Выбрать главу

»Sind Sie hier die große Nummer?« brüllte sie Queen voller Wut an. Er rührte sich nicht und betrachtete sie unbeteiligt. »Was erlauben Sie sich eigentlich, einen Ihrer Plattfüße herzuschicken und mich die ganze Nacht über festzuhalten?«

Sie machte einen Satz nach vorne auf Queen zu, so als wollte sie handgreiflich werden. Ritter ging dazwischen und packte ihren Arm. »Sie haben die Klappe zu halten, bis Sie gefragt werden«, knurrte er.

Sie starrte ihn an. Dann entwand sie sich katzenartig seinem Griff und ließ sich keuchend und mit wildem Blick in einem Sessel nieder.

Die Arme in die Seiten gestemmt, musterte der Inspektor sie mit unverhohlener Abscheu von oben bis unten. Ellery hatte ihr nur einen kurzen Blick zugeworfen und dann begonnen, im Zimmer herumzuhantieren, sich die Wandbehänge und die japanischen Drucke anzusehen, ein Buch von einem Beistelltisch zu nehmen, seine Nase in die dunklen Ecken zu stecken.

Queen winkte Hagstrom heran. »Bringen Sie diese Dame ins Nebenzimmer, und leisten Sie ihr eine Zeitlang Gesellschaft«, sagte er. Recht unsanft brachte der Detective die Frau auf die Füße. Trotzig warf sie den Kopf zurück und zog ab ins nächste Zimmer; Hagstrom folgte ihr.

»Nun, Ritter, mein Junge, erzählen Sie mir, was passiert ist«, seufzte der alte Mann und ließ sich in einen Sessel sinken.

Ritter antwortete unbewegt. Seine Augen waren überanstrengt und blutunterlaufen. »Ich bin Ihren Anweisungen letzte Nacht genauestens gefolgt. Ich bin im Polizeiwagen hierher gerast; an der Ecke hab’ ich ihn stehenlassen, weil ich nicht wußte, ob nicht schon jemand Ausschau hielt, und bin dann hoch zur Wohnung spaziert. Alles war ruhig; Lichter hab’ ich auch nirgends bemerkt – vorher war ich noch kurz in den Hof gerannt, um mir die Fenster der Wohnung von der Hinterseite anzusehen. Ich hab’ also brav geklingelt und gewartet.

Keine Reaktion«, fuhr Ritter fort, während sich sein Kiefer anspannte. »Ich hab’ noch mal geklingelt – diesmal länger und lauter. Und nun rührte sich was. Ich hörte drinnen das Schloß gehen und diese Frau da trällern: ›Bist du es, Liebling? Wo ist denn dein Schlüssel?‹ Aha – dachte ich – Mr. Fields Liebchen! Ich hab’ meinen Fuß zwischen die Tür geschoben und sie gepackt, noch bevor sie wußte, was überhaupt los war. Nun, Sir, ich war dann auch ziemlich verblüfft. Irgendwie hab’ ich erwartet« – Ritter grinste dabei dämlich – »hab’ ich erwartet, eine angezogene Frau vorzufinden, aber alles, was ich zu fassen bekam, war ein dünnes seidenes Nachthemd. Muß wohl etwas rot geworden sein…«

»Ah, die günstigen Gelegenheiten für unsere tapferen Häscher«, murmelte Ellery, während er sich eine Lackvase näher anschaute.

»Jedenfalls bekam ich sie zu fassen«, fuhr der Detective fort. »Sie hat ganz schön gekreischt. Hab’ sie dann ins Wohnzimmer befördert, wo sie das Licht angemacht hatte, und sie mir angeschaut. Sie war vor Schreck ganz bleich geworden, aber sie war doch irgendwie mutig; denn sie fing an, mich zu beschimpfen, wollte wissen, wer zum Teufel ich wäre, was ich mitten in der Nacht in der Wohnung einer Frau vorhätte und so weiter. Ich zückte schnell meine Polizeimarke. Sobald diese Furie meine Marke sah, Inspektor, ging bei ihr die Klappe runter, und sie hat keine einzige Frage von mir beantwortet!«

»Warum wohl?« Der alte Mann ließ seinen Blick über die Einrichtung des Zimmers schweifen.

»Schwer zu sagen, Inspektor«, sagte Ritter. »Zunächst schien sie erschrocken zu sein, aber als sie meine Marke sah, riß sie sich schnell wieder zusammen. Je länger ich hier war, desto unverschämter wurde sie.«

»Das mit Field haben Sie ihr nicht erzählt?« fragte der Inspektor.

Ritter sah seinen Vorgesetzten vorwurfsvoll an. »Nicht ein Sterbenswörtchen, Sir«, sagte er. »Nun, als klar war, daß nichts aus ihr herauszubringen war – sie kreischte immer nur ›Mann, warte nur, bis Monte nach Hause kommt!‹ –, hab’ ich mir das Schlafzimmer angeschaut. Es war niemand da; also hab’ ich sie dort hineingesteckt, hab’ die Tür offen und das Licht brennen gelassen und so die ganze Nacht durchgehalten. Nach einiger Zeit ging sie ins Bett und schlief wohl auch ein. Heute morgen um sieben sprang sie dann auf und fing wieder mit dem Geschrei an. Dachte anscheinend, Field wäre von der Polizei geschnappt worden. Wollte unbedingt eine Zeitung haben. Ich sagte ihr, sie solle gar nichts tun, und dann hab’ ich die Dienststelle angerufen. Seitdem ist nichts weiter mehr passiert.«

»Hör mal, Vater«, rief Ellery plötzlich aus einer Zimmerecke. »Was glaubst du wohl, was unser Freund, der Rechtsanwalt, liest? Du würdest es nie erraten. ›Was die Handschrift über die Persönlichkeit verrät‹!«

Der Inspektor erhob sich murrend. »Hör endlich mit diesem ewigen Bücherquatsch auf«, sagte er, »und komm mit.«

Er riß die Tür zum Schlafzimmer auf. Die Frau saß mit übereinandergeschlagenen Beinen auf dem Bett, einem reichverzierten Möbelstück aus einer Mischung französischer Stile, mit Baldachin und von oben bis unten behangen mit schweren Damastvorhängen. Teilnahmslos lehnte Hagstrom am Fenster.

Queen schaute sich rasch um. Er wandte sich an Ritter. »War das Bett zerwühlt, als Sie letzte Nacht hier eindrangen? Sah es so aus, als hätte jemand darin geschlafen?« flüsterte er ihm zu.

Ritter nickte. »Also gut, Ritter«, sagte Queen freundlich. »Gehen Sie nach Hause, und ruhen Sie sich aus. Sie haben es verdient. Schicken Sie Piggott bei der Gelegenheit rauf.« Der Detective grüßte und ging fort.

Queen wandte sich nun der Frau zu. Er trat zum Bett, setzte sich neben sie und betrachtete das halb abgekehrte Gesicht. Trotzig zündete sie sich eine Zigarette an.

»Ich bin Polizeiinspektor Queen, meine Liebe«, stellte sich der Alte mit sanfter Stimme vor. »Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß Sie sich mit dem Versuch, weiter hartnäckig zu schweigen oder mich anzulügen, selbst die allergrößten Unannehmlichkeiten bereiten werden. Aber was red’ ich! Natürlich begreifen Sie das.«

Sie rückte von ihm fort. »Ich werde solange keine einzige Frage beantworten, Inspektor, bis ich weiß, welches Recht Sie haben, überhaupt welche zu stellen. Ich hab’ nichts Unrechtes getan, ich hab’ eine reine Weste. Das können Sie sich hinter die Ohren schreiben.«

Der Inspektor genehmigte sich zunächst eine Prise Schnupftabak. Dann sagte er besänftigend: »Das ist nicht mehr als recht und billig. Sie, eine einsame Frau, werden plötzlich mitten in der Nacht aus dem Bett geworfen – Sie waren doch im Bett, nicht wahr –?«

»Selbstverständlich«, gab sie auf der Stelle zurück; dann biß sie sich auf die Lippen.

»– und stehen auf einmal einem Polizisten gegenüber… Es wundert mich gar nicht, daß Sie erschrocken sind, meine Liebe.«

»Bin ich überhaupt nicht!« sagte sie schrill.

»Darüber wollen wir uns nicht streiten«, entgegnete der Alte wohlwollend. »Aber sicher haben Sie nichts dagegen, mir Ihren Namen zu nennen?«

»Ich weiß zwar nicht, warum ich das sollte, aber schaden kann es ja niemandem«, erwiderte die Frau. »Ich heiße Angela Russo – Mrs. Angela Russo –, und ich bin, nun – ich bin mit Mr. Field verlobt.«

»Ich verstehe«, sagte Queen ernst. »Mrs. Angela Russo und verlobt mit Mr. Field. Sehr schön! Und was haben Sie letzte Nacht in der Wohnung hier gemacht, Mrs. Angela Russo?«

»Das geht Sie nichts an!« sagte sie unverfroren. »Sie lassen mich jetzt wohl besser gehen – ich hab’ nichts Unrechtes getan. Sie haben kein Recht, mir die Ohren vollzuquasseln, alter Knabe!«