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Dr. Fernando Albez war sich noch unschlüssig, was er beginnen sollte, als Kommissar Antonio de Selvano und Primo Galbez die Nachforschungen nach Konsul Manolda einstellten und auch die Verhöre ergebnislos abbrachen. Daß man ihn verdächtigte und seine Jacht Anita durchsuchte, empfand er zuerst lächerlich, doch dann begann ihm zu dämmern, daß man ihn als den Mittelpunkt irgendeines Ereignisses oder einer Tatsache betrachtete, die ihm selbst völlig unbekannt war. Die Durchsuchung seiner Felsenvilla, die Gegenüberstellung mit der schrecklich verkohlten und unkenntlichen Leiche eines ihm fremden Mannes, die Kontrollierung seines Obstgeschäftes und die im Polizeipräsidium arangierte Begegnung, mit dem ihm unbekannten Direktor Bonheas erschienen ihm heute bei nüchterner Überlegung als Teile eines präzisen Planes, der sich um seine völlig außenstehende Person drehte.

Dr. Albez mußte trotz des Ernstes der Sache lächeln.

Verdächtigte man ihn des Mordes an Konsul Manolda?

Wer sagt denn überhaupt daß Manolda ermordet wurde?! Hat er nicht vor einigen Tagen noch in Teneriffa 3000 Kisten Bananen gekauft? Die Aussage des Kaufherrn Baron v. Pottlach war doch klar und eindeutig. Und zudem waren die Kisten auch bereits geliefert worden!

Baron v. Pottlach! War das nicht der Mann, der nach Manoldas Geschäftsplan einmal den Einkauf auf dem afrikanischen Markt übernehmen sollte?! Vielleicht wußte er mehr über das Verschwinden Manoldas?! Vielleicht auch bereiste Manolda in einer plötzlichen Eingebung den afrikanischen Markt und schrieb nicht, um die Konkurrenz nicht aufmerksam zu machen?!

Dr. Albez stand an dem großen Fenster seines Arbeitszimmers und blickte hinaus auf das weite schillernde Meer. Die Schaumkronen der gebrochenen Wellen tanzten um die Klippen.

»Man müßte nach Teneriffa fahren«, dachte Albez und lehnte sich an den Fenstervorsprung. »Damals bei Anita und Destilliano war ich wie von Sinnen und tobte wie ein Irrer ... das war ein Fehler, und die Spuren verwischten sich. Aber jetzt will ich ihnen nachfahren ... und wenn es rund um die Welt ist ...

Irgendwie, das fühle ich, hängt das alles miteinander zusammen!«

Fernando Albez war kein Mann, der einen Entschluß lange zögernd überdenkt. Mit festem Griff nahm er den Telefonhörer von der Gabel, wählte eine Nummer und wartete, am Fenster stehend, bis sich eine Stimme meldete.

»Hier Jose Biancodero«, sagte er laut und selbstbewußt. »Ist dort Kommissar Selvano?«

»Ja. Am Apparat.«

»Sehr gut. Herr Kommissar - ich möchte verreisen. Ich bitte Sie um Auskunft, ob ich morgen ungehindert fahren kann oder noch unter Kontrolle stehe.«

»Kontrolle?« Die Stimme des Kommissars klang gedehnt und äußerst erstaunt. »Sie sind nie kontrolliert worden, Senor Biancodero. Wir würden uns nie erlauben, in Ihr Privatleben einzugreifen.«

»Merkwürdig.« Dr. Albez schüttelte den Kopf. »Seit fünf Tagen beobachte ich und meine Bediensteten, daß unser Felsen von mindestens fünf bis sieben Mann Tag und Nacht regelrecht bewacht wird. Gestern stöberte mein Gärtner in der Hecke sogar einen Bauern auf, der sich in meinem Garten verlaufen hatte!« Deutlich und voll Ironie betonte Albez das Wort »verlaufen«. Um die Wirkung noch zu verstärken, legte er eine kurze Sprechpause ein. Dann fuhr er fort: »Sollten Sie denn wirklich nichts wissen, Kommissar?!« fragte er.

Die Stimme Selvanos war erregt, als er jetzt antwortete.

»Was Sie da sagen, ist ungeheuer interessant«, rief er. »Primo Galbez sagt mir eben, daß er keine Bewachung von Cintra angeordnet hat. Die Leute, die Sie dennoch beobachten, können nur aus jenen Kreisen stammen, die mit dem rätselhaften Verschwinden Konsul Manoldas zusammenhängen. Seien Sie äußerst vorsichtig, Senor Biancodero - verlassen Sie Ihr Haus nicht mehr nach Anbruch der Dunkelheit, und vor allem nie allein! Die Beobachtung Ihrer Person beweist mir, daß an Konsul Manolda ein Verbrechen begangen worden ist! Ich werde sofort mit einigen Leuten zu Ihnen hinauskommen und versuchen, einige dieser Vögel zu fangen!« Die Stimme Selvanos brach ab, ein eiliges, unverständliches Flüstern tönte durch die Leitung. Dann war Selvanos Stimme wieder da und fragte: »Kann man auch vom Meer aus auf Ihren Felsen?«

»Schlecht. Der einfachste Weg ist der normale über die Straße.«

»Gibt es denn noch einen komplizierten Weg?« fragte Selvano gespannt.

»Ja. Er führt von Azenhas do Mar aus die Küste entlang und endet in einem steilen Fußpfad, der in einer tunnelartigen Höhle mündet. Diese vom Meere ausgewaschene Höhle geht man quer durch und kommt durch ein halb mannsgroßes Felsenloch auf ein Plateau, von dem ein schmaler Felssteig über die Klippen rund um den Felsen bis zu meiner Gartenhecke führt. Eine tolle Kletterei!«

»Und man kann den Weg auch des Nachts begehen?«

»Wohl kaum! Es kommt auf jeden Schritt an. Ein Fehltritt -und man saust in das klippenreiche Meer und die kochende Brandung. Man müßte schon ganz sicher sein, um diesen Weg des Nachts zu gehen.«

»Trotzdem. Primo Galbez wagt es. Er wird morgen nacht über den Felsenpfad mit drei Beamten eintreffen. Verstehen Sie, wir möchten von Ihren Bewachern nicht gesehen werden. Nur so wird es uns möglich sein, einen wirksamen Gegenzug zu unternehmen.«

Dr. Albez hatte mit Spannung zugehört, doch jetzt schüttelte er den Kopf.

»Ihre Beamten sind mir willkommen«, sagte er. »Sie sollen ein gastfreies Haus vorfinden - und Glück wünsche ich ihnen auch. Aber mich, lieber Kommissar, müssen Sie entschuldigen.

Ich muß dringend in geschäftlichen Dingen verreisen. Darum rief ich auch bei Ihnen an. Vor allem möchte ich Sie bitten, meine Jacht wieder freizugeben.«

Vom anderen Ende der Leitung tönte wieder das undeutliche Flüstern. Endlich antwortete Kommissar Selvano mit einer Frage:

»Sie wollen über See verreisen, Senor?«

»Ja.«

»Und gerade jetzt, wo Sie von Unbekannten bewacht werden und uns eine Spur geben?!«

»Gerade jetzt! Ich will nach Teneriffa!«

»Ach! Nach Teneriffa!«

»Ja. Zu dem Kaufherrn Baron v. Pottlach. Er hat Konsul Manolda zuletzt gesehen. Von dort aus hoffe ich, vielleicht eine Spur zu finden. Das Verschwinden meines Kompagnons fällt mir jetzt langsam selbst auf die Nerven!«

»Endlich!« stöhnte Selvano ehrlich. Dr. Albez mußte lächeln.

»Ja, endlich! Ich erinnere mich, daß Manolda vor kurzem sagte, er müßte einmal den afrikanischen Markt bereisen und dort die Konkurrenz herausboxen. Daß dies aber so plötzlich und ohne Benachrichtigung geschehen sein sollte, will mir nicht in den Sinn. Immerhin deutete Manoldas erwähnte Reise nach Teneriffa und Weiterfahrt nach Las Palmas nach unserem Auslieferungslager an, daß er eine geschäftliche Aktion plante. Und das will ich eben an Ort und Stelle nachprüfen!«

»Er ist aber in Las Palmas nicht angekommen!«

»Das ist es ja, was mich stutzig macht! Irgendwie muß er plötzlich durch ein Ereignis seinen Plan geändert haben und ist von Teneriffa aus direkt aufs afrikanische Festland gefahren. Oder - was wir nicht hoffen wollen - die wachsende Konkurrenz, die jetzt auch mich beobachtet, hat ihn auf See zu beseitigen gewußt! Das eben will ich nachforschen! Aber dazu brauche ich meine Jacht Anita!«

Eine kurze Weile war es still in der Leitung. Selvano schien zu denken.

»Haben Sie sich die verbrannte Leiche in dem Auto genau angesehen?« fragte er plötzlich.

»Ja.« Erstaunt nickte Dr. Albez am Telefon. Was soll denn das nun wieder, dachte er.

»Und Sie kennen den Mann nicht?«

»Nein!«

»Ist es nicht möglich, daß der unkenntliche Tote Konsul Manolda ist?«

Dr. Albez prallte zurück. Blitzschnell rief er sich das Bild der verkohlten Gestalt in die Erinnerung zurück, den zerschellten Wagen und die angetroffene Situation. Er schüttelte heftig den Kopf.