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Schließlich drang eine hohe Stimme durch den Hörer. »Hier spricht Tim Cronin, Inspektor«, sagte sie. »Wie geht es Ihnen? Ich hab’ Sie ja schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen.«

»Man wird älter, Tim, aber sonst hat sich nicht viel geändert«, antwortete Queen. »Was gibt’s? Haben Sie was entdeckt?«

»Nun, das ist wirklich das Eigenartigste an der ganzen Sache, Inspektor«, erklang Cronins aufgeregte Stimme. »Wie Sie wissen, bin ich schon seit Jahren hinter diesem Vogel Field her. Er ist mein ganz persönliches Schreckgespenst, solange ich zurückdenken kann. Der Staatsanwalt sagte mir, daß er Ihnen die ganze Geschichte vorletzte Nacht erzählt hat; ich muß also nicht mehr in die Einzelheiten gehen. Aber in all diesen Jahren des Beobachtens, des Wartens und des Herumstöberns ist es mir nie gelungen, gegen diesen Gauner ein einziges Beweisstück zu finden, das ihn hätte vor Gericht bringen können. Und er war ein Gauner, Inspektor. Darauf würde ich mein Leben verwetten … Nun, das ist die alte Geschichte. So wie ich Field kannte, hätte ich wirklich auch nichts anderes erwarten sollen. Und doch – nun, insgeheim habe ich darum gefleht, daß er irgendwann, irgendwie einen Fehler macht und daß ich ihn dann festnageln würde, wenn ich seine persönlichen Aufzeichnungen in die Hände bekommen könnte. Inspektor – es ist nichts damit anzufangen.«

In Queens Gesicht erschien ein Anflug von Enttäuschung; Ellery registrierte das mit einem Seufzen, stand auf und ging ruhelos im Raum auf und ab.

»Wir können wohl nichts dran ändern, Tim«, erwiderte Queen und bemühte sich, herzlich zu klingen. »Nur keine Sorge – wir haben noch andere Eisen im Feuer.«

»Inspektor«, sagte Cronin hastig, »Sie werden alle Hände voll zu tun haben. Field war ein wirklich durchtriebener Bursche. Und für mich sieht es so aus, daß derjenige, dem es gelang, ihn zu überlisten, genauso durchtrieben sein muß. Anders ist es gar nicht möglich, übrigens sind wir noch nicht zur Hälfte mit den Akten durch, und vielleicht gibt das, was wir durchgeschaut haben, doch noch etwas mehr her, als es sich eben angehört hat. Eine ganze Menge hier weist doch auf eine etwas zwielichtige Tätigkeit Fields hin – das Problem ist, es gibt nichts wirklich Belastendes. Wir hoffen, wir werden noch etwas finden, wenn wir weitersuchen.«

»In Ordnung, Tim – machen Sie nur weiter so«, murmelte der Inspektor. »Und lassen Sie mich wissen, was Sie herausgefunden haben … Ist Lewin da?«

»Sie meinen den Bürovorsteher?« Cronin sprach auf einmal leiser. »Er ist hier irgendwo. Warum?«

»Sie sollten ihn genau im Auge behalten«, sagte Queen. »Ich habe den heimlichen Verdacht, daß er nicht so dumm ist, wie er sich gibt. Lassen Sie ihn nicht allzu ungestört mit den Geschäftsunterlagen, die da herumliegen. Er könnte durchaus an Fields kleinem Nebengeschäft beteiligt gewesen sein.«

»Gut Inspektor. Ich ruf Sie später an.« Es klickte, als Cronin einhängte.

Um halb elf öffneten Queen und Ellery das hohe Eingangstor zum Besitz der Ives-Popes am Riverside Drive. Ellery fühlte sich zu der Bemerkung genötigt, das ganze Ambiente verlange geradezu nach förmlicher Kleidung – Cut und gestreifte Hose – und daß er sich äußerst unwohl fühlen werde, wenn sie erst einmal das steinerne Portal durchschritten hätten.

In der Tat war der Anblick des herrschaftlichen Hauses, in dem die Geschicke der Familie Ives-Pope verborgen lagen, in vielerlei Hinsicht ehrfurchteinflößend für jemanden wie die Queens mit ihrem etwas bescheideneren Geschmack. Es war ein riesiges, weitläufiges altes Haus, weit ab von der unruhigen Straße in einem Park von beträchtlichem Ausmaß. »Muß eine hübsche Stange Geld gekostet haben«, knurrte der Inspektor und ließ seinen Blick über die weiten Grünflächen rings um das Gebäude streifen. Gärten und Pavillons, Spazierwege und schattige Plätzchen – man fühlte sich weit weg von der Stadt, deren Getriebe doch nur wenig entfernt hinter dem hohen Eisengitter, das den Besitz umgab, lag. Die Familie Ives-Pope war unermeßlich reich; über diesen nicht unbedingt ungewöhnlichen Besitz hinaus verfügte sie über eine Abstammung, die weit zurückreichte in die halbdunklen Anfänge der amerikanischen Kolonisation.

Die Eingangstür wurde ihnen von einer aristokratisch wirkenden, einen Backenbart tragenden Gestalt geöffnet, deren Rücken aus Stahl zu bestehen schien und deren Nase in fast spitzem Winkel nach oben zeigte. Ellery schlenderte durch die Tür und betrachtete diesen uniformierten Prachtkerl voller Bewunderung, während Inspektor Queen in seinen Taschen nach einer Visitenkarte suchte. Das dauerte seine Zeit; der livrierte Herr mit dem steifen Rücken stand dort wie in Stein gemeißelt. Schon rot im Gesicht, fand der Inspektor schließlich eine abgenutzte Karte. Er legte sie auf das dargebotene Tablett und schaute zu, wie der Butler sich in sein Reich zurückzog.

Ellery mußte schmunzeln, als sein Vater sich beim Anblick der stämmigen Figur von Franklin Ives-Pope, die in einer weiten, mit Schnitzereien versehenen Türöffnung erschien, aufrichtete.

Der Finanzmann eilte auf sie zu.

»Inspektor! Mr. Queen!« rief er herzlich. »Kommen Sie herein. Haben Sie lange warten müssen?«

Der Inspektor murmelte ein paar Worte der Begrüßung. Sie schritten durch einen hohen Flur mit glänzendem Parkett, dessen Einrichtung aus schlichten, alten Möbeln bestand.

»Sie sind auf die Minute pünktlich, meine Herren«, sagte Ives-Pope und trat beiseite, um sie in einen großen Raum eintreten zu lassen. »Hier sind noch einige weitere Mitglieder unserer kleinen Vorstandssitzung. Ich denke, alle Anwesenden sind Ihnen bereits bekannt.«

Der Inspektor und Ellery schauten sich um. »Ich kenne alle hier, Sir, außer diesem Herrn – Mr. Stanford Ives-Pope, nehme ich an«, sagte Queen. »Ich fürchte, mein Sohn muß noch bekannt gemacht werden mit – Mr. Peale, nicht wahr – Mr. Barry – und natürlich mit Mr. Ives-Pope.«

Die Vorstellung verlief etwas gezwungen. »Ah, Q!« murmelte Staatsanwalt Sampson und eilte quer durch den Raum. »Das hier hätte ich um alles in der Welt nicht verpassen mögen«, flüsterte er dem Inspektor zu. »Zum ersten Mal habe ich die Bekanntschaft von fast all denen gemacht, die bei der gerichtlichen Untersuchung dabeisein werden.«

»Was macht denn dieser Peale hier?« fragte Queen leise den Staatsanwalt, während Ellery den Raum durchquerte, um die drei jungen Männer am anderen Ende in ein Gespräch zu verwickeln. Ives-Pope selbst hatte sich entschuldigt und war verschwunden.

»Er ist ein Freund des jungen Ives-Pope«, entgegnete der Staatsanwalt, »und natürlich ist er auch mit Barry dick befreundet. Aus dem Geplauder vorhin hab’ ich mitbekommen, daß Stanford, der Sohn von Ives-Pope, ursprünglich seine Schwester mit diesem Künstlervölkchen bekannt gemacht hat. Auf diese Weise hat sie Barry kennengelernt und sich in ihn verliebt. Peale scheint mit der jungen Dame auch auf gutem Fuße zu stehen.«

»Ich frage mich, ob wohl Ives-Pope und seine aristokratische Gemahlin den Umgang ihrer Kinder allzusehr schätzen«, sagte der Inspektor und beobachtete voller Interesse die kleine Gruppe auf der anderen Seite des Raumes.

»Das wirst du bald genug herausfinden«, sagte Sampson schmunzelnd. »Du mußt nur auf die Eiszapfen achten, die jedesmal auf Mrs. Ives-Popes Augenbrauen wachsen, wenn sie einen dieser Schauspieler sieht. Ich vermute, sie sind so willkommen wie ein Haufen Bolschewiken.«

Queen legte die Hände auf den Rücken und sah sich neugierig im Zimmer um. Es war eine mit kostbaren und seltenen Büchern gut ausgestattete Bibliothek, sorgfältig katalogisiert und makellos in Vitrinen angeordnet. Ein Schreibtisch beherrschte die Mitte des Raumes. Als Arbeitszimmer eines Millionärs war es recht bescheiden, bemerkte der Inspektor beifällig.