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Auf die bissige Bemerkung von Queen hin richtete sich der Pfarrer starr auf, blickte dem Inspektor für den Bruchteil einer Sekunde in die Augen und begann erneut, sich gegen die kräftigen Arme, die ihn umfaßt hielten, zur Wehr zu setzen. Er krümmte sich, spuckte und fluchte, wurde schließlich aber wieder ruhig und hielt den Atem an. Seine Raserei hatte noch andere Polizisten aufmerksam gemacht und in das Handgemenge einbezogen; gemeinsam hielten sie den Gefangenen auf dem Boden fest. Auf einmal wurde er schlapp und fiel zusammen wie ein angestochener Luftballon. Die Polizisten zogen ihn unsanft wieder auf seine Füße, wo er dann ruhig mit niedergeschlagenen Augen und dem Hut in den Händen stehenblieb. Ellery wandte sich um.

»Aber Pfarrer«, fuhr der Inspektor in seinem Tonfall fort, als wäre der Mann vor ihm ein störrisches Kind, das sich von einem Wutanfall ausruht, »du weißt doch, daß du mich mit so etwas nicht beeindrucken kannst! Erinnerst du dich nicht mehr an das letzte Mal, unten am Fluß?«

»Antworte, wenn du gefragt wirst!« knurrte ein

Uniformierter und stieß ihm in die Rippen.

»Ich weiß überhaupt nichts, und außerdem muß ich auch nichts sagen«, murmelte der Pfarrer vor sich hin und trat dabei von einem Bein auf das andere.

»Du überraschst mich, Pfarrer«, sagte Queen sanft. »Ich habe gar nicht danach gefragt, was du weißt.«

»Sie haben kein Recht, einen unschuldigen Menschen festzuhalten«, rief der Pfarrer empört. »Bin ich etwa weniger wert als alle anderen hier? Ich hab’ eine Eintrittskarte gekauft und dafür auch mit barer Münze bezahlt. Was soll dann das Ganze – mich daran zu hindern, nach Hause zu gehen!«

»So, so, du hast also eine Eintrittskarte gekauft?« fragte der Inspektor und wippte auf den Absätzen. »Also gut. Was hältst du davon, wenn du das, was davon übriggeblieben ist, herausholst und es Papa Queen einmal zeigst?«

Die Hand des Pfarrers fuhr automatisch und mit erstaunlicher Geschicklichkeit in die untere Westentasche. Sein Gesicht war blaß, als er langsam die Hand wieder ohne die Karte herauszog. Dann begann er mit dem Anschein von verbissenem Ärger, der den Inspektor schmunzeln ließ, alle anderen Taschen zu durchsuchen.

»Verdammt!« brummte der Pfarrer. »Wenn das kein verfluchtes Pech ist. Sonst bewahre ich meine Karten immer auf; und ausgerechnet heute abend geh’ ich hin und schmeiß’ sie weg. Tut mir leid, Inspektor!«

»Ist schon gut«, sagte Queen. Sein Gesicht wurde auf einmal kalt und hart. »Laß die Ausflüchte, Cazzanelli! Was hast du heute abend hier im Theater gemacht? Und warum wolltest du dich auf einmal verdrücken? Antworte schon!«

Der Pfarrer schaute sich um. Er befand sich im sicheren Griff von zwei Polizisten. Eine Anzahl grimmig blickender Männer stand um ihn herum. Die Aussichten, zu entkommen, schienen nicht allzu rosig zu sein. In seinem Gesicht ging eine erneute Wandlung vor; es nahm nun den Ausdruck priesterlicher, geschändeter Unschuld an. Seine kleinen Augen verklärten sich, so als wäre er wahrhaftig ein christlicher Märtyrer und diese Menschenschinder vor ihm seine heidnischen Richter. Der Pfarrer hatte diesen Trick schon oft mit Erfolg angewandt.

»Inspektor«, sagte er, »Sie wissen, daß Sie kein Recht haben, mich so in die Mangel zu nehmen, nicht wahr? Jeder hat das Recht auf einen Anwalt, oder etwa nicht? Sicher hat er das.« Und er verstummte, als gäbe es sonst nichts mehr zu sagen.

Der Inspektor musterte ihn neugierig. »Wann hast du Field zuletzt gesehen?« fragte er.

»Field? Sie meinen doch nicht etwa Monte Field? Noch nie von ihm gehört, Inspektor«, gab der Pfarrer ziemlich unsicher von sich. »Womit wollen Sie mich jetzt schon wieder reinlegen?«

»Mit gar nichts, Pfarrer, mit gar nichts. Aber solange du keine Antworten geben willst, werden wir dich wohl etwas zappeln lassen müssen. Vielleicht willst du später ja noch eine Aussage machen … Und vergiß nicht, Pfarrer, da ist immer noch diese kleine Bonomo-Seidendiebstahlssache, die etwas näher untersucht werden könnte.« Er wandte sich an einen der Polizisten. »Officer, geleiten Sie unseren Freund hier zum Wartezimmer vor dem Büro des Geschäftsführers, und leisten Sie ihm eine Zeitlang Gesellschaft.«

Ellery, der nachdenklich zugeschaut hatte, wie man den Pfarrer wegschleppte, war überrascht, seinen Vater sagen zu hören: »Sehr gescheit ist dieser Pfarrer ja wohl nicht. Sich so einen Patzer zu leisten …!«

»Sei dankbar für die kleinsten Gefälligkeiten«, sagte Ellery lächelnd. »Ein Fehler zieht zwanzig andere nach sich.«

Der Inspektor wandte sich schmunzelnd zu Velie, der gerade mit einem Bündel Papier in der Hand ankam.

»Ah, Thomas kommt zurück«, sagte der Inspektor, der guter Dinge zu sein schien. »Und was hast du gefunden, Thomas?«

»Nun, Inspektor, das läßt sich schwer sagen«, antwortete der Detective, während er mit den Fingern über die Ränder der Blätter strich. »Das ist erst die halbe Liste – die andere Hälfte ist noch nicht fertig. Aber ich denke, Sie werden hier schon etwas Interessantes finden.«

Er übergab Queen einen Stapel Blätter mit eilig niedergeschriebenen Namen und Adressen. Es waren die Namen, die Velie auf Geheiß des Inspektors durch Befragung des Publikums aufnehmen sollte.

Queen ging mit Ellery an seiner Seite die Liste Namen für Namen sorgfältig durch. Er hatte sich etwa durch den halben Stapel gearbeitet, als er auf einmal stutzte. Er blickte noch einmal auf den Namen, der ihn innehalten ließ, und schaute dann verdutzt auf zu Velie.

»Morgan«, sagte er nachdenklich. »Benjamin Morgan. Klingt ziemlich vertraut, Thomas. Sagt dir der Name was?«

Velie lächelte eisig. »Ich dachte mir schon, daß Sie das fragen würden, Inspektor. Benjamin Morgan war bis vor zwei Jahren Monte Fields Partner in der Anwaltskanzlei!«

Queen nickte. Die drei Männer starrten sich gegenseitig an. Dann zuckte der alte Mann mit den Schultern und sagte knapp: »Ich fürchte, wir werden uns etwas mehr mit Mr. Morgan beschäftigen müssen.«

Mit einem Seufzer wandte er sich erneut der Liste zu. Wieder ging er jeden Namen einzeln durch, schaute jedesmal nachdenklich auf, schüttelte den Kopf und fuhr in der Liste fort. Velie, der wußte, wie bekannt Queen für sein gutes Gedächtnis war, beobachtete seinen Vorgesetzten dabei voller Hochachtung.

Schließlich gab ihm der Inspektor die Papiere zurück. »Sonst ist nichts dabei, Thomas«, sagte er. »Außer, dir wäre etwas aufgefallen, was mir entgangen ist. Gibt es da noch etwas?« Er klang ernst.

Velie blickte den alten Mann wortlos an, schüttelte den Kopf und zog wieder los.

»Einen Moment noch, Thomas«, rief Queen ihm nach. »Bevor du die zweite Liste fertig machst, bitte doch Morgan noch in Panzers Büro. Jag ihm keinen Schrecken ein. Und sorg außerdem dafür, daß er seine Eintrittskarte hat, bevor er ins Büro kommt.« Velie ging ab.

Der Inspektor winkte Panzer heran, der eine Gruppe Polizisten beobachtet hatte, die bei ihrer Arbeit für Queen von Detectives befehligt wurden. Der stämmige, kleine Geschäftsführer eilte heran.

»Mr. Panzer«, erkundigte sich der Inspektor, »wann beginnen die Putzfrauen hier gewöhnlich mit ihrer Arbeit?«

»Nun ja, sie sind schon eine ganze Weile hier, Inspektor, und warten darauf anzufangen. Die meisten Theater werden erst am frühen Morgen gesäubert, aber ich lass’ immer schon meine Leute direkt nach der Abendvorstellung kommen. Was haben Sie im Sinn?«