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„Ist hier alles in Ordnung?“

„Mehr oder weniger. Wir haben vor etwa einer Stunde Petrocelli verloren.“

Rawlins erstarrte. „Aber es hieß doch, diese Zone sei ungefährlich!“

„Anscheinend nicht. Sie ist tückischer als F und fast so schlimm wie G. Wir haben sie unterschätzt, nachdem wir die Drohnen hindurchgejagt haben. Es gibt ja eigentlich auch keinen vernünftigen Grund, warum die inneren Zonen sicherer sein müssen als die äußeren, oder? Ich möchte behaupten, diese hier ist eine der schlimmsten.“

„Um uns einzulullen“, sagte Ned, „um uns ein falsches Gefühl der Sicherheit zu geben.“

„Da sagen Sie etwas, Mann. Kommen Sie nun. Folgen Sie mir, und strengen Sie Ihren Gehirnkasten nicht allzusehr an. Es geht hier nicht um Witz oder Esprit. Sie bleiben schön auf dem einzigen sicheren Weg, oder Sie haben alles hinter sich.“

Rawlins folgte ihm. Er konnte nirgends eine Gefahr erkennen, aber er sprang dort, wo Walker sprang, und machte dort einen Umweg, wo Walker einen machte. Nicht weit entfernt befand sich das innere Camp. Er stieß dort auf Davis, Ottavio und Reynolds; und auch auf die obere Hälfte von Petrocelli. „Wir warten noch auf die Anweisung, ihn zu bestatten“, erklärte Ottavio. Unterhalb der Gürtellinie war von Petrocelli nichts mehr übrig. „Ich wette, Hosteen ordnet an, ihn hinaufzuschaffen.“

„Decken Sie ihn doch wenigstens zu“, sagte Rawlins.

„Sie wollen also heute noch in die Zone D?“ fragte Walker.

„Ich denke schon.“

„Gut, dann sagen wir Ihnen, worauf Sie zu achten haben. Da gibt es nämlich etwas Neues. Dort, wo es Petrocelli erwischt hat, knapp hinter dem Eingang zu D, vielleicht fünf Meter weiter innen. Man tritt auf irgendeine Platte, und schon wird man in der Mitte durchgeschnitten. Die Drohnen haben offensichtlich den Mechanismus nicht ausgelöst.“

„Oder es schneidet alles entzwei, was darauf tritt, bis auf Drohnen“, meinte Rawlins.

„Muller hat es auch nichts getan“, sagte Walker. „Aber Ihnen wird nichts geschehen, wenn Sie es umgehen. Wir zeigen es Ihnen.“

„Und was liegt dahinter?“

„Das müssen Sie schon selbst herausfinden.“

23

„Wenn Sie müde sind“, sagte Boardman, „dann bleiben Sie die Nacht über im Camp.“

„Ich möchte lieber weiter.“

„Sie sind dann ganz auf sich allein gestellt, Ned. Warum wollen Sie sich nicht vorher ausruhen?“

„Lassen Sie den Computer eine Untersuchung an mir vornehmen und feststellen, wo die Grenze meiner Belastbarkeit liegt. Ich bin jedenfalls zum Weitermarsch bereit.“

Boardman veranlaßte eine Diagnose. Mittels Telemetern wurde Rawlins durchgecheckt. Der Computer kannte seinen Puls, seinen Atemrhythmus, seinen Hormonspiegel und viele andere Werte. Die Datenbank sah keinen Grund, warum Rawlins seinen Weg nicht fortsetzen sollte.

„Also gut“, sagte Boardman, „dann los.“

„Ich stehe kurz davor, in Zone D zu gelangen, Charles. Das ist die Stelle, wo es Petrocelli erwischt hat. Ich kann die trügerische Fuge erkennen,…doch, sehr gut verborgen, kaum wahrzunehmen. Ich gehe jetzt um sie herum. So… Jaaa… Und schon bin ich in Zone D. Ich bleibe jetzt stehen und warte, bis weitere Anweisungen vom Computer kommen. Zone D wirkt etwas freundlicher als E. Die Durchquerung sollte nicht allzuviel Zeit in Anspruch nehmen.“

24

Die rotbraunen Flammen, die Zone C umgaben, waren nur optische Täuschungen.

25

Leise sagte Rawlins: „Sagt den Galaxien, daß ihr Schicksal in guten Händen liegt. Ich werde Muller in fünfzehn Minuten gefunden haben.“

Sieben

1

Muller war früher oft für längere Zeit allein. Bei der Unterzeichung seines ersten Ehevertrages hatte er auf der üblichen Unterbrechungsklausel bestanden. Lorayn hatte sich nicht dagegen gewehrt, weil sie wußte, daß seine Arbeit ihn gelegentlich an Orte führte, wohin sie ihn nicht begleiten konnte oder wollte. Während der acht Jahre dieser Ehe hatte er die Klausel dreimal in Anspruch genommen, für einen Zeitraum von insgesamt vier Jahren.

Als sie den Ehevertrag ohne Erneuerung hatten auslaufen lassen, hatte das eigentlich kaum an Mullers langer Abwesenheit gelegen. Er hatte in jenen Jahren gelernt, mit der Einsamkeit zurechtzukommen, und wußte, daß sie sogar positiv auf ihn wirkte. Wir entwickeln alles in der Einsamkeit, außer Charakter, hat Stendhal einmal geschrieben. Muller konnte nicht sagen, inwieweit das zutraf, aber sein Charakter war bereits ausgeformt, bevor er Aufträge angenommen hatte, die ihn zu leeren, gefährlichen Welten führten. Er hatte sich freiwillig für diese Aufträge gemeldet. In einem anderen Sinn hatte er sich auch freiwillig hier auf Lemnos eingeschlossen. Dieses Exil war schmerzlicher zu ertragen als die früheren, einsamen Missionen. Doch er fand sich auch hier zurecht. Seine eigene Anpassungsfähigkeit erstaunte und erschreckte ihn zugleich. Er hätte nicht gedacht, daß er so leicht auf Geselligkeit und Gemeinschaft verzichten konnte. Die Sache mit dem Sex war natürlich recht schwierig, aber auch nicht so unlösbar, wie er sich das vorher ausgemalt hatte. Und der Rest, Gespräche und Anregungen, ständig neue Gruppenerlebnisse, das Zusammentreffen unterschiedlicher Persönlichkeiten — der Mangel daran hatte hier für ihn bald schon kein Problem mehr dargestellt. Er hatte genug Kassetten mitgebracht, um sich zu zerstreuen, und die Gefahren, denen er hier im Labyrinth ständig ausweichen mußte, ließen schon keine Langeweile aufkommen. Und dann besaß er auch noch seine Erinnerungen.

Er konnte Erlebnisse auf hundert Welten in sein Gedächtnis zurückzurufen. Die Menschheit breitete sich nach überallhin aus. Pflanzte den Samen der Erde auf Kolonien unter tausend Sternen. Delta Pavonis VI zum Beispieclass="underline" zwanzig Lichtjahre von der Erde entfernt und mit Bewohnern, die sich immer mehr der Mutterwelt entfremdeten. Sie nannten ihre Welt Loki, was Muller als krasse Fehleinschätzung vorkommen wollte; denn der Sage nach war Loki gewandt, verschlagen und schmächtig von Gestalt. Die Siedler von Loki aber huldigten, nach fünfzigjähriger Isolation von der Erde, durch glucostatische Maßnahmen einem Fettleibigkeitskult. Muller hatte der Welt einen Besuch abgestattet, zehn Jahre vor seiner unglücklichen Mission auf Beta Hydri IV. Der Zweck dieser hatte hauptsächlich darin bestanden, Mißverständnisse und Versäumnisse auf einem Planeten auszuräumen, der den Kontakt zur Mutterwelt verloren hatte. Muller erinnerte sich an eine warme Welt, von der nur ein schmaler Streifen mit gemäßigten Temperaturen bewohnbar war. Und er erinnerte sich weiter: die Fahrt auf einem Schwarzen Fluß, vorbei an undurchdringbar dichtem, grünem Dschungel; Tiere mit Rubinaugen, die sich an sumpfigen Uferbänken drängten; endlich die Ankunft in einer Siedlung, wo schwitzende Buddhagestalten, die mehrere hundert Kilogramm wogen, starr und in Meditation versunken vor strohbedeckten Hütten saßen. Noch nie zuvor hatte er so viel Fleisch pro Kubikmeter gesehen. Die Lokiten beschäftigten sich hauptsächlich mit ihren am Körper angebrachten Glucose-Rezeptoren, um eine weitere Körperverfettung zu veranlassen. Eine sinnlose Beschäftigung, die in keiner Weise von irgendeinem Umweltproblem oder sonstigen Eigenarten der Welt herrührte. Es war bei ihnen einfach zur Mode geworden, dick und schwer zu sein. Muller erinnerte sich an Arme, die wie Oberschenkel aussahen, an Oberschenkel wie Säulen, an Bäuche von kolossalem Umfang.

Ihre Höflichkeit und Gastfreundlichkeit hatten ihnen geboten, dem Spion von der Erde eine ihrer Frauen anzubieten. Für Muller war es eine Lektion darüber gewesen, wie relativ kulturelle Werte sein können. Im Dorf lebten zwei oder drei Frauen, die, obwohl sicher nicht mit einer Mannequinfigur versehen, nach örtlichen Maßstäben als knochig und verkümmert angesehen wurden. Für Muller hingegen entsprachen sie gerade so eben noch seinen Vorstellungen von weiblicher Attraktivität. Aber die Lokiten überließen ihm keine von diesen Frauen, ihrer Ansicht nach bedauernswerte, unterentwickelte Geschöpfe, die gerade hundert Kilogramm auf die Waage brachten; denn es hätte einen unverzeihlichen Bruch der Sitten bedeutet, einem Gast eine kärgliche Bettgefährtin zu geben. Statt dessen „verwöhnten“ sie ihn mit einem blonden Koloß, der Brüste wie Kanonenkugeln und Hinterbacken wie Kontinente aus wabbeligem Fleisch besaß.