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«Das stimmt.«

«Hat sich, nach Ihrem begrenzten Wissen, Great Benefit jemals für irgend etwas entschuldigt?«

«Einspruch«, sagt Drummond.

«Stattgegeben. Machen Sie weiter, Mr. Baylor.«

Lufkin befindet sich seit fast zwei Stunden im Zeugenstand. Vielleicht sind die Geschworenen seiner überdrüssig. Ich bin es jedenfalls. Es ist an der Zeit, grausam zu sein.

Ich bin absichtlich ausführlich auf das Schadenshandbuch eingegangen und habe es so dargestellt, als wäre es die unumstößliche Festlegung der Firmenstrategie. Ich gebe Lufkin mein Exemplar, das ich im Rahmen der Beweisaufnahme erhalten habe. Ich stelle ihm eine Reihe von Fragen, die er alle perfekt beantwortet, und er bestätigt, daß dies, jawohl, die heilige Schrift über Schadensregulierungen ist. Es ist getestet und erprobt worden, von Zeit zu Zeit überarbeitet, abgewandelt, auf den neuesten Stand gebracht und den veränderten Zeiten angepaßt, das alles in dem Bestreben, den Kunden den bestmöglichen Service zu bieten.

Nachdem er sich weitschweifig über das verdammte Handbuch ausgelassen hat, frage ich:»Also, Mr. Lufkin, ist dies das vollständige Handbuch?«

Er blättert es rasch durch, als kenne er jeden Abschnitt, jedes Wort.»Ja.«

«Sind Sie sicher?«

«Ja.«

«Und Sie wurden im Laufe der Beweisaufnahme aufgefordert, mir dieses Exemplar auszuhändigen?«

«Das stimmt.«

«Ich habe ein Exemplar von Ihren Anwälten verlangt, und daraufhin haben sie mir dieses hier gegeben?«

«Ja.«

«Haben Sie dieses spezielle Exemplar des Handbuchs persönlich für mich ausgewählt?«

«Ja, das habe ich getan.«

Ich hole tief Luft und gehe die paar Schritte zu meinem Tisch. Unter ihm steht ein kleiner Karton voller Akten und Papiere. Ich suche eine Sekunde darin herum, dann richte ich mich, mit leeren Händen, plötzlich gerade auf und sage zu dem Zeugen:»Würden Sie bitte das Handbuch nehmen und Abschnitt U aufschlagen?«Bei den letzten Worten schaue ich direkt Jack Underhall an, den hinter Drummond sitzenden Firmenanwalt. Seine Augen schließen sich. Sein Kopf sinkt nach vorn, dann stützt er sich auf die Ellenbogen und starrt auf den Boden. Neben ihm scheint Kermit Aldy nach Atem zu ringen.

Drummond hat keine Ahnung.

«Wie bitte?«sagt Lufkin mit einer um eine Oktave höheren

Stimme. Während jedermann mich beobachtet, hole ich Cooper Jacksons Exemplar des Schadenshandbuches hervor und lege es auf meinen Tisch. Jeder im Saal starrt darauf. Ich werfe einen Blick auf Kipler, und es macht ihm einen Heidenspaß.

«Abschnitt U, Mr. Lufkin. Bitte schlagen Sie Ihr Handbuch auf, und finden Sie ihn. Ich möchte mit Ihnen darüber sprechen.«

Er nimmt tatsächlich das Handbuch und blättert es abermals durch. Ich bin ziemlich sicher, daß er in diesem Moment seine Kinder verkaufen würde, wenn dadurch ein Wunder geschehen und ein hübscher, ordentlicher Abschnitt U auftauchen würde.

Es geschieht kein Wunder.

«Ich habe keinen Abschnitt U«, sagt er, betrübt und fast stammelnd.

«Wie bitte?«sage ich laut.»Ich habe Sie nicht verstanden.«

«Äh, ja also, dieses Exemplar enthält keinen Abschnitt U. «Er ist völlig außer sich, nicht weil der Abschnitt fehlt, sondern weil er erwischt worden ist. Er wirft hektische Blicke auf Drummond und Underhall, als ob sie etwas tun sollten, zum Beispiel Pause! rufen.

Leo F. Drummond hat keine Ahnung, was sein Mandant ihm da angetan hat. Sie haben das Handbuch manipuliert und es ihrem Anwalt nicht gesagt. Er füstert mit Morehouse. Was zum Teufel geht da vor?

Ich mache eine große Schau daraus, wie ich mit dem anderen Handbuch auf den Zeugen zugehe. Es sieht genauso aus wie das, das er in der Hand hält. Auf der Titelseite steht dasselbe Datum für die revidierte Ausgabe: 1. Januar 1991. Sie sind identisch, abgesehen davon, daß eines einen letzten Abschnitt U enthält und das andere nicht.

«Wissen Sie, was das ist, Mr. Lufkin?«frage ich, gebe ihm Jacksons Exemplar und nehme meines wieder an mich.

«Ja«

«Nun, was ist es?«

«Ein Exemplar des Schadenshandbuches.«

«Und enthält dieses Exemplar einen Abschnitt U?«

Er blättert darin, dann nickt er.

«Was war das, Mr. Lufkin? Bewegungen Ihres Kopfes kann die Protokollantin nicht aufzeichnen.«

«Es enthält einen Abschnitt U.«

«Danke. Nun, haben Sie persönlich den Abschnitt U aus meinem Exemplar entfernt, oder haben Sie jemand anderen angewiesen, es zu tun?«

Er legt das Handbuch sanft auf die Brüstung, die den Zeugenstand umgibt, und verschränkt dann ganz bewußt die Arme vor der Brust. Er starrt auf den Boden zwischen uns und wartet. Ich habe das Gefühl, daß er davondriftet. Sekunden vergehen, und alle warten auf eine Reaktion.

«Beantworten Sie die Frage«, bellt Kipler von oben herunter.

«Ich weiß nicht, wer es getan hat.«

«Aber es ist getan worden, nicht wahr?«frage ich.

«Offensichtlich.«

«Sie geben also zu, daß Great Benefit Dokumente unterschlagen hat.«

«Ich gebe gar nichts zu. Ich bin sicher, daß es ein Versehen war.«

«Ein Versehen? Machen Sie bitte keine Witze, Mr. Lufkin. Stimmt es nicht, daß irgend jemand bei Great Benefit absichtlich den Abschnitt U aus meinem Exemplar des Handbuchs herausgenommen hat?«

«Ich weiß es nicht. Ich — äh — wahrscheinlich ist es eben irgendwie passiert.«

Ich kehre auf der Suche nach nichts Speziellem zu meinem Tisch zurück. Ich will ihn ein paar Sekunden hängen lassen, damit die Geschworenen ihn hinreichend hassen können. Er starrt weiterhin auf den Boden, geprügelt und geschlagen, und wünscht, er wäre irgendwo, nur nicht hier.

Ich gehe gelassen zum Tisch der Verteidigung und gebe Drummond eine Kopie des Abschnitts U, zusammen mit einem breiten, gemeinen Lächeln. Auch Morehouse gebe ich eine. Dann händige ich Kipler eine Kopie aus. Ich lasse mir Zeit, so daß die Geschworenen alles sehen können und nun gespannt warten.

«Also, Mr. Lufkin, lassen Sie uns über den mysteriösen Abschnitt U reden. Erklären wir ihn den Geschworenen. Würden Sie ihn sich bitte ansehen?«

Er nimmt das Handbuch, blättert darin.

«Er ist am 1. Januar 1991 in Kraft getreten, richtig?«

«Ja«

«Haben Sie ihn verfaßt?«

«Nein. «Natürlich nicht.

«Okay, wer dann?«

Eine weitere verdächtige Pause, während er sich eine passende Lüge ausdenkt.

«Ich weiß es nicht«, sagt er.

«Sie wissen es nicht? Haben Sie nicht gerade erst ausgesagt, daß dies eindeutig zu Ihrem Tätigkeitsbereich bei Great Benefit gehört?«

Er starrt wieder auf den Boden, hofft, daß ich einfach verschwinde.

«Na schön«, sage ich.»Überspringen wir Paragraph eins und zwei. Lesen Sie Paragraph drei vor.«

Paragraph drei weist den Sachbearbeiter an, jeden Anspruch innerhalb von drei Tagen nach Eingang abzuweisen. Keine Ausnahmen. Jeden Anspruch. Paragraph vier gestattet die anschließende Überprüfung einiger Ansprüche und beschreibt die Papierarbeit, die erforderlich ist, um herauszufinden, ob ein Anspruch nicht doch vollauf gerechtfertigt ist und deshalb zu erfüllen wäre. Paragraph fünf weist den Sachbearbeiter an, alle Ansprüche mit einem potentiellen Wert von mehr als fünftausend Dollar an die Haftungsabteilung weiterzuleiten, mit einem Abweisungsbrief an den Versicherten, vorbehaltlich der Überprüfung durch die Haftungsabteilung natürlich.

Und so geht es weiter. Ich lasse Lufkin aus seinem Handbuch vorlesen, dann bombardiere ich ihn mit Fragen, die er nicht beantworten kann. Ich benutze mehrfach das Wort» Machenschaften«, vor allem nachdem Drummond Einspruch erhoben und Kipler ihn abgewiesen hat. Paragraph elf liefert ein regelrechtes Glossar von geheimen Codes, die die Sachbearbeiter in der Akte verwenden sollen, um eine heftige Reaktion des Versicherten anzudeuten. Es ist ganz offensichtlich, daß das System auf Chancen setzt. Wenn ein Versicherter mit Anwalten und Klage droht, wird die Akte sofort von einem leitenden Mitarbeiter überprüft. Wenn der Versicherte keinerlei Widerstand leistet, bleibt es bei der Abweisung.