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Die meldianischen Chirurgen hatten zwar sein Gesicht verändert, nicht aber sein Herz. In Herndon brannte der Wunsch nach Rache an Krellig — Krellig dem Unerbittlichen, Krellig dem Unüberwindbaren, der sich hinter den riesigen Steinmauern seines Schlosses vor dem Haß des einfachen Volkes verbarg.

Herndon hatte Geduld. Aber er hatte Krellig den Tod geschworen.

Jetzt stand er in der engen Bronze-Avenue in der Altstadt der City von Borlaam, der Hauptstadt des gleichnamigen Planeten. Schweigend war er Benjin durch die Stadt gefolgt.

Benjin deutete auf eine schwarze Metalltür zu ihrer Linken. »Da gehen wir hinein«, sagte er. Er berührte mit einer Handfläche die Tür, und sie verschwand augenblicklich nach beiden Seiten. Benjin trat hindurch.

Herndon folgte ihm, und es war, als habe ihn plötzlich die Hand eines Riesen ergriffen. Für einen kurzen Moment kämpfte er gegen das Stasisfeld an. »Verdammt, Benjin, lassen Sie mich los!« Die Stasis hielt; seelenruhig tastete der kleine Mann Herndon ab, nahm ihm den Nadler, den Strahler und das kleine Zierschwert an der Hüfte ab.

»Sind Sie jetzt ohne Waffen?« fragte Benjin. »Ja, so muß es sein — das Kraftfeld läßt nach.«

Herndon funkelte den Kleinen an. »Sie hätten mich warnen müssen. Wann bekomme ich meine Waffen zurück?«

»Später«, sagte Benjin. »Reißen Sie sich zusammen und kommen Sie herein.«

Er wurde in einen Raum geführt, in dem drei Männer und eine Frau an einem hölzernen Tisch saßen. Neugierig musterte er das Quartett. Die Männer waren in ihrem Äußeren sehr verschieden: einer trug den unübersehbaren Stempel einer adligen Herkunft im Gesicht, während die beiden anderen eher einfältig und unauffällig wirkten. Die Frau war auch nicht sein Typ — mit ihrem nachlässigen Äußeren war sie vermutlich die Gefährtin eines der letztgenannten Männer.

Herndon trat einen Schritt näher an sie heran.

Benjin sagte: »Das ist Barr Herndon, freier Söldner. Ich lernte ihn auf dem Markt kennen. Er hatte für fast eintausend Stellars gerade einen Proteus gekauft — ich sah zu, wie er die Kreatur an die Hafenmauer schickte und ihr dann eine Nadel in den Rücken jagte.«

»Wenn er so großzügig mit seinem Geld umgeht«, bemerkte der nobel wirkende Mann mit tiefer Stimme, »wozu braucht er dann Arbeit bei uns?«

»Erzählen Sie uns, warum Sie Ihren Sklaven getötet haben«, sagte Benjin.

Herndon lächelte grimmig. »Weil es mir so gefallen hat.«

Einer der in ein Lederwams gekleideten einfachen Leute sagte: »Diese Weltraumtramps verhalten sich nicht wie normale Menschen. Benjin, ich bin nicht dafür, ihn anzuheuern.«

»Wir brauchen ihn«, erwiderte der kleine Mann. An Herndon gewandt, sagte er: »War Ihr Verhalten vielleicht eine Art Reklame für Sie? Wollten Sie Ihre Entschlossenheit zu töten und Ihre Mißachtung aller Moralvorstellungen der Menschheit demonstrieren?«

»Ja«, log Herndon. Es würde seiner Sache nur schaden, wenn er erklären würde, daß er den Proteus deshalb gekauft und umgebracht hatte, um ihm das fast endlose Leben in Schmerzen und als Sklave zu ersparen. »Es hat mir Spaß gemacht, die Kreatur zu töten. Und es hat dafür gesorgt, daß man auf mich aufmerksam wurde.«

Benjin lächelte. »Gut. Dann lassen Sie mich erklären, wer wir sind. Zuerst die Namen: Das ist Heitman Oversk, jüngerer Bruder des Lord Moaris.«

Herndon starrte den Adligen an. Ein zweitgeborener Sohn — eine vertraute Konstellation. Die Zweitgeborenen feiner Leute bekamen selten den Reichtum ihrer älteren Brüder vererbt, trugen in ihrem Herzen auch den Funken des Adels, setzten ihre Fähigkeiten und ihren Ehrgeiz aber meist auf zwielichtige Weise ein. »Ich hatte heute morgen das Vergnügen, Ihren Bruder zu überbieten«, sagte Herndon.

»Moaris überboten? Unmöglich!«

Herndon zuckte die Schultern. »Mitten in der Auktion ließ seine Frau nach ihm schicken, und er folgte dem Ruf. Im anderen Fall wäre der Proteus sein gewesen und ich hätte jetzt etliche Stellars mehr in meinen Taschen.«

»Diese beiden«, sagte Benjin und deutete auf die zwei gewöhnlichen Männer, »sind Dorgel und Razumond. Sie haben in unserer Organisation volles Stimmrecht — wir kennen keine sozialen Unterschiede. Und sie«, er deutete auf das Mädchen, »ist Marya. Sie gehört zu Dorgel, der nichts dagegen hat, sie mal kurzfristig auszuleihen.«

Herndon sagte: »Ich habe was dagegen. Aber kommen Sie zum Geschäftlichen, Benjin.«

Der runzlige kleine Mann sagte: »Zeig ihm ein Muster, Razumond.«

Der Angesprochene, ein stämmiger Mann, erhob sich von seinem Sitzplatz und ging hinüber in eine nur schwach erleuchtete Ecke des Raumes; für einen kurzen Moment hantierte er in einem Schubfach herum, dann kehrte er mit einem Edelstein zurück, der sogar durch die Finger seiner geschlossenen Hand hindurchleuchtete. Er warf ihn auf den Tisch, wo er kalt leuchtete. Herndon fiel auf, daß weder Heitman Oversk noch Dorgel ihren Blick länger als einen Sekundenbruchteil auf dem Stein verharren ließen, und er drehte seinen Kopf auch zur Seite.

»Fassen Sie ihn an«, sagte Benjin.

Der Stein fühlte sich eisig an. Herndon hielt ihn locker fest und wartete.

»Nur zu«, drängte Benjin ihn. »Schauen Sie genau hin, untersuchen Sie ihn. Es ist ein sehr schönes Stück, glauben Sie mir.«

Zögernd öffnete Herndon seine Finger und schaute auf den Edelstein. Durch seine breiten Facetten kam ein kräftiges Licht heraus, und — Herndon hielt die Luft an — in dem Stein war das Gesicht einer Frau zu erkennen. Mit einem verführerischen Lächeln schien sie ihn zu sich heranzuwinken; Herndon hatte das Gefühl, in einen tiefen Ozean gelockt zu werden…

Am ganzen Körper brach ihm der Schweiß aus. Mit großer Anstrengung riß er seinen Blick von dem Stein und winkelte den Arm an — Sekunden später schleuderte er den Stein mit aller Kraft in die entfernteste Ecke des Raumes. Dann fuhr er herum und griff sich Benjin.

»Verrat! Betrug!«

Seine Finger suchten nach Benjins Kehle, aber der kleine Mann entwand sich, und sofort waren Dorgel und Razumond zur Stelle, die sich zwischen Herndon und Benjin stellten. Herndon starrte Razumonds massigen Körper eine Weile wütend an, dann trat er zurück, am ganzen Leib zitternd.

»Sie hätten mich warnen sollen«, beklagte er sich.

Benjin lächelte entschuldigend. »Das hätte unseren Test verdorben. Wir brauchen nur starke Männer in unserer Organisation. Oversk, was hältst du von ihm?«

»Er hat den Stein fortgeworfen«, sagte Heitman Oversk langsam. »Das ist ein gutes Zeichen. Ich glaube, er gefällt mir.«

»Razumond?«

Der Angesprochene gab — ebenso wie Dorgel — einen zustimmenden Laut von sich. Herndon klopfte auf den Tisch und sagte: »Sie handeln also mit Sternsteinen, und Sie haben mir einen ohne Vorwarnung in die Hand gedrückt. Was, wenn ich ihm erlegen wäre?«

»Wir hätten Ihnen den Stein gegeben und Sie gehen lassen«, sagte Benjin.

»Was für Arbeit soll ich hier tun?«

Heitman Oversk sagte: »Unsere Aufgabe ist es, die Sternsteine von den Randwelten, wo sie gefunden werden, hierher zu schaffen und an jene zu verkaufen, die sie sich leisten können. Der Preis, nebenbei, beträgt fünfzigtausend Stellars. Wir selbst zahlen achttausend für einen Stein, der Transport geht auf unsere Kosten und Verantwortung. Was wir brauchen sind Aufseher, die den Weg der Sternsteine von unserer Quelle bis nach Borlaam überwachen. Den Rest machen wir dann hier schon allein.«

»Es lohnt sich«, warf Benjin ein. »Ihr Gehalt beträgt fünftausend Stellars im Monat plus volles Stimmrecht in der Organisation.«