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Seine Anwesenheit war für die Flugmanöver nicht erforderlich. Er hatte daher keinen Dienst zu tun. Programmäßig fiel das Schiff im vorgeschriebenen Grenzbereich aus dem Warpraum und kehrte einhunderttausend Kilometer vor der Erde ins normale Kontinuum zurück. Bunte Lichter leuchteten auf der Kommunikationsanlage auf, als das Schiff von der nächsten Verkehrsstation angerufen wurde. Muller instruierte das Schiff, den Anweisungen der Station zu folgen.

„Passen Sie Ihre Geschwindigkeit der unseren an, Mr. Muller“, erklärte der Kontrollbeamte in der Station, „und wir schicken Ihnen einen Lotsenpiloten an Bord, der Sie zur Erde bringt.“

Das Schiff bremste ab. Die kupferfarbene Kugel der Verkehrsstation kam in Sicht. Eine Zeitlang schwebte sie vor dem Schiff, bis dieses längsseits gekommen war.

„Wir haben eine Übertragung von der Erde für Sie“, sagte der Kontrollbeamte. „Charles Boardman will Sie sprechen.“

„Senden Sie“, sagte Muller.

Boardmans Gesicht füllte den Bildschirm aus. Er wirkte gepflegt und frisch verjüngt, sah gesund und ausgeruht aus. Boardman lächelte und streckte eine Handfläche vor. „Dick“, rief er. „Mann, ist das schön, Sie wiederzusehen!“

Muller aktivierte den Tastsensor und legte seine Handfläche auf den Schirm. Er spürte Boardmans Hand. „Hallo, Charles. Eins zu fünfundsechzig, was? Nun, da bin ich wieder.“

„Soll ich Marta Bescheid geben?“

„Marta“, sagte Muller leise und gab sich einen Moment seinen Gedanken hin. Ja, dieses aufregende Mädchen mit den blauen Haaren, dem eleganten Hüftschwung und den tollen Beinen. „Ja, benachrichtigen Sie Marta. Es wäre nett, wenn sie mich am Landeplatz abholt. Mädchenwürfel sind auf die Dauer auch nicht das Wahre.“

Boardman brach in Gelächter aus, als wolle er sagen, du sprichst ein wahres Wort gelassen aus, mein Junge. Dann wurde er schlagartig wieder ernst und fragte: „Wie ist es denn gegangen?“

„Miserabel.“

„Haben Sie denn Kontakt herstellen können?“

„Ich habe die Hydrier gefunden, und sie haben mich nicht umgebracht.“

„Haben sie sich feindselig benommen?“

„Sie haben mich nicht umgebracht.“

„Ja, aber…“

„Ich lebe, Charles.“ Muller spürte, wie das Zucken in sein Gesicht zurückkehrte. „Ich habe ihre Sprache nicht erlernen können. Ich weiß nicht, ob ich einen guten Eindruck auf sie gemacht habe. Sie schienen ein gewisses Interesse zu haben, denn sie studierten mich lange und gründlich. Aber sie haben kein Wort gesagt.“

„Was sind sie denn, Telepathen?“

„Das weiß ich nicht, Charles.“

Boardman schwieg einen Moment lang. Dann: „Was haben sie mit Ihnen angestellt, Dick?“

„Nichts.“

„Das stimmt nicht.“

„Was Sie sehen, stammt von den Anstrengungen der Reise“, erklärte Muller. „Ich bin in guter Verfassung, höchstens ein wenig nervlich überbelastet. Ich möchte endlich wieder frische Luft atmen, richtiges Bier trinken, echtes Fleisch essen. Und ich möchte jemanden in meinem Bett haben. Danach werde ich wieder hundertprozentig der alte sein. Vielleicht kann ich dann ein paar interessante Vorschläge machen, wie eine Kontaktaufnahme mit den Hydriern vonstatten gehen sollte.“

„Wie ist der Empfang bei Ihnen, Dick?“

„Wie bitte?“

„Sie kommen viel zu laut hier an“, sagte Boardman.

„Das liegt doch wohl an der Relaisstation. Herr im Himmel, Charles, was hat denn der Empfang mit uns zu tun?“

„Ich weiß es nicht so recht“, antwortete Boardman. „Ich versuche nur festzustellen, warum Sie mich anbrüllen.“

„Ich brülle nicht“, schrie Muller.

Kurz danach brachen sie das Gespräch ab. Muller erhielt von der Verkehrsstation die Nachricht, daß sie bereit seien, den Piloten hinüberzuschicken. Muller öffnete die Luke und ließ den Lotsen herein. Er war ein strohblonder, sehr junger Mann mit vogelartigen Zügen und einer blassen Gesichtsfarbe. Sobald er den Helm abgenommen hatte, sagte er: „Ich heiße Les Christiansen, Mr. Muller, und ich möchte Ihnen sagen, daß ich es als außerordentliche Ehre und besonderes Privileg für mich betrachte, der Lotse für den ersten Menschen zu sein, der eine außerirdische Spezies besucht hat. Ich hoffe, ich verletze nicht die Sicherheitsbestimmungen, wenn ich Sie bitte, mir während des Flugs ein bißchen mehr über die Sache zu erzählen. Ich meine, das ist doch ein historischer Moment, ich als erster, der Ihnen nach Ihrer Rückkehr leibhaftig gegenübertreten darf. Und wenn das nicht zu aufdringlich klingt, würde ich Ihnen sehr dankbar sein, wenn Sie mir etwas von den Höhepunkten… Ihrer… von… den…“

„Ich denke schon, daß ich Ihnen ein wenig berichten darf“, sagte Muller leutselig. „Also, zuallererst: Haben Sie den Würfel von den Hydriern gesehen? Ich meine, er sollte öffentlich vorgeführt werden und…“

„Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich mich einen Moment hinsetze, Mr. Muller?“

„Tun Sie sich keinen Zwang an. Sie haben sie also gesehen, die großen, spindeldürren Wesen mit den vielen Armen…?“

„Ich fühle mich auf einmal so benebelt“, sagte Christiansen. „Ich weiß gar nicht, was mit mir los ist.“ Sein Gesicht war auf einmal krebsrot angelaufen. Schweißperlen glitzerten auf seiner Stirn. „Ich glaube, ich werde krank. Ich… wissen Sie, das dürfte eigentlich nicht vorkommen…“ Der Lotse taumelte und fiel in einen Netzschaumsessel. Er kauerte dort wie ein Seekranker und bedeckte das Gesicht mit den Händen. Muller, dessen Stimme vom langen Schweigen während seiner Mission immer noch rauh und heiser klang, stand hilflos daneben. Endlich packte er den Jungen am Ellenbogen und führte ihn in die medizinische Abteilung. Christiansen fuhr vor ihm zurück, als ob ihn glühendes Metall berührt hätte. Durch die Ruckartigkeit seiner Bewegung verlor er die Balance und stürzte kopfüber zu Boden. Er rappelte sich auf die Knie hoch und kroch so weit von Muller weg, wie das nur eben möglich war. Mit erstickter Stimme fragte er: „Wo ist sie?“

„Diese Tür dort.“

Christiansen stürzte mit überraschender Eile auf sie zu, schloß hinter sich ab und rüttelte noch einmal an der Tür, um sicherzugehen, daß sie auch wirklich verschlossen war. Zu seiner großen Überraschung hörte Muller würgende Geräusche und dann etwas, was wie trockenes Schluchzen klang. Er wollte gerade die Verkehrsstation davon verständigen, daß der Lotse erkrankt sei, als die Tür sich einen Spalt öffnete und Christiansen mit schwacher Stimme sagte: „Könnten Sie mir bitte meinen Helm reichen, Mr. Muller?“

Muller kam der Bitte nach.

„Ich kehre am besten zur Station zurück, Mr. Muller.“

„Es tut mir leid, daß es zu so etwas kommen mußte. Lieber Gott, ich hoffe nur, ich habe keine ansteckende Krankheit mitgebracht.“

„Ich… ich bin nicht krank. Ich fühle mich einfach… einfach elend.“ Christiansen befestigte rasch den Helm an der Halswinde. „Es ist mir ein Rätsel, am liebsten würde ich mich irgendwo verkriechen und drauflosheulen. Bitte, lassen Sie mich gehen, Mr. Muller. Es… ich… das geht… ich kann es nicht länger aushalten. Ja, genauso geht es mir!“ Er rannte zur Luke. Bestürzt sah Muller zu, wie er den leeren Raum zur nahen Verkehrsstation durchquerte.

Muller trat an das Funkgerät. „Senden Sie mir keinen zweiten Piloten“, erklärte er dem Kontrollbeamten. „Christiansen brach sofort hilflos zusammen, als er den Helm abnahm. Möglicherweise habe ich einen Krankheitserreger eingeschleppt. Wir wollen uns lieber vergewissern.“