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»Ja.«

Al drückte den Schalterknopf hinein ein kleiner Springbrunnen Gestein und Staub sprühte von dort in die Höhe, wo der Sprengkörper gelegen hatte, und schon ertönte der Krach der starken Explosion.

Ihre Blicke hingen am Lochstreifen, der sich eilig aus dem Schlitz des Erschütterungsmessers schlängelte. Es vergingen keine zwei Sekunden – da schlug der Zeiger aus, und die Düse sprühte einige spitze Zacken aufs Papier. René richtete sich eben befriedigt auf, da grollte und donnerte es erneut um sie; da es in der Zwischenzeit ganz still gewesen war, kam es ihnen jetzt doppelt so laut vor.

»Das Echo«, sagte Al.

René sah ihn kopfschüttelnd an.

»Ja… aber woher?«

»Von den Bergen wahrscheinlich«, mutmaßte Al.

»Das waren nicht die Berge«, sagte René. »Das kam viel zu rasch.«

Al blickte erstaunt umher.

»Du findest nichts in der Nähe, was ein so starkes Echo hervorbringen könnte«, sagte René. »Und außerdem… mir war, als sei es von oben gekommen.«

»Ach«, machte Al verwundert.

»Bereite noch eine Ladung vor«, bat René. »Das müssen wir herausfinden!«

Al folgte seinem Wunsch und entzündete den Explosionsstoff. Sie hielten ihre Köpfe schräg, um die Richtung besser feststellen zu können.

Die Kapsel detonierte mit lautem Krach… sieben Sekunden Stille… dann das Gepolter der zurückprallenden Schallwellen.

»Alle Wetter!« ächzte Al. »Es kommt wirklich von oben!«

René zog im scharfen Nachdenken die Stirn kraus.

»Es kann nur eines sein«, rief er dann, »die unsichtbare Schirmwand!«

»Alle Wetter! Du hast’s gefunden!« Al war voll Anerkennung. »Natürlich, der Schirm! Sie haben ihn höher gelegt!«

»Aber warum?« fragte René.

»Sie wollten den Schutz vervollständigen!«

»Das bedeutet: Sie wissen nicht, auf welche Weise wir hierhergekommen sind.«

»Genau das«, bestätigte Al. »Der Synchronstrahl geht durch den Schirm, denn wir hatten keine Empfangsschwierigkeiten, als wir uns darunter befanden.«

»Sie kennen ihn nicht«, sagte René. »Wir haben sie überlistet. In einigen Dingen sind wir ihnen überlegen. Wie das doch mein Selbstbewußtsein stärkt!«

Beide waren erregt, als hätten sie einen Sieg errungen. Guter Dinge wandten sie sich dem Seismographen zu.

»Was entnimmst du aus der Kurve?« fragte Al.

»Eines steht fest: Unten, etwa zwei Kilometer tief, liegt eine reflektierende Schicht…«

Al unterbrach ihn:

»Vielleicht die Decke der Kellerräume?«

»Kann sein. Ich glaube, ich kann aber jetzt auch die schwachen Ausschläge erklären. Zwischen dieser Schicht und der Plastikoberfläche befindet sich ein stark dämpfendes Material…«

»Ausgezeichnet!« rief Al. »Dann ist ja alles klar! Zum ersten Mal verstehe ich den Sinn von dem, was hier geschehen ist. Es geht darum, das zu schützen, was da unten liegt. Offenbar sind die untersten Räume, in die wir nicht eindringen konnten, noch erhalten. Sie bergen irgend etwas Wertvolles. Die Atombombenexplosion hat bewiesen, daß der Schutzschild über der Stadt und die optischen Täuschungen nicht ausreichen, um es zu bewahren – und darum sind jetzt wirkungsvollere Maßnahmen getroffen worden. Der Schild reicht jetzt viel weiter, hoch in die Berge hinauf, vielleicht auch darüber hinweg…«

»Vielleicht sogar um den ganzen Planeten!« setzte René hinzu.

Al stimmte bei.

»Auch das wäre denkbar. Außer dem Schild haben sie aber noch etwas anderes angebracht, nämlich eine dicke Platte, die unmittelbar über den Kellerräumen liegt. Sie besteht aus dämpfendem Material und hat die Aufgabe, Erschütterungen abzufangen! Das ist’s!«

René verhehlte sein Einverständnis mit den Ergebnissen von Als Überlegungen nicht.

»Das könnte alles stimmen. Auch die Tiefe der reflektierenden Schichtgrenze dürfte dieselbe sein wie früher.«

»Wie tief liegt sie denn?«

»Ich kann es nicht genau sagen, weil ich die Schallgeschwindigkeit in dieser Dämmplatte nicht kenne, aber wie gesagt – es müßte ungefähr die Tiefe des alten Talbodens sein, das Niveau also, in dem wir den eigenartigen Eingang unter dem Hügel gefunden haben.«

René schnitt den perforierten und gerasterten Streifen mit dem Seismogramm ab, spulte ihn zusammen und steckte ihn in eine Büchse an der Seitenwand des Geräts. Dann klappte er den Deckel zu.

»Die große Frage ist die, wie wir in die Tiefe kommen«, sagte er und schob den Tragriemen über seine Schulter. Dabei fiel sein Blick nach Westen… erstarrt hielt er in seiner Bewegung inne: Ein Schatten glitt eilig über den Boden, ein dunkler Fleck, der schwerelos die Buckel hoch- und wieder hinunterglitt, über ebene Flächenstreifen huschte und über Gruben sprang – gerade auf ihn zu. Unverzüglich gingen seine Blicke hoch, er suchte nach der Ursache – die Sonne schien ihm ins Gesicht, und er konnte nichts Genaues wahrnehmen, aber doch genug: einen dunklen Körper unbestimmter Größe in Form einer hängenden Glocke. Er vermochte gerade noch einen Schrei auszustoßen, dann stand der Schatten über ihm, und er sah nichts mehr.

Al hatte erst durch den Schrei bemerkt, daß etwas vorgefallen war. Er sah, wie sich die Glocke über René stülpte, und rannte auf den Hubschrauber zu. Noch bevor er ihn erreichte, erfaßte auch ihn ein Schatten, er sah einen schwarzen Schlund über sich aufgehen, um ihn herum senkte sich etwas, unter seinen Füßen schob sich etwas zusammen, er fühlte sich ungefähr einen Meter emporgehoben, und es wurde stockdunkel.

Er streckte die Hände tastend vor und versuchte, zur Wand zu gehen… er machte Schritte, aber erreichte keine Wand. Er hatte das Gefühl, als paßte sich der Boden unter ihm auf eine geheimnisvolle Weise den Bewegungen seiner Füße an, als gliche er sie irgendwie aus. Er stand einen Moment still und beugte sich vor, versuchte den Boden zu erreichen… was er berührte, war etwas Festes, aber doch Nachgiebiges, wie ein auf Federn sitzendes, mit Scharnieren befestigtes Brett. Er wußte aber, daß dieser Vergleich viel zu primitiv war und daß sich die Wirklichkeit seiner Vorstellung entzog.

Auf einmal regte sich etwas, Licht glühte für einen verschwindenden Augenblick auf, ein Laut erklang, war aber schon wieder verschluckt, ehe er sich dessen bewußt war, etwas tastete über ihn, ein kleiner Schmerz stach so kurz, daß er nicht sicher war, ob er sich nicht getäuscht hatte…

Blitzschnell lief dieses Geschehen um ihn herum ab, behutsam, sanft, doch mit unbeirrbarem Nachdruck, ohne ihn in seiner Bewegungsfreiheit auch nur im geringsten zu hemmen, und gleichzeitig, ohne ihm die geringste Möglichkeit zur Auflehnung zu bieten.

Es ist ein Test, dachte er, ein Test wie jener vor etwas mehr als zwei Wochen, als wir zum ersten Mal das Maschinengelände betreten hatten. Jeder, der die Grenze überschreitet, wird geprüft – das ist klar. Und wenn er wiederkommt, wird er wieder geprüft. Diese Glocke unterschied sich allerdings ganz gehörig von der Halle, in der sie von Zelle zu Zelle transportiert und auf relativ grobe Weise behandelt worden waren. Hier geschah nichts Unangenehmes, Peinigendes oder Erschreckendes – das war Perfektion. Das Verwandte der beiden Vorgänge war nicht zu übersehen, aber die primitiven Umstände des ersten waren hier einer unglaublichen technischen Überlegenheit gewichen. Es war, als hätte sich die Methode in zwei Wochen von den Anfängen zur Vollkommenheit weiterentwickelt. Al sah aber ein, daß das nicht möglich war, daß es nicht so sein konnte. Dieses Höchstentwickelte war vorher auch schon dagewesen, nur hatte es nicht eingegriffen. Es hatte die Sicherungsaufgaben einfacheren automatischen Mechanismen überlassen. Aber diese gab es nun nicht mehr, und jetzt war er in der Hand von etwas, gegen das er noch viel weniger ausrichten konnte als gegen die Prüfung in der Maschinenstadt. Damals waren sie für harmlos befunden worden. Inzwischen aber hatten sie gezeigt, daß sie nicht harmlos waren. Die alte Maschinerie hatte versagt. Das Prüfergebnis war ein falsches gewesen. Würde sich auch die neue irren? Und wenn nicht – was geschah dann mit ihnen?