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»Übrigens«, fuhr Sampson fort, »Eve Ellis, das Mädchen, das – wie du sagtest – mit Miss Ives-Pope und ihrem Verlobten Montag abend im Römischen Theater war, ist auch hier. Sie ist oben und leistet der reichen Erbin Gesellschaft, nehme ich an. Glaube nicht, daß das der Dame des Hauses allzusehr gefällt. Aber es sind beides reizende Mädchen.«

»Wie gemütlich es hier wohl sein mag, wenn Familie IvesPope und die Schauspieler privat zusammenkommen«, knurrte Queen.

Die vier jungen Männer kamen auf sie zugeschlendert. Stanford Ives-Pope war ein schlanker, gepflegter, modisch gekleideter junger Mann. Er hatte tiefe Schatten unter den Augen. Er trug einen unzufriedenen und gelangweilten Ausdruck zur Schau, was Queen sehr schnell auffiel. Peale und Barry, die beiden Schauspieler, waren tadellos gekleidet.

»Mr. Queen erzählt mir, daß Sie es mit einem ganz schönen Problem zu tun haben, Inspektor«, sagte Stanford Ives-Pope affektiert. »Uns allen tut es sehr leid, mitanzusehen, wie das arme Schwesterchen da hineingezogen wird. Wie um alles in der Welt konnte nur ihr Handtäschchen in die Tasche dieses Burschen geraten? Glauben Sie mir, Barry hat wegen dieser mißlichen Lage, in der sich Frances befindet, seit Tagen nicht mehr geschlafen.«

»Werter junger Mann«, sagte der Inspektor augenzwinkernd, »wenn ich wüßte, wie Miss Ives-Popes Handtäschchen in Monte Fields Tasche gelangt ist, wäre ich heute morgen nicht hier. Das ist nur einer der Tatbestände, die diesen Fall so verflucht interessant machen.«

»Das Vergnügen sei Ihnen unbenommen, Inspektor. Aber Sie können doch wirklich nicht annehmen, daß auch nur die leiseste Verbindung zwischen Frances und all dem besteht?«

Queen lächelte. »Noch kann ich überhaupt nichts annehmen, junger Mann«, widersprach er. »Ich habe noch nicht gehört, was Ihre Schwester dazu zu sagen hat.«

»Sie wird alles bestens erklären können«, sagte Stephen Barry, auf dessen hübschem Gesicht sich die Müdigkeit abzeichnete. »Da können Sie beruhigt sein. Es ist dieser abscheuliche Verdacht, dem sie ausgesetzt ist, der mich so zornig macht – das Ganze ist doch lächerlich!«

»Ich verstehe Ihre Gefühle, Mr. Barry«, sagte der Inspektor freundlich. »Und ich möchte mich bei dieser Gelegenheit für mein Verhalten in jener Nacht entschuldigen. Ich war vielleicht etwas zu – grob.«

»Ich nehme an, ich sollte mich auch entschuldigen«, entgegnete Barry mit einem matten Lächeln. »Ich glaube, ich habe in dem Büro einiges gesagt, was ich nicht so meinte. In der Erregung des Augenblicks, als ich Frances – Miss IvesPope ohnmächtig werden sah –« Verlegen hielt er inne.

Peale, ein Hüne mit gesunder Gesichtsfarbe und angenehmem Äußeren, legte liebevoll seinen Arm um Barrys Schultern. »Steve, alter Junge, ich bin sicher, der Inspektor versteht das«, sagte er fröhlich. »Nimm es dir nicht zu sehr zu Herzen; es wird bestimmt alles in Ordnung gehen.«

»Das können Sie getrost Inspektor Queen überlassen«, sagte Sampson und gab diesem dabei vergnügt einen Stoß in die Rippen. »Er ist der einzige Spürhund, der mir jemals begegnet ist, der so etwas wie ein Herz unter der Dienstmarke verbirgt; und wenn Miss Ives-Pope diese Angelegenheit zu seiner Zufriedenheit erklären kann, und sei es auch nur in einem eben annehmbaren Maße, wird die Sache damit ein Ende haben.«

»Oh, ich weiß nicht«, murmelte Ellery nachdenklich. »Vater ist immer gut für Überraschungen. Was Miss Ives-Pope betrifft« – er lächelte wehmütig und verbeugte sich vor dem Schauspieler – »so können Sie sich verdammt glücklich schätzen, Mr. Barry.«

»Das würden Sie nicht denken, wenn Sie die Mutter sehen würden«, sagte Stanford Ives-Pope affektiert. »Wenn mich nicht alles täuscht, kommt sie gerade hereingetrampelt.«

Die Männer wandten sich der Tür zu. Eine ungemein korpulente Frau watschelte durch die Tür. Eine Krankenschwester stützte sie behutsam auf einer Seite; sie hielt eine große grüne Flasche in der Hand. Der Finanzmann folgte ihr munter an der Seite eines grauhaarigen, jugendlich wirkenden Mannes in einem dunklen Jackett, der eine schwarze Tasche trug.

»Catherine, mein Liebling«, sagte Ives-Pope zu der unförmigen Frau, als sie sich auf einem breiten Stuhl niedergelassen hatte, »das sind die Herren, von denen ich dir erzählt habe – Inspektor Richard Queen und Mr. Ellery Queen.«

Die beiden Queens verbeugten sich; die kurzsichtige Mrs. Ives-Pope warf ihnen einen frostigen Blick zu. »Bin entzückt«, sagte sie mit schriller Stimme. »Wo ist die Schwester? Schwester! Ich fühle mich schwach, bitte!«

Das Mädchen in Schwesterntracht eilte an ihre Seite und hielt die grüne Flasche bereit. Mrs. Ives-Pope schloß die Augen, atmete tief ein und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Der Finanzmann stellte eilig den grauhaarigen Mann als Dr. Vincent Cornish, den Arzt der Familie, vor. Der Arzt murmelte einige entschuldigende Worte und folgte dem Butler aus dem Zimmer. »Toller Kerl, dieser Cornish«, flüsterte Sampson Queen zu. »Nicht nur, daß es hier am Drive als schick gilt, ihn zu haben, er ist auch ein guter Wissenschaftler.« Der Inspektor zog die Brauen hoch, sagte aber nichts.

»Mutter ist ein Grund dafür, warum ich nie eine Vorliebe für den Arztberuf entwickelt habe«, sagte Stanford Ives-Pope zu Ellery, ohne allzusehr die Stimme zu senken.

»Ah! Frances, mein Liebes!« Ives-Pope stürmte in Richtung Tür, gefolgt von Barry. Mrs. Ives-Popes trüber Blick traf seinen Rücken mit kalter Mißbilligung. James Peale hüstelte verlegen und machte eine leise Bemerkung zu Sampson.

Mit bleichem und verzerrtem Gesicht betrat Frances in einem dünnen Hauskleid den Raum; sie stützte sich schwer auf den Arm von Eve Ellis, der Schauspielerin. Ihr Lächeln wirkte gezwungen, als sie den Inspektor mit leiser Stimme begrüßte. Eve Ellis wurde von Peale vorgestellt, und die beiden Mädchen setzten sich neben Mrs. Ives-Pope. Die alte Dame thronte breit auf ihrem Stuhl und blickte um sich wie eine Löwin, deren Junges bedroht wird. Zwei Diener erschienen schweigend und rückten die Stühle für die Männer zurecht. Auf die drängende Bitte von Ives-Pope hin nahm Queen an dem großen Schreibtisch Platz. Ellery lehnte das Angebot ab und zog es vor, sich im Hintergrund des Zimmers gegen einen Bücherschrank zu lehnen.

Nachdem die Unterhaltung abgeebbt war, räusperte sich der Inspektor und wandte sich an Frances, die – nach einem ersten unruhigen Flackern der Augenlider – seinen Blick inzwischen erwiderte.

»Zunächst, Miss Frances – ich darf Sie doch wohl so nennen

–«, begann Queen in väterlichem Ton, »erlauben Sie mir, mein Vorgehen am Montag abend zu erklären und mich für das zu entschuldigen, was Ihnen wie völlig ungerechtfertigte Härte vorgekommen sein muß. Wie mir Mr. Ives-Pope mitgeteilt hat, können Sie Ihr Verhalten an dem Abend, an dem Monte Field ermordet wurde, erklären. Aus diesem Grunde gehe ich davon aus, daß unsere kleine Unterhaltung heute morgen ausreichen wird, Ihre Person von der weiteren Untersuchung des Falles auszuschließen. Um noch eins vorwegzunehmen – bitte glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, daß Sie für mich am Montag abend nur eine von zahlreichen verdächtigen Personen darstellten. Ich ging gemäß meinen üblichen Gepflogenheiten bei solchen Fällen vor. Mir ist nun klar, daß für eine Frau von Ihrer Erziehung und sozialen Stellung ein strenges Verhör unter diesen Umständen einen Schock bedeuten kann, der Ihren gegenwärtigen Zustand hervorrief.«