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Wir kamen bei Sternenscheine zu den mir bekannten Ahornen, fuhren einen Hügel empor, legten einen Torweg zurück und hielten in einem Hofe. In demselben standen vier große Bäume, an deren eigentümlichen, gegen den dunkeln Nachthimmel gehaltenen Bildungen ich erkannte, daß es Ahorne seien. In ihrer Mitte plätscherte ein Brunnen. Auf das Rollen des Wagens unter dem hallenden Torwege kamen Diener mit Lichtern herbei, uns aus dem Wagen zu helfen. Gleich darauf erschien auch Mathilde und Natalie in dem Hofe, um uns zu begrüßen. Sie geleiteten uns die Treppe hinan in einen Vorsaal, in welchem die Begrüßungen im allgemeinen wiederholt wurden und von wo aus man uns unsere Zimmer anwies.

Das meinige war ein großes freundliches Gemach, in welchem bereits auf dem Tische zwei Kerzen brannten. Ich legte, da der Diener die Tür hinter sich geschlossen hatte, meinen Hut auf den Tisch, und das Nächste, was ich tat, war, daß ich mehrere Male schnell in dem Zimmer auf und nieder ging, um die durch das Fahren ersteiften Glieder wieder ein wenig einzurichten. Als dieses ziemlich gelungen war, trat ich an eines der offenen Fenster, um herum zu schauen. Es war aber nicht viel zu sehen. Die Nacht war schon zu weit vorgerückt und die Lichter im Zimmer machten die Luft draußen noch finsterer. Ich sah nur so viel, daß meine Fenster ins Freie gingen. Nach und nach begrenzten sich vor meinen Augen die dunkeln Gestalten der am Fuße des Hügels stehenden Ahorne, dann kamen Flecken von dunkler und fahler Farbe, wahrscheinlich Abwechslung von Feld und Wald, weiter war nichts zu unterscheiden als der glänzende Himmel darüber, der von unzähligen Sternen, aber nicht von dem geringsten Stückchen Mond beleuchtet war.

Nach einer Zeit kam Gustav und holte mich zu dem Abendessen ab. Er hatte eine große Freude, daß ich in dem Sternenhofe sei. Ich ordnete aus meinem Reisesacke, der heraufgeschafft worden war, ein wenig meine Kleider und folgte dann Gustav in das Speisezimmer. Dasselbe war fast wie das in dem Rosenhause. Mathilde saß wie dort in einem Ehrenstuhle oben an, ihr zur Rechten mein Gastfreund und Natalie, ihr zur Linken ich, Eustach und Gustav. Auch hier besorgte eine Haushälterin und eine Magd den Tisch. Der Hergang bei dem Speisen war der nehmliche wie an jenen Abenden bei meinem Gastfreunde, an denen wir alle beisammen gewesen waren.

Um von der Reise ausruhen zu können, trennte man sich bald und suchte seine Zimmer.

Ich entschlief unter Unruhe, sank aber nach und nach in festeren Schlummer und erwachte, da die Sonne schon aufgegangen war.

Jetzt war es Zeit, herum zu schauen.

Ich kleidete mich so schnell und so sorgfältig an, als ich konnte, ging an ein Fenster, öffnete es und sah hinaus. Ein ganz gleicher, sehr schön grüner Rasen, der durch keine Blumengebüsche oder dergleichen unterbrochen war, sondern nur den weißen Sandweg enthielt, breitete sich über die gedehnte Dachung des Hügels, auf der das Gebäude stand, hinab. Auf dem Sandwege aber gingen Natalie und Gustav herauf. Ich sah in die schönen jugendlichen Angesichter, sie aber konnten mich nicht sehen, weil sie ihre Augen nicht erhoben. Sie schienen in traulichem Gespräche begriffen zu sein, und bei ihrer Annäherung — an dem Gange, an der Haltung, an den großen dunklen Augen, an den Zügen der Angesichter — sah ich wieder recht deutlich, daß sie Geschwister seien. Ich sah auf sie, so lange ich sie erblicken konnte, bis sie endlich der dunkle Torweg aufgenommen hatte.

Jetzt war die Gegend sehr leer.

Ich blickte kaum auf sie.

Allgemach entwickelten sich aber wieder freundlich Felder, Wäldchen und Wiesen im Gemisch, ich erblickte Meierhöfe rings herumgestreut, hie und da erglänzte ein weißer Kirchturm in der Ferne und die Straße zog einen lichten Streifen durch das Grün. Den Schluß machte das Hochgebirge, so klar, daß man an dem untern Teile seiner Wand die Talwindungen, an dem obern die Gestaltung der Kanten und Flächen und die Schneetafeln wahrnehmen konnte.

Sehr groß und schön waren die Ahorne, die unten am Hügel standen, deshalb mochten sie schon früher bei meinen Reisen durch diese Gegend meine Aufmerksamkeit erregt haben. Von ihnen zogen sich Erlenreihen fort, die den Lauf der Bäche anzeigten.

Das Haus mußte weitläufig sein; denn die Wand, in der sich meine Fenster befanden und die ich, hinausgebeugt, übersehen konnte, war sehr groß. Sie war glatt mit vorspringenden steinernen Fenstersimsen und hatte eine grauweißliche Farbe, mit der sie offenbar erst in neuerer Zeit übertüncht worden war.

Hinter dem Hause mußte vielleicht ein Garten oder ein Wäldchen sein, weil ich Vogelgesang herüber hörte. Auch war es mir zuweilen, als vernähme ich das Rauschen des Hofbrunnens.

Der Tag war heiter.

Ich harrte nun der Dinge, die kommen sollten.

Ein Diener rief mich zu dem Frühmahle. Es war zu derselben Zeit wie im Rosenhause. Als ich in das Speisezimmer getreten war, sagte mir Mathilde, daß es sehr lieb von mir sei, daß ich ihre Freunde und ihren Sohn in den Sternenhof begleitet habe, sie werde sich bemühen, daß es mir in demselben gefalle, wozu ihr ihr Freund, der mir den Asperhof anziehend mache, beistehen müsse.

Ich antwortete, daß ich mich auf die Reise in den Sternenhof sehr gefreut habe und daß ich mich freue, in demselben zu sein. Von einer Bedeutung sei es nicht, daß mir eine Rücksicht zu Teil werde, ich bitte nur, daß man, wenn ich etwas fehle, es nachsehe.

Nach mir trat Eustach ein. Mathilde begrüßte auch ihn noch einmal.

Gustav, der schon zugegen war, gesellte sich zu mir.

Die Frauen waren häuslich und schön, aber minder einfach als in dem Rosenhause gekleidet. Meinen Gastfreund sah ich zum ersten Male in ganz anderen Kleidern als auf seiner Besitzung und auf dem Besuche zu Ingheim. Er war schwarz, mit einem Fracke, der einen etwas weiteren und bequemeren Schnitt hatte als gewöhnlich, und sogar einen leichten Biberhut trug er in der Hand.

Nach dem Frühmahle sagte Mathilde, sie wolle mir ihre Wohnung zeigen. Die andern gingen mit. Wir traten aus dem Speisezimmer in einen Vorsaal. Am Ende desselben wurden zwei Flügeltüren aufgetan, und ich sah in eine Reihe von Zimmern, welche nach der ganzen Länge des Hauses hinlaufen mußte. Als wir eingetreten waren, sah ich, daß in den Zimmern alles mit der größten Reinheit, Schönheit und Zusammenstimmung geordnet war. Die Türen standen offen, so daß man durch alle Zimmer sehen konnte. Die Geräte waren passend, die Wände waren mit zahlreichen Gemälden geziert, es standen Glaskästen mit Büchern, es waren musikalische Geräte da, und auf Gestellen, die an den rechten Orten angebracht waren, befanden sich Blumen. Durch die Fenster sah die nähere Landschaft und die ferneren Gebirge herein.

Es zeigte sich, daß diese Zimmer ein schöner Spaziergang seien, der unter dem Dache und zwischen den Wänden hinführte. Man konnte sie entlang schreiten, von angenehmen Gegenständen umgeben sein und die Kälte oder das Ungestüm des Wetters oder Winters nicht empfinden, während man doch Feld und Wald und Berg erblickte. Selbst im Sommer konnte es Vergnügen gewähren, hier bei offenen Fenstern gleichsam halb im Freien und halb in der Kunst zu wandeln. Da ich meinen Blick mehr auf das Einzelne richtete, fielen mir die Geräte besonders auf. Die waren neu und nach sehr schönen Gedanken gebildet. Sie schickten sich so in ihre Plätze, daß sie gewissermaßen nicht von Außen gekommen, sondern zugleich mit diesen Räumen entstanden zu sein schienen. Es waren an ihnen sehr viele Holzarten vermischt, das erkannte ich sehr bald, es waren Holzarten, die man sonst nicht gerne zu Geräten nimmt, aber sie schienen mir so zu stimmen, wie in der Natur die sehr verschiedenen Geschöpfe stimmen.

Ich machte in dieser Hinsicht eine Bemerkung gegen meinen Gastfreund, und er antwortete: »Ihr habt einmal gefragt, ob Gegenstände, die wir in unserem Schreinerhause neu gemacht haben, in meinem Hause vorhanden seien, worauf ich geantwortet habe, daß nichts von Bedeutung in demselben sei, daß sich aber einige gesammelt in einem anderen Orte befinden, in den ich euch, wenn Ihr Lust zu solchen Dingen hättet, geleiten würde. Diese Zimmer hier sind der andere Ort, und Ihr seht die neuen Geräte, die in unserem Schreinerhause verfertigt worden sind.«