristalle gehören Mida«, sagte ich, »und wurden von ihr den Midanna übergeben, um sie zu behüten, bis zu der Zeit, da sie sie zurückhaben will. Männer haben nichts mit ihnen zu schaffen.«

»Männer haben doch etwas mit ihnen zu schaffen«, erwiderte Phanisar mit einem lächeln. »Es ist die Aufgabe der Männer, mit den Göttern zu sprechen, und diese Aufgabe wird bald erfüllt werden. Zwei der Kristalle sind bereits in unserer Gewalt, und es wird nur eine Frage der Zeit sein, wann wir auch den dritten hierhaben. Wir wollen das Gerät nicht ohne ihn benutzen, um unseren Frauen unnötige Qualen zu ersparen. Sage mir, mein Kind, welches Gefühl hattest du, als Vistren es in deiner Gegenwart in Gang setzte?«

Ich vergegenwärtigte mir die Todesangst und die stechenden Schmerzen, die ich empfunden hatte, aber entgegnete nur: »Der Schmerz war groß, größer als der, den Männer sonst Frauen antun, deshalb war es weise von Mida, ihnen die Kristalle wegzunehmen, und ich hoffe, daß dies so bleibt.« »Wir bedauern deine Qualen, liebliche Jalav«, warf Galiose ein, »doch müssen die Kristalle im Besitz der Männer bleiben. Ich werde sie so streng bewachen lassen, daß sie diesmal nicht mehr in die Hände der Frauen fallen.«

Unbewaffnet würden die Midanna also nie wieder in den Besitz der Kristalle gelangen, überlegte ich. Also müßten sie sich, wie auch immer, wieder bewaffnen.

»Sage mir«, fragte mich Phanisar erneut, »wie schnell der Schmerz dich verließ, nachdem das Gerät nicht mehr arbeitete. Verschwand er sofort, blieb er noch lange Zeit, ging er und kam wieder? Erzähle mir alles, an das du dich erinnerst.« Ich konnte mir nicht vorstellen, wieso ihn das interessierte, aber achselzuckend kam ich seinem Wunsch nach. »Der Schmerz verließ mich und meine Kriegerinnen bald, aber sein Echo spürten wir noch lange. Einige von uns verloren das neue Leben, das sie trugen.«

Eine Bewegung ging durch die Männer. »Das neue Leben, sagst du?« fragte Phanisar überrascht.

Telion griff nach meinem Arm und fragte mühsam: »Welche von den Kriegerinnen trug ein Kind? Kenne... ich eine davon?«

»Telion kennt die meisten«, entgegnete ich verwundert. »Die meisten empfingen seinen Samen im Männerzelt der Hosta. Andere haben sich von Ceralts Jägern befruchten lassen. Fayan verlor das Leben, das Nidisar ihr spendete, und auch Larid hat das verloren, was sie trug. Andere...« Meine Rede wurde abrupt dadurch unterbrochen, daß Telion und auch andere Männer mit traurigen Augen den Raum verließen. Ich verstand nicht, wie der Verlust neuen Lebens für die Hosta sie so traurig machen konnte. »Und Jalav«, fragte mich Ceralt tonlos. »War nichts in Jalav, was sie verlieren konnte?«

»Jalav ist die Anführerin der Hosta«, erklärte ich ihm. »Eine Anführerin darf kein neues Leben in sich tragen, deshalb kaut sie die Blätter des Dablabusches.«

Ceralt sah Phanisar an, der nachdenklich sagte: »Des Dablabusches ... Ich habe darüber gelesen, aber auch, daß es ein Gegenmittel gibt. Sorge dich nicht, mein Sohn, ich werde mich darum kümmern.«