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»Es ist aber zu bewundern, wie sehr sie in ihren Abwechslungen und Gestalten hieher passen«, sagte ich.

»Als wir einmal den Plan gefaßt hatten, die Zimmer Mathildens nach und nach mit neuen Geräten zu bestellen«, erwiderte er, »so wurde die ganze Reihe dieser Zimmer im Grund- und Aufrisse aufgenommen, die Farben bestimmt, welche die Wände der einzelnen Zimmer haben sollten, und diese Farben gleich in die Zeichnungen getragen. Hierauf wurde zur Bestimmung der Größe, der Gestalt und der Farbe, mithin der Hölzer der einzelnen Geräte geschritten. Die Farbezeichnungen derselben wurden verfertigt und mit den Zeichnungen der Zimmer verglichen. Die Gestalten der Geräte sind nach der Art entworfen worden, die wir vom Altertume lernten, wie ich euch einmal sagte, aber so, daß wir nicht das Altertum geradezu nachahmten, sondern selbstständige Gegenstände für die jetzige Zeit verfertigten mit Spuren des Lernens an vergangenen Zeiten. Wir sind nach und nach zu dieser Ansicht gekommen, da wir sahen, daß die neuen Geräte nicht schön sind und daß die alten in neue Räume zu wohnlicher Zusammenstimmung nicht paßten. Wir haben uns selber gewundert, als die Sachen nach vielerlei Versuchen, Zeichnungen und Entwürfen fertig waren, wie schön sie seien. In der Kunst, wenn man bei so kleinen Dingen von Kunst reden kann, ist eben so wenig ein Sprung möglich als in der Natur. Wer plötzlich etwas so Neues erfinden wollte, daß weder den Teilen noch der Gestaltung nach ein Ähnliches da gewesen ist, der würde so töricht sein wie der, der fordern würde, daß aus den vorhandenen Tieren und Pflanzen sich plötzlich neue, nicht dagewesene entwickeln. Nur daß in der Schöpfung die Allmählichkeit immer rein und weise ist; in der Kunst aber, die der Freiheit des Menschen anheim gegeben ist, oft Zerrissenheit, oft Stillstand, oft Rückschritt erscheint. Was die Hölzer anbelangt, so sind da fast alle und die schönsten Blätter verwendet worden, die wir aus den Knollen der Erlen geschnitten haben, die in unserer Sumpfwiese gewachsen sind. Ihr könnt sie dann betrachten. Wir haben uns aber auch bemüht, Hölzer aus unserer ganzen Gegend zu sammeln, die uns schön schienen, und haben nach und nach mehr zusammengebracht, als wir anfänglich glaubten. Da ist der schneeige, glatte Bergahorn, der Ringelahorn, die Blätter der Knollen von dunkelm Ahorn — alles aus den Alizgründen —, dann die Birke von den Wänden und Klippen der Aliz, der Wachholder von der dürren, schiefen Haidefläche, die Esche, die Eberesche, die Eibe, die Ulme, selbst Knorren von der Tanne, der Haselstrauch, der Kreuzdorn, die Schlehe und viele andere Gesträuche, die an Festigkeit und Zartheit wetteifern, dann aus unseren Gärten der Wallnußbaum, die Pflaume, der Pfirsich, der Birnbaum, die Rose. Eustach hat die Blätter der Hölzer alle gemalt und zur Vorgleichung zusammengestellt, er kann euch die Zeichnung einmal im Asperhofe zeigen und die vielen Arten noch angeben, die ich hier nicht genannt habe. In der Holzsammlung müssen sie ja auch vorhanden sein.«

Ich betrachtete die Sachen genauer. Die Erlenblätter, von denen mir mein Gastfreund im vorigen Jahre gesagt hatte, daß sie an einem anderen Orte verwendet worden seien, waren in der Tat außerordentlich, so feurig und fast erhaben, auch ungemein groß; alles andere Holz, wie zart, wie schön in der Zusammenstellung, daß man gar nicht ahnen sollte, daß dies in unseren Wäldern ist. Und die Gestalten der Geräte, wie leicht, wie fein, wie anschmiegend, sie waren ganz anders als die jetzt verfertigt werden, und waren doch neu und für unsere Zeit passend. Ich erkannte, welch ein Wert in den Zeichnungen liege, die Eustach habe. Ich dachte an meinen Vater, der solche Dinge so liebt. Ach, wenn er nur hier wäre, daß er sie sehen könnte! Mir war, als gingen mir neue Kenntnisse auf. Ich wagte einen Blick auf Natalie, ich wendete ihn aber schnell wieder weg; sie stand so in Gedanken, daß ich glaube, daß sie errötete, als ich sie anblickte.

Mathilde sagte zu Eustach: »Es ist im Verlaufe der Zeit, ohne daß eine absichtliche Störung vorgekommen wäre, manches hier anders geworden und nicht mehr so schön als anfangs. Wir werden es einmal, wenn ihr Zeit habt und herüber kommen wollt, ansehen, ihr könnt die Fehler erkennen und Mittel zur Abhilfe an die Hand geben.«

Wir gingen nun weiter. Durch eine geöffnete Tür gelangten wir in Zimmer, welche in einer anderen Richtung des Hauses lagen. Die durchwanderten hatten nach Süd gesehen, diese sahen nach West. Es waren ein großer Saal und zwei Seitengemächer. Waren die früheren Zimmer lieb und wohnlich gewesen, so waren diese wahrhaft prachtvoll. Der Saal war mit Marmor gepflastert, die Zimmer hatten altertümliche Wandbekleidung, altertümliche Fenstervorhänge und altertümliche Geräte, der Fußboden des Saales enthielt die schönsten, seltensten und zahlreichsten Gattungen unsers Marmors, nach einer Zeichnung eingelegt und so geglättet, daß er alle Dinge spiegelte. Es war der ernsteste und feurigste Teppich. Wir mußten hier auch Filzschuhe anlegen. Auf diesem Spiegelboden standen die schönsten und wohlerhaltensten alten Schreine und andere Einrichtungsstücke. Es waren hier die größten versammelt. In den zwei anstoßenden Gemächern standen auf feurig farbigen Holzteppichen die kleineren, zarteren und feineren. Waren gleich die altertümlichen Geräte nicht schöner als die bei meinem Gastfreunde — ich glaube, schönere wird es kaum geben —, so zeigte sich hier eine Zusammenstimmung, als müßten die, welche diese Dinge ursprünglich hatten herrichten lassen, in ihren einstigen Trachten bei den Türen hereingehen. Es ergriff einen ein Gefühl eines Bedeutungsvollen.

»Die Marmore«, sagte mein Gastfreund, »sind aller Orten erworben, geschliffen, geglättet und nach einer altertümlichen Zeichnung vieler Kirchenfenster eingesetzt worden.«

»Aber daß ihr die Geräte so zusammen gefunden habt, daß sie wie ein Einziges stimmen, ist zu verwundern«, sagte ich.

»Also empfindet Ihr, daß sie stimmen?« erwiderte er. »Seht, das ist mir lieb, daß Ihr das sagt. Ihr seid ein Beobachter, der nicht von der Sucht nach Altem befangen ist, wie uns unsere Gegner vorwerfen. Ihr empfangt also das Gefühl von den Gegenständen und tragt es nicht in dieselben hinein, wie auch unsere Gegner von uns sagen. Die Sache aber ist nur so: als man die Nichtigkeit und Leere der letztvergangenen Zeiten erkannte und wieder auf das Alte zurück wies und es nicht mehr als Plunder und Trödel ansah, sondern Schönes darin suchte: da geschahen freilich törichte Dinge. Man sammelte wieder Altes und nur Altes. Statt der neuen Mode mit neuen Gegenständen kam die neueste mit alten Gegenständen. Man raffte Schreine, Betschemel, Tische und dergleichen zusammen, weil sie alt waren, nicht weil sie schön waren, und stellte sie auf. Da standen nun Dinge beisammen, die in ihren Zeiten weit von einander ablagen, es konnte nicht fehlen, daß ein Widerwärtiges herauskam und daß die Feinde des Alten, wenn sie Gefühl hatten, sich abwenden mußten. Nichts aber kann so wenig passen, als alte Dinge von sehr verschiedenen Zeiten. Die Vorältern legten so sehr einen eigentümlichen Geist in ihre Dinge — es war der Geist ihres Gemütes und ihres allgemeinen Gefühlslebens —, daß sie diesem Geiste sogar den Zweck opferten. Man bringt Linnen, Kleider und dergleichen in neue Geräte zweckmäßiger unter als in alte. Man kann daher alte Geräte von ziemlich gleicher Zeit, aber verschiedenem Zwecke ohne große Störung des Geistes der Traulichkeit und Innigkeit, der in ihnen wohnt, zusammenstellen, während von unseren Geräten, die keinen Geist, aber einen Zweck haben, sogleich ein Widersinniges ausgeht, wenn man Dinge verschiedenen Gebrauches in dasselbe Zimmer tut, wie etwa den Schreibtisch, den Waschtisch, den Bücherschrein und das Bett. Die größte Wirkung erzielt man freilich, wenn man alte Geräte aus derselben und guten Zeit, die also denselben Geist haben, und auch Geräte des nehmlichen Zweckes, in ein Zimmer bringt. Da spricht nun in der Wirklichkeit etwas ganz anderes als bei unseren neuen Dingen.«