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Umständlich kritzelte der Agozlid den Namen in seine Unterlagen. Dann schaute er anmaßend auf und sagte: »Nun gut, Barr Herndon von Zonnigog. Ihnen gehört jetzt ein Proteus. Es wird Sie freuen zu erfahren, daß er bereits geschult und domestiziert ist.«

»Das freut mich sehr«, sagte Herndon flach.

Der Agozlid händigte Herndon eine leuchtende Plakette aus Kupfer mit einer neunstelligen Zahl darauf aus. »Das ist die Registriernummer«, sagte er. »Falls Sie Ihren Sklaven verlieren, kommen Sie damit nach Borlaam Central und man wird ihn für Sie suchen.« Aus einer Tasche nahm er einen kleinen Projektor heraus und schob ihn über den Tisch. »Und das ist Ihr Resonator. Er ist auf ein Metallnetz eingestellt, das auf submolekularer Ebene dem Proteus eingepflanzt wurde. Man kann die Einstellung nicht mehr verändern. Wenn Ihr Sklave sich nicht so verhält, wie Sie es wünschen, drücken Sie nur auf den Resonator. Er ist für das korrekte Benehmen von Sklaven unentbehrlich.«

Herndon nahm den Resonator an sich. »Der Proteus kennt vermutlich schon ohne den Resonator genügend Schmerzen, aber ich nehme ihn.«

Der Auktionator griff sich den Proteus, holte ihn vom Podest herunter und legte ihn vor Herndon hin. »Das wäre es dann, Freund. Er gehört Ihnen.«

Der Marktplatz hatte sich fast ganz geleert; auf dem anderen Ende standen einige Leute bei einer Edelsteinversteigerung herum. Als Herndon sich umsah, erkannte er, daß er über den Kopfsteinpflasterplatz freie Bahn bis zum Kai dahinter hatte.

Er entfernte sich ein paar Schritte von der Bude des Auktionators. Der Agozlid bereitete bereits seine nächste Auktion vor, und Herndon konnte für Sekunden hinter einem Vorhang verängstigte nackte Mädchen von Villidon sehen, die für den Verkauf vorbereitet wurden.

Sein Blick ging hinaus zur See. Dreißig Meter entfernt befand sich der Kai, eingefaßt in eine flache Steinmauer, und dahinter erstreckte sich in grellem Grün der Schimmernde Ozean. Für einen kurzen Augenblick schweifte sein Blick über den schier unendlichen Ozean bis hinüber zum Kontinent Zonnigog, wo er geboren war. Dann sah er wieder zu dem verängstigten kleinen Proteus, der bereits seine nächste Form zur Hälfte fertig hatte.

Neunhundertfünfunddreißig Stellars für diesen Proteus. Herndon verfluchte sich im stillen. Das war weit mehr, als er sich leisten konnte, so einfach an einem Morgen fortzuwerfen — besonders an seinem ersten Tag auf Borlaam nach seiner langen Reise über die äußeren Planeten.

Aber er hatte nicht anders gekonnt — nachdem er einmal in die Sache verwickelt worden war, konnte er nicht auf halbem Wege wieder zurück. Nie wieder werde ich das tun, sagte er zu sich, während er an das verbrannte und geplünderte Dorf auf Zonnigog dachte, das von den brutalen Vasallen des Seigneur Krellig heimgesucht worden war.

»Geh hinüber zum Wasser«, befahl er dem Proteus.

Ein nur halb geformter Mund sagte: »H-Herr?«

»Du verstehst mich, nicht wahr? Dann geh auf das Wasser zu und dreh dich nicht um.«

Er wartete. Der Proteus bildete Füße und ging dann mit unsicheren Schritten über die abgenutzten Pflastersteine. Neunhundertfünfunddreißig Stellars, dachte er bitter.

Dann zog er seinen Strahler.

Der Proteus lief weiter über den Marktplatz und auf das offene Meer zu. Jemand schrie: »He, das Ding fällt ins Wasser! Halten wir es auf!«

»Er gehört mir«, rief Herndon eisig. »Laßt ihn in Ruhe, wenn euch euer Leben lieb ist!«

Er bekam einige verwirrte Blicke zu spüren, aber niemand rührte sich. Der Proteus hatte fast den Rand des Kais erreicht und blieb jetzt unentschlossen stehen. Nicht einmal die niedrigsten Lebensformen würden ihren kommenden Tod begrüßen, wenn er auch noch so sehr eine Erlösung von unerträglichen Schmerzen bedeutete.

»Klettere auf die Mauer«, rief Herndon ihm zu.

Der Proteus gehorchte blind. Herndons Finger schloß sich um den Auslöser seines Strahlers. Er beobachtete den Proteus, wie er auf der Mauer stand und in das schmutzige Hafenwasser starrte; Herndon zählte bis drei.

Bei drei schoß er. Das schlanke Nadelprojektil zischte blitzend über den Marktplatz und bohrte sich in den Rücken des Proteus. Der Tod mußte sofort eingetreten sein: In der Nadel befand sich ein Nervengift, das für alle bekannten Lebensformen tödlich war.

Mitten zwischen zwei verschiedenen Gestalten erstarrte die Kreatur und fiel dann kopfüber in das Wasser. Herndon nickte und steckte seine Waffe weg. Er sah, wie einige Leute nickten; andere murmelten: »Hat ihn gerade für fast eintausend gekauft, anschließend erschießt er ihn.«

Es war ein teurer Morgen gewesen. Herndon wandte sich um und wollte fortgehen, plötzlich blockierte aber ein kleiner, runzliger Mann, der sich aus der Menge bei der Edelsteinauktion gelöst hatte, den Weg.

»Mein Name ist Bollar Benjin«, sagte der Mann, der einer Trockenpflaume ähnelte. Seine Stimme war ein rauhes Krächzen. Sein Körper wirkte alt und verbraucht. Er trug eine graue, abgeschabte Tunika. »Ich habe beobachtet, was Sie da gerade getan haben.«

»Was ist damit? Es ist nicht verboten, sich in aller Öffentlichkeit eines Sklaven zu entledigen.«

»Nur ganz bestimmte Männer würden das tun«, sagte Bollar Benjin. »Ein grausamer Mann — oder ein mutiger. Zu welchen gehören Sie?«

»Zu beiden«, sagte Herndon. »Wenn Sie mich jetzt passieren lassen würden…«

»Einen Augenblick.« Die krächzende Stimme hatte plötzlich einen scharfen Unterton. »Unterhalten wir uns einen Moment. Wenn Sie nahezu eintausend Stellar für einen Sklaven ausgeben, den Sie im nächsten Augenblick töten, sollten sie auch mir einige Worte gönnen.«

»Was wollen Sie von mir?«

»Ihre Dienste«, sagte Benjin. »Ich kann einen Mann wie Sie gebrauchen. Sind Sie frei und ungebunden?«

Herndon dachte an die Stellars — fast die Hälfte dessen, was er besaß —, die er gerade zum Fenster hinausgeworfen hatte. Er dachte an Seigneur Krellig, den er haßte und den zu töten er geschworen hatte. Und er dachte an den runzligen Mann.

»Ich bin ungebunden«, sagte er, »aber mein Preis ist hoch. Was wollen Sie, und was können Sie bieten?«

Benjin lächelte verhalten und griff in eine verborgene Tasche seiner Tunika. Als er mit der Hand wieder hervorkam, glitzerten Edelsteine in ihr.

»Ich handele damit«, sagte er. »Ich kann gut bezahlen.«

Die Steine verschwanden wieder in der Tasche. »Wenn Sie interessiert sind«, sagte Benjin, »folgen Sie mir.«

Herndon nickte. »Ich bin interessiert.«

2.

Herndon hatte Borlaam fast genau auf den Tag vor einem Jahr verlassen. Vor einem Jahr — dem siebzehnten unter der Regentschaft des Seigneur Krellig — war eine Bande von Plünderern brandschatzend und mordend durch sein Dorf auf Zonnigog gezogen. Die Herndon-Familie hatte große Verluste erlitten: sein Vater und seine Mutter wurden sofort umgebracht, sein Bruder als Sklave verschleppt und seine Schwester erst vergewaltigt und dann ebenfalls getötet.

Das Dorf wurde niedergebrannt. Und nur Barr Herndon konnte entkommen, konnte zwanzigtausend Stellars vom Vermögen seiner Familie mitnehmen. Bevor er verschwand, brachte er noch acht der besten Leute des Seigneurs um.

Anschließend hatte er das Sonnensystem verlassen und sich zu den neunzehn Welten von Meld begeben. Auf Meld XVII hatte er sich ein neues Gesicht zugelegt, in dem die verräterischen charakteristischen Züge der Aristokraten von Zonnigog nicht mehr zu erkennen waren. Verschwunden waren die spitzen Wangenknochen, die blasse Haut, die weit auseinanderstehenden schwarzen Augen, die hervorspringende Nase.

Für achttausend Stellars hatten die Chirurgen von Meld das alles wegoperiert und ihm ein neues Gesicht verliehen: breit, wo es bisher schmal gewesen war, dunkelhäutig, mit eng beieinanderliegenden Augen und einer großen, breiten Nase, wie sie gelegentlich auch auf Zonnigog vorkam. In der Maske eines Herumtreibers, eines Freibeuters, eines ungebundenen Söldners war er zurückgekommen, bereit, sich jedem anzuschließen, der ihm viel Geld für seine Dienste bot.