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Und seither dröhnt das Radio unserer Nachbarn ungestört in jedem Winkel unserer Wohnung.

Wettervorhersage :

Neigung zu Regenschirmverlusten

Heuer haben wir wirklich ein unmögliches Aprilwetter. Manchmal ballen sich dunkle Wolken am Himmel zusammen, und ein kalter Wind heult durch die Gegend. Zehn Minuten später scheint die Sonne, als wäre nichts geschehen, und nach weiteren fünf Minuten regnet es, oder es kommt sogar ein Gewitter.

In solchen Zeiten ist es besser, nicht ohne Regenschirm aus dem Haus zu gehen. Zumindest meinte das meine Frau, als ich mich auf den Weg machte, unser Auto aus der Reparaturwerkstätte abzuholen.

„Nimm meinen Regenschirm, Liebling", sagte sie. „Aber bitte, verlier ihn nicht!"

Jedesmal, wenn ich mit einem Regenschirm das Haus verlasse, wiederholt sie diese völlig überflüssige Mahnung.

„Teuerste", antwortete ich daher, „wann habe ich jemals einen Regenschirm verloren?"

„Vorgestern", meinte sie prompt darauf. „Eben deshalb möchte ich nicht, daß du jetzt auch noch meinen verlierst."

Mit welchem Triumph in der Stimme sie mir unter die Nase reibt, daß ich meinen Regenschirm irgendwo stehenließ und jetzt ihren nehmen muß: dieses lächerlich kleine, blaßblaue Ding, das anstelle eines anständigen Griffs einen Hundekopf aus Elfenbein oder Plastik hat. Angewidert nahm ich ihn und ging hinaus in den strömenden Regen.

Als ich aus dem Autobus stieg, hatte sich das Wetter gebessert. Der Himmel war klar, die Bäume blühten, die Vögel zwitscherten, die Sonne schien, und ich ging, mit einem Damenregenschirm am Arm, durch die Straßen.

Der Wagen war noch nicht fertig, ich sollte später noch einmal wiederkommen.

Auf dem Heimweg kam ich an der Bank vorbei. Dort hob ich etwas Geld ab. Anschließend setzte ich mich kurz ins Café California, plauderte mit Freunden und kam pünktlich um ein Uhr zum Essen nach Hause.

Die Frage, mit der mich meine Frau empfing, lautete: „Wo ist der Regenschirm?"

Tatsächlich, wo war er? Ich hatte ihn vollständig vergessen. Aber wo? Und schon kam mir die Erleuchtung:

„Er ist im ,California'! Ich erinnere mich genau, daß ich ihn zwischen den Knien versteckt hielt, damit ihn niemand sieht. Natürlich. Ich hole ihn sofort, Liebling. In ein paar Minuten bin ich zurück."

Inzwischen hatte es wieder angefangen zu regnen. Ich sauste zum Bus. Dort setzte ich mich auf einen freien Platz und dachte über Regenschirme nach. Erst im letzten Augenblick merkte ich, daß ich an der richtigen Haltestelle angekommen war. Ich sprang auf, griff nach dem Regenschirm und drängte zum Ausgang.

„He! Das ist mein Schirm!"

Dieser Ausruf kam von einer sehr dicken Dame, die die ganze Zeit neben mir gesessen war. In meiner Zerstreutheit hatte ich ihren Regenschirm genommen. Na und? So etwas kann vorkommen. Aber die sehr dicke Dame machte einen fürchterlichen Wirbel, bezeichnete mich als Dieb und drohte sogar mit der Polizei. Vergeblich versuchte ich ihr zu erklären, daß ich auf ihren schäbigen Schirm nicht angewiesen sei und mehrere eigene besäße. Die sehr dicke Dame schimpfte ungerührt weiter, bis ich mich ihren Angriffen durch Flucht entzog. Im „California" fand ich sofort den Schirm meiner Frau, oder genauer, das, was von ihm übrig beglieben war. Man hatte ihn achtlos in eine Ecke geworfen und war barbarisch über ihn hinweggetrampelt, so daß er vor lauter Schmutz nicht mehr wiederzuerkennen war.

Was würde meine Frau sagen?

„Siehst du", rief ich mit gespielter Fröhlichkeit, als ich ihr gegenüberstand. „Ich habe ihn gefunden."

„Was hast du gefunden?"

„Deinen Regenschirm!"

„Das soll mein Regenschirm sein?"

Wie sich herausstellte, war ihr Regenschirm inzwischen von der Bank zurückgeschickt worden. Jetzt fiel mir auch ein, daß ich ihn dort vergessen hatte. Aber wem gehörte dann dieses schwarze, schmierige Ding? Das Telefon läutete.

„Hier ist der Oberkellner vom , California'. Sie haben meinen Regenschirm mitgenommen. Das ist nicht schön von Ihnen. Ich mache um drei Uhr Schluß, und draußen regnet es."

„Entschuldigen Sie bitte. Ich bringe ihn sofort zurück."

Die beste Ehefrau von allen wurde etwas nervös.

„Nimm meinen Regenschirm", sagte sie. „Aber bitte, verlier ihn nicht wieder."

„Wozu brauche ich deinen Regenschirm? Ich habe ja den vom Kellner!"

„Und für den Rückweg, du Dummkopf?" Auf dem Weg zur Bushaltestelle hörte der Regen auf, und die Sonne schien wieder. Nun trug ich zwei Regenschirme am Arm, von denen der eine aussah wie ein schadhafter schwarzer Fallschirm, der andere hatte einen großen Plastikhundekopfgriff. Die Leute, die mit mir auf den Bus warteten, starrten mich an. Mir war die Sache so peinlich, daß ich einen Schwindelanfall bekam. Ich ging in die nächste Apotheke, nahm dort zwei Aspirin und beschloß zu warten, bis es wieder zu regnen begänne. Plötzlich bekam ich Hunger. Ich ging zum Kiosk an der Ecke und kaufte mir zwei Wurstbrötchen, die ich im Bus verschlang. Vor dem Café California wartete der Kellner und schaute mich fragend an:

„Wo ist mein Regenschirm?"

Tatsächlich. Er fragte mich, wo sein Regenschirm ist. Woher sollte ich das wissen? Was kümmerte mich sein Regenschirm? Ich wollte lieber wissen, wo der Regenschirm meiner Frau war. Langsam glaubte ich, alle Regenschirme der Welt hätten sich gegen mich verschworen.

„Nur ein wenig Geduld", beruhigte ich den Kellner. „Sie werden Ihren Regenschirm sofort haben."

Ungeachtet des Wolkenbruchs rannte ich zur Haltestelle zurück. Atemlos riß ich die Türe zur Apotheke auf: „Ich... hier... vor ein paar Minuten..."

„Ich weiß schon", unterbrach mich der Apotheker. „Ist er das?"

Ich nahm den Schirm an mich und rannte weiter. Natürlich hätte ich nicht schwören können, daß es der Schirm meiner Frau war. Sicher, er sah ihm etwas ähnlich, aber er war grün und hatte als Griff keinen Elfenbeinmops, sondern einen flachen Schnabel mit den eingravierten Worten: „Meiner Schwester Dr. Lea Pickler." Es schien wirklich nicht ganz der Schirm meiner Frau zu sein. Aber irgend etwas mußte ich dem Kellner schließlich zurückbringen.

„Hallo, Sie!" Der Kioskinhaber winkte mir zu. Und hier, in eine Ecke gelehnt, wie Bruder und Schwester, standen die beiden streunenden Schirme, der des Obers und der meiner Frau.

Den Blick fest zu Boden gerichtet, reihte ich mich an der Bushaltestelle in die Schlange der Wartenden ein. An meinem Arm baumelten drei Regenschirme, ein schwarzer, ein blauer und ein grüner. Wenn es wenigstens geregnet hätte. Aber leider war strahlender Sonnenschein.

Ich rollte die drei Schirme zu einem Bündel zusammen, als wäre ich ein Schirmvertreter, der mit seinen neuesten Mustern unterwegs ist. Aber auch dadurch konnte ich nicht verhindern, daß mich von allen Seiten mißtrauische Blicke trafen.

Im Bus setzte ich mich ganz nach hinten, in der Hoffnung, daß man von meinen drei Schirmen keine Notiz nehmen würde. Die Umsitzenden enthielten sich auch wirklich aller Kommentare. Offenbar hatten sie sich bereits an mich gewöhnt.

Nach einigen Stationen wagte ich aufzuschauen. Und da - da - mir gegenüber - direkt mir gegenüber... um Himmels willen! Die sehr dicke Dame. Dieselbe dicke Dame, die ich schon einmal getroffen hatte. Sie fixierte mich. Sie fixierte meine drei Regenschirme. Und sie sagte:

„Einen erfolgreichen Tag gehabt heute, was?"

Dann wandte sie sich an die Umsitzenden und erklärte ihnen folgendes: