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Jedenfalls paßt ihr Verhalten auf diesem Planeten völlig in dieses Schema. Sie wandern ahnungslos herum, wobei sie nicht selten in schwere Gefahr geraten. Sie nehmen das, was ihnen gefällt, und wenn es nicht ohne weiteres geht, dann eben mit den Hilfsmitteln, die sie gerade vorfinden. Sie beschießen sich gegenseitig und halten es für einen zünftigen Spaß. Sie verlieren einen Kameraden – ich zitiere nur den Tod Katjas – und nehmen es ohne tiefen Eindruck hin; sie verstehen ihn nicht. Und schließlich stoßen sie auf die Platte, die ihrem Ziel im Weg steht, und sie wählen den einzigen Weg, der ihnen Erfolg verspricht. Sie wählen diesen Weg, obwohl sie damit das eigene Leben riskieren. Wir wissen zwar nicht, was vom Moment der Explosion an mit ihnen geschehen ist; wir haben alle für tot gehalten. Das Auftauchen Als und Renés war eine große Überraschung für uns. Es ist uns nicht erklärlich. Vielleicht hängt es mit der Art zusammen, wie sie sich durch den Weltraum bewegen, aber das können wir nicht klären, denn meine Mandanten verweigern die Aussage darüber, und das ist ihr gutes Recht.

Jedenfalls steht damit fest, daß die Angeklagten naiv und infantil sind. Was sie tun, ist für sie Spiel. Zwischen Spiel und Wirklichkeit können sie nicht unterscheiden. Ihre zweifellos vorhandenen geistigen Kräfte sind auf Irrealitäten gerichtet. Sie sind unfähig, auf eigenen Füßen zu stehen. Und was das ihnen zur Last gelegte Verbrechen betrifft: Sie konnten nicht absehen, was sie taten. Sie sind nicht dafür verantwortlich – und daher freizusprechen.

Es ist nun einmal nicht damit getan, die Unschuld der Angeklagten zu beweisen, denn zweifellos ist ein Verbrechen begangen worden, und es läßt sich nicht nur auf das Zusammentreffen ungünstiger Zufälle zurückführen, wenn solche zweifellos auch beteiligt waren. Hier komme ich nun auf die Tatsachen zurück, die ich der Registratur entnommen habe. Ich darf zusammenfassen:

Es gab zwar eine Sicherung gegen Meteore, aber nicht gegen eindringende Intelligenzwesen. Ich möchte nebenbei auf den Eventualfall hinweisen, es wären hier nicht harmlose, ins Spiel vertiefte Kinder, sondern kriegerische Eroberer angekommen.

Dann hätten wir wohl kaum Gelegenheit, Gericht zu halten. Doch zurück zum Thema: Die Maschinenstadt war ebenfalls wehrlos, denn ihre Kontrollorgane konnten nur dann eingreifen, wenn das Unheil schon eingetreten war. Wer an die Steuerung herankam, konnte sie beliebig ausschalten, was ja auch geschehen ist. Die Rezeptoren nahmen zwar alles auf und meldeten es uns weiter, aber wir begnügten uns damit, es zu registrieren. Brauche ich jetzt noch nach dem wahren Schuldigen zu fragen? Ich glaube, er steht fest. Auch Passivität kann ein Verbrechen sein.

Aber damit nicht genug. Die Regeln, nach denen sich die Angeklagten verhielten, waren sehr vernünftig. Sie waren eigentlich so, daß gar nichts Böses geschehen konnte, wenn es nicht geradezu herausgefordert wurde. Und das war hier der Falclass="underline" Wir ließen die Werkzeuge der Vernichtung, die Kanonen, Werfer, Bomben und Raketen frei herumliegen. Wir haben nichts getan, um sie zu sichern. Jeder, der kam, konnte sie in Funktion setzen. Ist es da ein Wunder, wenn das unter ungünstigen Verhältnissen einmal schiefgeht? Ich glaube, man kann es als erwiesen ansehen, daß die Angeklagten nur das zufällig eingreifende, unwissende Werkzeug zur Auslösung waren. Der wahre Schuldige ist der Automat, seine Beschränktheit und seine Passivität. Ich erwarte, daß die Anklage auf die Einheit umgeschrieben wird. Ich erwarte, daß meine Mandanten freigesprochen werden.«

Vorsitzender: »Das letzte Wort haben die Angeklagten. Alexander Beer-Weddington!«

Aclass="underline" »Ich verlange, daß nicht Automaten, sondern Menschen Recht sprechen. Ich möchte den Menschen dieses Planeten gegenübergestellt werden.«

Vorsitzender: »Das ist sinnlos. René Jonte-Okomura!«

René: –

Vorsitzender: »Die Verhandlung ist geschlossen. Die Logistikanlage gibt das Urteil und seine Begründung bekannt.«

Logistikanlage: »Der Ankläger hat zu beweisen versucht, daß es sich bei den Angeklagten um Individuen handelt, die sich gewohnheitsmäßig nicht um Gesetz und Recht kehren. Die Frage, ob sich die Angeklagten gewohnheitsmäßig um Gesetz und Recht kehren, spielt bei der Beurteilung der Schuldfrage keine Rolle.

Der Ankläger hat zu beweisen versucht, daß die Angeklagten gefühllose Rohlinge sind. Die Frage, ob die Angeklagten gefühllose Rohlinge sind, spielt bei der Beurteilung der Schuldfrage keine Rolle.

Der Ankläger ging auf die Gründe ein, die die Angeklagten zu ihrer Tat trieben. Die Gründe, die die Angeklagten zu ihrer Tat trieben, spielen bei der Beurteilung der Schuldfrage keine Rolle.

Der Verteidiger hat auf die Lebensweise der Angeklagten hingewiesen. Die Lebensweise der Angeklagten spielt bei der Beurteilung der Schuldfrage keine Rolle.

Der Verteidiger hat die wirklichkeitsfremde Mentalität der Angeklagten erläutert. Die wirklichkeitsfremde Mentalität der Angeklagten spielt bei der Beurteilung der Schuldfrage keine Rolle.

Der Verteidiger diskutierte die mangelhafte Sicherung der Stadt. Die mangelhafte Sicherung der Stadt spielt bei der Beurteilung der Schuldfrage keine Rolle.

Das Verbrechen wurde durch die Registratur aufgezeichnet (Reg.-Nr. 7301293325081).

Die Personen der Täter sind durch die Registratur bestimmt (Reg.-Nr. 7 301 293 362 075/6).

Die Identität der Angeklagten ist durch eine Neuregistrierung (Reg.-Nr. 730129336207718) und durch Vergleich mit den Ergebnissen der ersten Registrierung erwiesen.

Rechtskräftige Einwände gegen die Schuld der Angeklagten wurden nicht vorgebracht.

Die Angeklagten sind daher im Sinn der Anklage nach ihrem eigenen Recht schuldig.

Ihr Verbrechen ist nach ihrer eigenen Strafordnung durch den Tod in der Gaskammer zu sühnen.«

5

Die Verhandlung hatte in einem Raum mit rechteckigem Grundriß, sechzehn Meter lang, acht Meter breit und vier Meter hoch, stattgefunden, der dadurch aus ihrer Gefängniszelle entstanden war, daß die Wände auseinandergetreten waren. Seine Begrenzungen bestanden aus den bekannten Bausteinen. Außer Al und René hatten sich in ihm noch die drei separierten Einheiten des Vorsitzenden, des Staatsanwalts und des Verteidigers befunden. Alle hatten die gleiche würfelförmige Gestalt gehabt, alle drei waren nach der Urteilsverkündung durch die Wand weggetaucht. Die beiden Freunde waren allein.

»Ich glaube, ich träume«, sagte René. »Das kann doch nicht wahr sein.«

»Warum nicht?« fragte Al. »Es klang doch alles sehr logisch. Und schließlich haben wir uns wirklich schuldig gemacht.«

»Jetzt wollen sie uns mit Gas töten«, sagte René.

Al hörte ein leises Beben in Renés Stimme.

»Hast du vielleicht Angst?«

»Es ist ein komisches Gefühl. Ich bin noch nie zum Tode verurteilt worden.«

Die Wände begannen sich zusammenzuschieben, sie drückten Al, der in einer Ecke gelehnt hatte, vor sich her. René wich von selbst vor ihnen zurück. Der Hohlraum verkleinerte sich, bis der Grundriß auf einen Quadratmeter zusammengeschrumpft war. Unbehaglich standen sie in dem hohen, engen Schacht, der sich auf diese Weise gebildet hatte. Dann senkte sich die Decke auf sie herab. Sie machte in Kopfhöhe nicht halt, sondern näherte sich bis auf die Höhe von einem Meter.

»Verflucht, es soll doch nicht schon losgehen!« befürchtete René.

»Das ist wirklich eine Gemeinheit, einen so zusammenzupressen«, beschwerte sich Al.

Sie hockten nebeneinander am Boden.

»Ich glaube, es geht los«, flüsterte René. Er schnupperte an der Wand. »Spürst du den Geruch von bitteren Mandeln? Das ist Zyangas. Es kommt aus Düsen.«