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Ihre Antwort kam nach einem winzigen Zögern. »Wer ist das?« fragte sie und legte dabei die Stirn in Falten.

Queen stand mitten auf dem Teppich. »Ist unwichtig. Guten Tag«, sagte er bekümmert und drehte ihr den Rücken zu. Die Tür schlug zu. Kurz darauf spazierte Hagstrom hinaus; Piggott, Queen und Ellery blieben in der Wohnung zurück.

Wie von einem einzigen Gedanken getrieben, stürzten sie ins Schlafzimmer. Es war offensichtlich so, wie sie es auch verlassen hatten. Das Bett war nicht gemacht; Mrs. Russos Nachthemd und ihr Neglige lagen auf dem Boden. Queen öffnete den Kleiderschrank. »Hui! Der Bursche hat einen gediegenen Geschmack gehabt. Die New Yorker Version eines englischen Dandys.« Ohne Erfolg durchwühlten sie den Kleiderschrank. Ellery streckte sich nach oben, um die Ablage einsehen zu können. »Keine Hüte – keine Stöcke; das wäre also geklärt!« murmelte er befriedigt. Piggott, der in einer kleinen Küche verschwunden war, kam unter der Last einer halbvollen Kiste mit Whiskyflaschen zurückgewankt.

Ellery und sein Vater beugten sich hinunter über die Kiste. Der Inspektor entfernte behutsam einen Korken, beschnüffelte den Inhalt und gab die Flasche dann weiter an Piggott, der dem Beispiel seines Vorgesetzten folgte.

»Sieht gut aus und riecht auch so«, sagte der Detective. »Aber nach dem, was gestern abend passiert ist, möchte ich es wirklich nicht darauf ankommen lassen, das Zeug zu probieren.«

»Ihre Vorsicht ist durchaus gerechtfertigt«, schmunzelte Ellery. »Aber sollten Sie Ihre Meinung ändern und sich dafür entscheiden, Bacchus anzurufen, so schlage ich folgendes Gebet vor, Piggott: O Wein, wenn du noch keinen Namen hast, an dem man dich kennt, so heiße Tod.«1

»Ich werd’ das Feuerwasser analysieren lassen«, brummte Queen. »Rye und Scotch durcheinander. Nach den Etiketten zu urteilen wirklich gutes Zeug. Aber sicher kann man da nie sein …« Ellery packte plötzlich seinen Vater am Arm und beugte sich voller Anspannung vor. Die drei Männer erstarrten.

Ein kaum hörbares Kratzen kam aus der Richtung der Diele.

»Hört sich so an, als würde jemand mit einem Schlüssel die Tür öffnen wollen«, flüsterte Queen. »Piggott, schleichen Sie sich raus, und stürzen Sie sich auf die Person, sobald sie hereinkommt.«

Piggott schoß durch das Wohnzimmer in die Diele. Queen und Ellery warteten außer Sichtweite im Schlafzimmer.

Außer dem Kratzgeräusch an der Eingangstür herrschte nun völlige Stille. Der Ankömmling schien Probleme mit dem Schloß zu haben. Doch plötzlich hörte man, wie das Schloß schnappte und die Tür geöffnet wurde. Direkt darauf wurde sie wieder zugeschlagen. Ein dumpfer Schrei, eine harsche laute Stimme, Piggotts halberstickter Fluch, das verzweifelte Scharren von Füßen – und schon schossen Ellery und sein Vater durch das Wohnzimmer in die Diele.

Piggott wand sich in den Armen eines stämmigen, kraftvollen, in schwarz gekleideten Mannes. Ein Handkoffer lag umgekippt auf dem Boden, als wäre er während des Kampfes weggeschleudert worden. Eine Zeitung flog durch die Gegend und landete gerade auf dem Parkett, als Ellery die beiden fluchenden Männer erreichte.

Nur mit vereinten Kräften gelang es den drei Männern, den Besucher niederzuringen. Schwer keuchend lag er schließlich auf dem Boden; Piggott hielt seinen Oberkörper fest umklammert.

Der Inspektor beugte sich herunter, musterte neugierig das vor Zorn gerötete Gesicht des Mannes und fragte höflich: »Und wer, bitte, sind Sie, mein Herr?«

1 Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um die freie Wiedergabe des ShakespeareZitates: »O du unsichtbarer Geist des Weines, wenn du noch keinen Namen hast, an dem man dich kennt, so heiße: Teufel!«

Neuntes Kapitel

in welchem der geheimnisvolle Mr. Michaels auftritt

Der Eindringling stand unbeholfen wieder auf. Er war ein großer, gewichtiger Mann mit strengen Gesichtszügen und ausdruckslosen Augen. Weder in seinem Aussehen noch in seinem Benehmen gab es etwas Auffälliges. Das Ungewöhnlichste, was man von ihm hätte sagen können, war, daß sowohl sein Aussehen als auch sein Benehmen so unscheinbar waren. Es machte den Anschein, als hätte er, wer auch immer er einmal gewesen oder was seine Tätigkeit war, es darauf angelegt, alle Merkmale einer Persönlichkeit auszumerzen.

»Was soll diese Gewalttätigkeit?« fragte er mit tiefer Stimme. Aber sogar seine Stimme war flach und tonlos.

Queen wandte sich an Piggott. »Was ist passiert?« wollte er wissen und gab sich dabei den Anschein von Strenge.

»Ich stand hinter der Tür, Inspektor«, keuchte Piggott immer noch außer Atem, »und als dieser Wilde hier hereinkam, berührte ich ihn am Arm. Er stürzte sich auf mich wie eine Ladung wildgewordener Tiger. Er schlug mir ins Gesicht – hat einen ganz schön harten Schlag, Inspektor … Versuchte, wieder durch die Türe zu verschwinden.«

Queen nickte mit kritischem Blick. Der Fremde sagte sanft: »Das ist eine Lüge, Sir. Er hat mich angefallen, und ich habe mich gewehrt.«

»So, so!« murmelte Queen. »So kommen wir nicht weiter …«

Die Tür flog plötzlich auf, und Detective Johnson stand auf der Schwelle. Er nahm den Inspektor beiseite. »Velie hat mich erst vor kurzem hierher geschickt, falls Sie mich brauchen sollten, Inspektor … Und als ich gerade kam, sah ich diesen Burschen hier. Ich konnte mir nur vorstellen, daß er hier rumschnüffeln wollte, und da bin ich ihm nachgegangen.«

Queen nickte zustimmend. »Ich bin froh, daß du gekommen bist – ich kann dich hier brauchen«, brummte er, gab den anderen ein Zeichen und begab sich mit ihnen ins Wohnzimmer.

»Nun, mein Lieber«, sagte er barsch zu dem großgewachsenen Eindringling, »die Vorstellung ist zu Ende. Wer sind Sie, und was machen Sie hier?«

»Mein Name ist Charles Michaels – Sir. Ich bin Mr. Monte Fields Diener.« Der Inspektor kniff die Augen zusammen. Die ganze Haltung des Mannes hatte sich auf unmerkliche Weise verändert. Sein Gesicht war ausdrucksleer wie vorher, und sein Verhalten schien gleich geblieben zu sein. Trotzdem nahm der alte Mann eine Verwandlung wahr; er warf einen Blick zu Ellery hinüber und fand die Bestätigung für seinen Gedanken in den Augen seines Sohnes.

»Stimmt das?« hakte der Inspektor nach. »Diener, eh? Und woher kommen Sie zu einer so frühen Stunde mit dieser Reisetasche?« Er zeigte auf einen Koffer, ein billiges, schwarzes Etwas, das Piggott in der Diele aufgehoben und ins Wohnzimmer getragen hatte. Ellery ging ganz plötzlich in die Diele hinüber. Er bückte sich, um etwas aufzuheben.

»Sir?« Michaels schien durch diese Frage aus der Fassung gebracht. »Das ist meiner, Sir«, teilte er ihnen mit. »Ich wollte heute morgen auf Urlaub gehen und hatte mit Mr. Field vereinbart, vor meiner Abreise herzukommen, um meinen Lohn abzuholen.« Die Augen des alten Mannes funkelten. Das war’s! Michaels’ Aussprache und seine normale Haltung waren unverändert; aber seine Stimme und seine Ausdrucksweise hatten sich bemerkenswert gewandelt.

»Sie hatten also vereinbart, Ihren Scheck heute morgen bei Mr. Field abzuholen?« murmelte der Inspektor. »Das ist etwas merkwürdig, jetzt, nach allem, was passiert ist.«

Michaels erlaubte seinen Gesichtszügen, für einen Moment Erstaunen zu zeigen. »Wieso, wo ist Mr. Field?« fragte er.