Als ich später in meinem Zimmer allein auf und ab ging, wollte mir mein Herz immer sagen: »Jetzt ist alles gut, jetzt ist alles gut.«
Ich kaufte mir am andern Tage eine spanische Sprachlehre, welche mir ein Freund, der sich seit mehreren Jahren mit diesen Dingen abgegeben hatte, anriet. Ich begann neben meinen anderen Arbeiten vorerst für mich in diesem Buche zu lernen, mir vorbehaltend, später, wenn ich es für nötig halten sollte, auch einen Lehrer im Spanischen zu nehmen. Auch fuhr ich nicht nur fort, in den Schauspielen Shakespeares zu lesen, sondern ich wendete die Zeit, die mir von meinen Arbeiten übrig blieb, auch der Lesung anderer dichterischer Werke zu. Ich suchte die Schriften der alten Griechen und Römer wieder hervor, von denen ich schon Bruchstücke während meiner Studienjahre als Pflichterfüllung hatte lesen müssen. Damals waren mir die Gestaltungen dieser Völker, die ich mit ruhigen und kühlen Kräften hatte erfassen können, sehr angenehm gewesen, deshalb nahm ich jetzt die Bücher dieser Art wieder vor.
Meine Zither gereichte der Schwester zur Freude. Ich spielte ihr die Dinge vor, die ich bereits auf diesen Saiten hervorzubringen im Stande war, ich zeigte ihr die Anfangsgründe, und als für uns beide in dieser Übung auch ein Meister aus der Stadt in das Haus kam, lieh ich ihr die Zither und versprach ihr, eine eben so schöne und gute oder eine noch schönere und bessere für sie aus dem Gebirge zu schicken, wenn sie zu bekommen wäre. Ich erzählte ihr, daß der Mann, der mir in dem Gebirge Unterricht im Zitherspiele gebe, bei weitem schöner, wenn auch nicht so gekünstelt spiele als der Meister in der Stadt. Ich sagte, ich wolle in dem Gebirge sehr fleißig lernen und ihr, wenn ich wieder komme, Unterricht in dem erteilen, was ich unterdessen in mein Eigentum verwandelt hätte.
Unter diesen Beschäftigungen und unter andern Dingen, welche schon frühere Winter eingeleitet hatten, ging die kältere Jahreszeit dahin. Als die Frühlingslüfte wehten und die Erde abzutrocknen begann, trat ich meine Sommerwanderung wieder an. Ich wählte doch abermals das Ahornhaus zu meinem Aufenthalte, wenn ich auch wußte, daß ich oft weit von ihm weggehen und lange von ihm würde entfernt bleiben müssen. Es war nur schon zur Gewohnheit geworden, und es war mir lieb und angenehm in ihm.
Das erste, was ich vernahm, war, daß ich Botschaft nach meinem Zitherspieljägersmanne aussandte. Da er überall zu finden ist, kam er sehr bald, und wir verabredeten, wie wir unsere Übungen im Zitherspiele fortsetzen würden. Gleichzeitig begann ich die Forschungen nach jenen Teilen der Wandverkleidungen, welche zu den meinem Vater überbrachten Pfeilerverkleidungen als Ergänzung gehörten. Ich forschte in dem Hause nach, in welchem Roland im vergangenen Sommer gezeichnet hatte, ich forschte bei dem Holzknechte, von welchem mir die Pfeilerverkleidungen waren verkauft worden, ich dehnte meine Forschungen in alle Teile der umliegenden Gegend aus, gab besonders Männern Aufträge, welche oft in die abgelegensten Winkel von Häusern und anderen Gebäuden kommen, wie zum Beispiele Zimmerleuten, Maurern, daß sie mir sogleich Nachricht gäben, wenn sie etwas aus Holz Geschnitztes entdeckten, ich reiste selber an manche Stellen, um nachzusehen: allein es fand sich nichts mehr vor. Als beinahe nicht zu bezweifeln stellte sich heraus, daß die von mir gekauften Verkleidungen einmal zu dem steinernen Hause der ausgestorbenen Gebirgskaufherren gehört haben, in welchem sie die Unterwand eines ganzen Saales umgeben haben mochten. Bei einer einmal vorgenommenen sogenannten Verschönerung späterer, verschwenderisch gewordener Nachkommen hat man sie wahrscheinlich weg getan und sie fremden Händen überlassen, die sie in abwechselnden Besitz brachten. Die Pfeilerverkleidungen, welche gleichsam Nischen bildeten, in die man Heiligenbilder tun konnte, sind übrig geblieben, die anderen geraden Teile sind verkommen oder sogar mutwillig zerschlagen oder verbrannt worden.
Gleich in den ersten Tagen meines Aufenthaltes ging ich auch mit meinem Jägersmanne von dem Ahornhause über das Echergebirge in das Echertal, wo der Meister wohnte, von dem der Jäger die Zither für mich gekauft hatte und von dem ich auch eine für meine Schwester kaufen wollte. Dieser Mann verfertigte Zithern für das ganze umliegende Gebirge und zur Versendung. Er hatte noch zwei mit der meinigen ganz gleiche. Ich wählte eine davon, da in der Arbeit und in dem Tone gar keine Verschiedenheit wahrgenommen werden konnte. Der Meister sagte, er habe lange keine so guten Zithern gemacht und werde lange keine solchen mehr machen. Sie seien alle drei von gleichem Holze, er habe es mit vieler Mühe gesucht und mit vielen Schwierigkeiten gefunden. Er werde vielleicht auch nie mehr ein solches finden. Auch werde er kaum mehr so kostbare Zithern machen, da seine entfernten Abnehmer nur oberflächliche Ware verlangten und auch die Gebirgsleute, die wohl die Güte verstehen, doch nicht gerne teure Zithern kauften.
Von dem Zitherspiele, welches mein Jäger mit mir übte, schrieb ich mir so viel auf, als ich konnte, um es der Schwester zum Einlernen und zum Spielen zu bringen.
Gegen die Zeit der Rosenblüte ging ich in den Asperhof und fand die zwei Zimmer schon für mich hergerichtet, welche ich im vorigen Sommer bewohnt hatte.
Am ersten Tage erzählte mir schon der Gärtner Simon, der von seinem Gewächshause zu mir herüber gekommen war, daß der Cereus peruvianus in dem Asperhofe sei. Der Herr habe ihn von dem Inghofe gekauft, und da ich gewiß Ursache dieser Erwerbung sei, so müsse er mir seinen Dank dafür abstatten. Ich hatte allerdings mit meinem Gastfreunde über den Cereus geredet, wie ich es dem Gärtner versprochen hatte; aber ich wußte nicht, wie viel Anteil ich an dem Kaufe hätte, und sagte daher, daß ich den Dank nur mit Zurückhaltung annehmen könne. Ich mußte dem Gärtner in das Cactushaus folgen, um den Cereus anzusehen. Die Pflanze war in freien Grund gestellt, man hatte für sie einen eigenen Aufbau, gleichsam ein Türmchen von doppeltem Glas, auf dem Cactushause errichtet und hatte durch Stützen oder durch Lenkung der Sonnenstrahlen auf gewisse Stellen des Gewächses Anstalten getroffen, daß der Cereus, der sich an der Decke des Gewächshauses im Inghofe hatte krümmen müssen, wieder gerade wachsen könne. Ich hätte nicht gedacht, daß diese Pflanze so groß sei und daß sie sich so schön darstellen würde.
Weil mein Vater an altertümlichen Dingen eine so große Freude hatte, weil ihn die Verkleidungen so sehr erfreut hatten, welche ich ihm im vergangenen Herbste gebracht hatte, so tat ich an meinen Gastfreund, da ich eine Weile in seinem Hause gewesen war, eine Bitte. Ich hatte die Bitte schon länger auf dem Herzen gehabt, tat sie aber erst jetzt, da man gar so gut und freundlich mit mir in dem Rosenhause war. Ich ersuchte nehmlich meinen Gastfreund, daß er erlaube, daß ich einige seiner alten Geräte zeichnen und malen dürfe, um meinem Vater die Abbilder zu bringen, die ihm eine deutlichere Vorstellung geben würden, als es meine Beschreibungen zu tun im Stande wären.
Er gab die Einwilligung sehr gerne und sagte: »Wenn ihr eurem Vater ein Vergnügen bereiten wollet, so zeichnet und malet, wie ihr wollt, ich habe nicht nur nichts dagegen, sondern werde auch Sorge tragen, daß in den Zimmern, die ihr benützen wollt, gleich alles zu eurer Bequemlichkeit hergerichtet werde. Sollte euch Eustach an die Hand gehen können, so wird er es gewiß sehr gerne tun.«