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Die Entscheidung fiel. Al brauchte nicht lange darauf zu warten, nur wußte er nicht, wie sie ausgefallen war. Er sank um einen Meter tiefer… stand wieder auf festem Grund… vom Boden her wuchs ein blendend heller Zylinder hinauf – die Glocke hob sich und gab ihn frei. Ein Schatten stob hinweg, der massige Metallkörper schmolz irgendwo in der Ferne zu einem Punkt zusammen.

»He, Al, lebst du noch?«

Al fuhr herum. René stand hinter ihm. Er stand genau auf jener Stelle, auf der ihn die Glocke erwischt hatte, und auch Al war um keinen Meter von seinem Standort fortgebracht worden. Aber dort, wo der Hubschrauber gestanden hatte, thronte jetzt eine weitere Glocke, viel größer als jene, die René oder ihn bedeckt hatte. Sie war aus jenem glänzenden schwarzen Metall, das sie schon von der Pforte in die Unterwelt, von der tellerförmigen Platte am Grund des Hügels, kannten. Al wollte darauf zugehen, doch da hob sich auch dieser haushohe Körper mit derselben Leichtigkeit wie die beiden kleineren Exemplare und schoß davon.

»Jetzt hab’ ich aber genug von solchen Überraschungen«, murrte René.

»Wir haben sie ja durch unsere Probeexplosionen geradezu herbeigerufen«, meinte Al. »Vielleicht sind sie allergisch gegen Explosionen. Mich interessiert viel mehr, was für ein Ergebnis diese Untersuchungen haben werden. Sogar der Hubschrauber wurde getestet.«

»Offenbar keines – sie scheinen friedlich zu sein. Sie haben uns in Frieden gelassen.«

»Ich würde mich wundern, wenn es auch diesmal so glatt ginge«, seufzte Al.

Mit leichtem Mißtrauen blickten sie auf die leere Ebene hinaus. Sie sahen genau in jene Richtung, in der etwas Merkwürdiges geschah. Der Sand wölbte sich auf, als ob sich irgendein Wesen darunter recken wollte, und dann tauchte ein schwarzer Zylinder empor. Er wuchs an, bis er als kleiner gedrungener Turm wie verloren in der Wüste stand.

3

In wenigen Minuten hatte sich die Stimmung der beiden grundlegend gewandelt. Vor dem Auftauchen der Testglocken war ihnen gewesen, als hätten sie den Erfolg schon in der Tasche, als gäbe es nur einige unwesentliche technische Hindernisse zu überwinden, um sie ans Ziel zu führen. Und jetzt hatte die andere Seite wieder die Initiative ergriffen, und zwar in einer Weise, die ihnen die Beweggründe so unverständlich erscheinen ließ wie zuvor.

»Was hat das zu bedeuten?« fragte René.

Al dachte kurz nach.

»Sie haben uns untersucht und sind zu einem Ergebnis gekommen. Das ist die Antwort darauf.«

»Du bist der Ansicht, daß dieser schwarze Turm für uns da ist?«

»Gewissermaßen.« Al kam zu einem Entschluß. »Sehen wir uns das Ding einmal aus der Nähe an!«

René war von diesem Vorschlag nicht begeistert.

»Es könnte eine Falle sein.«

»Dieser Turm scheint uns eine Möglichkeit zu bieten, nach unten zu kommen. Gerade das wollen wir. Hätten sie die Absicht, uns gefangenzunehmen, uns zu verschleppen oder uns sonst etwas anzutun – was sollten wir dann schon dagegen machen? Oder könntest du dich gegen diese Glocken wehren?« Er wartete kurz auf Antwort, aber René verzichtete darauf. »Na also«, fuhr Al fort. »Mir kommt das eher wie eine friedliche Einladung vor. Ich folge ihr jedenfalls.«

»Du kannst doch gar nicht beurteilen, ob sie etwas gut meinen oder bös. Du gibst selbst zu, daß sie anders denken als wir.«

»Das gebe ich zu. Aber glaubst du, daß es unter diesen Umständen Sinn hat, auf andere Art in die Unterwelt eindringen zu wollen? Willst du einen Stollen graben oder den Kessel wieder ausräumen? Glaubst du, daß das sicherer wäre?«

»Na schön«, sagte René nach einer Weile. »Gehen wir also.«

Solange sie sich auf festem Grund befanden, kamen sie gut vorwärts, dann mußten sie mit dem Sand fertig werden, in den sie einsanken wie in Pulverschnee, aber stets stießen sie in wenigen Dezimeter Tiefe auf Grund und gelangten, zwar langsam, aber nicht wesentlich behindert in die Nähe des Turms.

Auch dieses Gebilde bestand aus der schwarzglänzenden Legierung, wie alles, was sie bis jetzt aus dem Bereich der untersten Regionen kennengelernt hatten. Es schien direkt aus dem Sand hervorgekommen zu sein – als René zu nahe herantrat, glitt er in eine sanderfüllte Spalte zwischen Wand und Gesteinsuntergrund. Hätte er sich nicht mit dem Knie verstemmt, wäre er noch tiefer gesunken. Al hielt ihm seine Hand hin und zog ihn wieder zu sich herauf.

»Puh«, ächzte René erschrocken. »Hier führt ein Schacht hinab.«

Al blinzelte mit gutmütigem Spott.

»Wenn wir schon nach unten wollen, dann schlage ich vor, im Inneren des Turms und nicht daneben.« Er wies auf eine Öffnung, die sie vorher nicht bemerkt hatten – ein eineinhalb Meter hohes und drei Meter breites Rechteck in der gewölbten Wand.

»Mir soll’s recht sein«, sagte René, seinem Schicksal ergeben.

Al trat vor die Tür und blieb staunend stehen.

»Ach, wie zuvorkommend!«

Von der Schwelle war eine Einstiegsrampe herausgeklappt. Auch an diesem Mechanismus war die Ähnlichkeit mit der Rampe, die zu dem Schwebeboot geführt hatte, nicht zu verkennen.

»Ich glaube, diese Automaten wärmen das Messer an, bevor sie uns auseinandernehmen«, sagte René mit komischer Verzweiflung.

Nebeneinander gingen sie gebückt in den Raum. Er hatte die Form eines stehenden flachen Zylinders und war leer. Quer über die Decke lief eine Reihe von leuchtenden Scheiben. Sie saßen an aneinanderliegenden Blöcken, die Renés Aufmerksamkeit erregten.

Er war noch in ihre Betrachtung versunken, als ihn Al anstieß: Die Tür schob sich zu. Das Tageslicht versiegte, und nur noch das milde Weiß der Lichtkreise erhellte den Raum. Dann gab der Boden unter ihren Füßen nach. Sie sanken in die Tiefe.

»Ein Förderkorb«, sagte René.

»Wolltest du lieber Stiegen steigen?« fragte Al.

An dem Maß, in dem sie leichter wurden, merkten sie, wie schnell die Fahrt vor sich ging. Trotzdem schien es ungewöhnlich lange zu dauern, bis sie zunehmenden Druck von unten spürten – ein Zeichen, daß der Aufzug zum Stehen kam. Dann hatten sie den Eindruck, als ob sie sich wieder aufwärts bewegten, und merkten erst, daß es eine Täuschung war, als die Schiebetür aufging.

Sie erkannten die Örtlichkeit: Sie befanden sich unmittelbar über der Platte, die das Kellergeschoß des Hügels gegen die oberen Etagen abgrenzte. Sie traten hinaus und sahen, daß der Schacht, durch den sie gefahren waren, genau über der ovalen Öffnung lag. Sie traten auf einen Sockel, dessen Oberfläche unmittelbar an den Boden der Förderkabine anschloß und von dem sie über eine Spiralenbahn zur vier Meter tieferen Platte gelangten. Nun erst erblickten sie das Tor. Der innerste Deckel war nach oben ausgeschwenkt – der Zugang stand ihnen offen.

»Wir geraten immer mehr in die Gewalt eines fremden Willens«, sagte René.

»Wir können nichts anderes tun als hoffen, daß er kein zerstörerischer ist«, sagte Al. »Zum Umkehren ist es zu spät.«

Auf alle möglichen Überraschungen gefaßt, bewegten sie sich über den Steg hinunter zum Boden. Die Halle sah jetzt ein wenig anders aus als bei ihrem ersten Besuch. Die Decke schien neu aufgebaut zu sein; während sie früher aus grauem Material bestanden hatte, war ihre Farbe jetzt weißlich gelb und braun marmoriert.

Die Zahl der Stützen, die Boden und Decke verbanden, hatte so stark zugenommen, daß man nicht weit sehen konnte.

»Wieder etwas Neues«, sagte René.

»Die Stützen?« fragte Al, der den bewundernden Blicken Renés gefolgt war.

»Ihre Anordnung. Sie ist vollkommen unregelmäßig. Eine statistische Verteilung. Mir fallen gleich auf Anhieb eine ganze Menge Gründe ein, warum diese Anordnung mehr Sicherheit gegen Einsturz bietet als jedes regelmäßige Muster. Ich muß es einmal durchrechnen.«