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Ich besuchte in jenem Winter auch gerne Orte, an welchen sich viele Menschen zu ihren Vergnügungen versammeln, um die Art ihrer Erscheinung, ihr Wesen und ihr Verhalten als eines Ganzen sehen zu können. Vorzüglich ging ich dahin, wo das eigentliche Volk, wie man es jetzt häufig zum Gegensatze der sogenannten Gebildeten nennt, zusammen kömmt. Die man gebildet nennt, sind fast überall gleich; das Volk aber ist ursprünglich, wie ich es bei meinen Wanderungen schon kennen lernte, und hat seine zugearteten Bräuche und Sitten.

Ich ging in die guten Darstellungen von Musikstücken, ich fuhr im Besuche des Hoftheaters fort, ging jetzt auch in die Oper und besuchte manche öffentliche wissenschaftliche Vorträge, dann Kunst- und Büchersammlungen, hauptsächlich aber zur Vervollkommnung meiner eigenen künftigen Arbeiten die Sammlungen von Gemälden.

Den Umgang mit meinem neuen Freunde, dem Sohne des Juwelenhändlers, setzte ich fort. Wir begannen endlich in der Tat einen eigenen Unterrichtsgang über Edelsteine und Perlen. Zwei Tage in der Woche waren festgesetzt, an denen ich zu einer bestimmten, für ihn verfügbaren Stunde kam und so lange blieb, als es eben seine Zeit gestattete. Er führte mich zuerst in die Kenntnis aller jener Mineralien ein, welche man Edelsteine nennt und vorzüglich zu Schmuck benützt. Ebenso zeigte er mir alle Gattungen von Perlen. Hierauf unterrichtete er mich in dem Verfahren, die Juwelen zu erkennen und von falschen zu unterscheiden. Später erst ging er auf die Merkmale der schönen und der minder schönen über. Bei diesem Unterrichte kamen mir meine Kenntnisse in den Naturwissenschaften sehr zu statten, ja ich war sogar im Stande, durch Angaben aus meinem Fache die Kenntnisse meines Freundes zu erweitern, besonders was das Verhalten der Edelsteine zum Lichtdurchgang, zur doppelten Brechung und zu der sogenannten Polarisation des Lichtes anbelangt. Ich hatte aber noch immer nicht den Mut, über die gebräuchliche Fassung der Edelsteine mit ihm zu sprechen und meine Gedanken hierüber ihm mitzuteilen.

Unter diesen Dingen ging neben meinen eigentlichen Arbeiten der Unterricht, den ich meiner Schwester gab, regelmäßig fort. In der Malerei hatte sie noch viel größere Schwierigkeiten als ich, weil sie einesteils weniger geübt war und weil sie andernteils die Urbilder nicht gesehen, sondern nur fehlerhafte Abbilder vor sich hatte. Im Zitherspiel ging es weit besser. Ich wurde heuer ein wirksamerer Lehrer, als ich es in dem vergangenen Jahre gewesen war, und konnte nach dem, was ich gelernt hatte, überhaupt ein besserer Lehrer für sie sein, als einer in der Stadt zu finden gewesen wäre, obwohl diese Schwierigkeiten überwanden, deren Besiegung mir und Klotilden eine Unmöglichkeit gewesen wäre. Nach meinen Ansichten, die ich in den Bergen gelernt hatte, kam es aber darauf nicht an. Wir lernten endlich wechselweise von einander und brachten manche freudige und empfindungsreiche Stunde an der Zither zu.

Ich mußte zuletzt Klotilden auch im Spanischen unterrichten. Da ich immer einige Schritte von ihr voraus war, so konnte ich allerdings einen Lehrer für sie wenigstens in den Anfangsgründen vorstellen. Wie es im weiteren Verlaufe zu machen wäre, würde sich zeigen. Wir lebten uns in ein wechselseitiges Tätigkeitsleben hinein.

So verging der Winter, und ich blieb damals bis ziemlich tief in das Frühjahr hinein bei den Meinigen in der Stadt.

Die Annäherung

Obwohl fast den ganzen Winter hindurch davon die Rede gewesen war, daß mich der Vater in dem nächsten Frühlinge in das Gebirge begleiten werde und daß er bei dieser Gelegenheit den Mann im Rosenhause besuchen wolle, um dessen Seltenheiten und Kostbarkeiten zu sehen, so hatte er doch, als der Frühling gekommen war, nicht Zeit, sich von seinen Geschäften zu trennen, und ich mußte wie in allen früheren Jahren meine Reise allein antreten.

Als ich zu meinem Gastfreunde gekommen war, war das Erste, daß ich ihm von den Wandverkleidungen erzählte. Ich hatte früher ihrer nicht erwähnt, weil ich sie doch nicht für so wichtig gehalten hatte. Ich erzählte ihm, daß ich sie in dem Lauterthale gefunden und gekauft habe und daß sie aus Schnitzarbeit von Gestalten und Verzierungen bestanden. Der Vater, dem ich sie gebracht, habe eine große Freude darüber gehabt, habe sie nicht nur mit großem Vergnügen empfangen, sondern habe auch einen Teil eines Nebenbaues unseres Hauses umgebaut, um die Verkleidungen geschickt anbringen zu können. Dieses letztere habe mir erst gezeigt, wie wert der Vater diese Dinge halte, und dies habe mich bestimmt, noch genauer nachzuforschen, ob ich denn die Ergänzungen zu dem Getäfel nicht aufzufinden vermöge; denn das, was der Vater habe, seien nur Bruchstücke, und zwar zwei Pfeilerverkleidungen, das übrige fehle. Ich habe wohl schon Nachforschungen in der besten Art, wie ich glaube, angestellt; aber ich wolle sie doch noch fortsetzen und versuchen, ob ich nicht noch neue Mittel und Wege auffinden könne, zu meinem Ziele, wenn es noch vorhanden sei, zu gelangen oder die größtmögliche Gewißheit zu erhalten, daß das Gesuchte nicht mehr bestehe. Ich beschrieb meinem Gastfreunde, so gut ich es aus der Erinnerung konnte, die Vertäflungen und machte ihn mit dem Fundorte und den Nebenumständen bekannt. Ich verhehlte ihm nicht, daß ich das darum tue, daß er mir einen Rat geben möge, wie ich etwa weiter vorzugehen habe. Es handle sich um einen Gegenstand, der meinem Vater nahe gehe. Nicht vorzüglich, weil diese Dinge schön seien, obwohl dies auch ein Antrieb für sich sein könnte, sondern hauptsächlich darum suche ich darnach zu forschen, weil sie dem Vater Freude machen. Je älter er werde, desto mehr schließe er sich in einem engen Raume ab, sein Geschäftszimmer und sein Haus werden nach und nach seine ganze Welt, und da seien es vorzüglich Werke der bildenden Kunst und die Bücher, mit denen er sich beschäftige und die Wirkung, welche diese Dinge auf ihn machen, wachse mit den Jahren. Er habe sich von dem Schnitzwerke in den ersten Tagen kaum trennen können, er habe es in allen Teilen genau betrachtet und sei zuletzt so mit demselben bekannt geworden, als wäre er bei dessen Verfertigung zugegen gewesen. Darum wolle ich so vorgehen, daß ich mich nicht in die Lage setze, mir einen Vorwurf machen zu müssen, daß ich in meinen Nachforschungen etwas versäumt habe. Bisher seien sie freilich fruchtlos gewesen.

Mein Gastfreund fragte mich noch um einige Teile des Werkes und seines Auffindens, die ich ihm nicht dargestellt hatte oder die ihm dunkel geblieben waren, und ließ sich die Örtlichkeiten des Auffindens noch einmal auf das Umständlichste beschreiben. Hierauf sagte er mir, ich möge an meinen Vater ungesäumt einen Brief senden und ihn bitten, die genauen Ausmaße des Schnitzwerkes nach Außen und nach Innen zu nehmen und mir zu schicken. Ich begriff augenblicklich die Zweckmäßigkeit der Maßregel und schämte mich, daß sie mir selber nicht früher eingefallen war. Er selber wolle vorläufig an Roland schreiben und ihm dann, wenn sie eingelangt wären, die Ausmaße schicken. Auch wolle er seine Geschäftsführer in jener Gegend beauftragen, sich um die Sache zu bemühen. Wenn das Gesuchte zu finden ist, so dürfte Roland der geeignetste Mithelfer sein, und die anderen Männer, die er noch auffordern werde, hätten sich schon in den verschiedensten Gelegenheiten sehr erprobt.