«Dürfte hinkommen, nehme ich an, aber ich müßte das erst verifizieren.«
«Wie würden Sie es verifizieren?«
«Nun, ich müßte mich eingehender mit diesem Ausdruck hier beschäftigen.«
«Die Information ist also darin enthalten?«
«Ich denke schon.«
«Können Sie den Geschworenen sagen, wie viele dieser Ansprüche von Ihrer Firma abgewiesen wurden?«
«Also, auch dafür müßte ich dies hier eingehender studieren«, sagt er und hebt den Ausdruck mit beiden Händen in die Höhe.
«Diese Information steckt also auch in den Papieren, die Sie jetzt hochhalten?«
«Vielleicht. Ja, ich denke schon.«
«Gut. Sehen Sie sich die Seiten elf, achtzehn, dreiunddreißig und einundvierzig an. «Er kommt meiner Aufforderung rasch nach, tut alles, um nicht aussagen zu müssen. Seiten werden umgeblättert und rascheln.
«Erscheint Ihnen die Zahl von neuntausendeinhundert plus oder minus ein paar korrekt?«
Er ist regelrecht schockiert von dieser unerhörten Vermutung.»Natürlich nicht. Das ist absurd.«
«Aber Sie wissen es nicht?«
«Ich weiß, daß sie nicht so hoch ist.«
«Danke. «Ich trete vor den Zeugen, nehme den Ausdruck wieder an mich und gebe ihm statt dessen die Great-Benefit-Police, die ich von Max Leuberg bekommen habe.
«Erkennen Sie dies?«
«Natürlich«, sagt er glücklich; endlich etwas, das von dem verdammten Ausdruck wegführt.
«Was ist es?«
«Eine von meiner Gesellschaft ausgestellte Krankenversicherungspolice.«
«Wann ausgestellt?«
Er wirft einen Blick darauf.»Im September 1992. Vor fünf Monaten.«
«Bitte sehen Sie sich Seite elf, Abschnitt F, Paragraph vier, Unterparagraph C, Klausel Nummer dreizehn an. Sehen Sie das?«
Der Druck ist so klein, daß er die Police fast an die Nase halten muß. Ich kichere leise und werfe einen Blick auf die Geschworenen. Die Komik entgeht ihnen nicht.
«Ich habe sie«, sagt er schließlich.
«Gut. Lesen Sie sie bitte vor.«
Er liest, kneift die Augen zusammen und runzelt die Stirn, als wäre das ausgesprochen langweilig. Als er fertig ist, bringt er ein Lächeln zustande.»Okay.«
«Was ist der Sinn dieser Klausel?«
«Sie schließt gewisse operative Eingriffe von der Deckung aus.«
«Speziell?«
«Speziell sämtliche Transplantationen.«
«Ist Knochenmark als Ausschluß aufgeführt?«
«Ja. Knochenmark ist aufgeführt.«
Ich trete vor den Zeugen, gebe ihm eine Kopie der Black-Police und fordere ihn auf, einen bestimmten Abschnitt vorzulesen. Wieder ist der winzige Druck eine Strapaze für seine Augen, aber er kämpft sich tapfer hindurch.
«Welche Transplantationen schließt diese Police aus?«
«Alle wichtigen Organe, Nieren, Leber, Herz, Lungen, Augen, sie sind alle hier aufgeführt.«
«Was ist mit Knochenmark?«
«Das ist nicht aufgeführt.«
«Also ist es nicht ausdrücklich ausgeschlossen?«
«Das stimmt.«
«Wann wurde diese Klage eingereicht? Erinnern Sie sich?«
Er schaut zu Drummond, der ihm in diesem Moment natürlich nicht helfen kann.»Mitte vorigen Jahres, soweit ich mich erinnere. Kann es im Juni gewesen sein?«
«Ja, Sir«, sage ich.»Es war im Juni. Wissen Sie, wann die Police dahingehend geändert wurde, daß sie jetzt auch Knochenmarkstransplantationen ausschließt?«
«Nein, das weiß ich nicht. Mit dem Verfassen der Policen habe ich nichts zu tun.«
«Wer verfaßt Ihre Policen? Wer ist für all dieses Kleingedruckte verantwortlich?«
«Das geschieht in unserer Rechtsabteilung.«
«Ich verstehe. Könnte man mit Gewißheit sagen, daß die Police irgendwann nach Einreichung dieser Klage geändert wurde?«
Er mustert mich einen Moment eingehend, dann sagt er:»Nein. Es ist durchaus möglich, daß sie bereits vor Einreichung der Klage geändert wurde.«
«Wurde Sie geändert, nachdem der Anspruch im August 1991 geltend gemacht worden war?«
«Ich weiß es nicht.«
Seine Antwort hört sich verdächtig an. Entweder kümmert er sich nicht darum, was in seiner Firma vorgeht, oder er lügt. Für mich macht das im Grunde keinen Unterschied. Ich habe, was ich wollte. Ich kann den Geschworenen gegenüber argumentieren, daß dieser neue Wortlaut ein eindeutiger Beweis dafür ist, daß bei der Black-Police der Ausschluß von Knochenmarkstransplantationen nicht vorgesehen war. Sie hatten alles andere ausgeschlossen, und jetzt schließen sie schlechthin alles aus, also haben sie sich mit ihren eigenen Formulierungen überführt.
Ich habe nur noch eine schnelle Angelegenheit mit Keeley zu erledigen.»Haben Sie eine Kopie der Abmachung, die Jak-kie Lemancyzk am Tage ihrer Entlassung unterschrieben hat?«
«Nein.«»Haben Sie diese Abmachung jemals gesehen?«
«Nein.«
«Haben Sie die Zahlung von zehntausend Dollar in bar an Jackie Lemancyzk genehmigt?«
«Nein. In dieser Beziehung hat sie gelogen.«
«Gelogen?«
«Das sagte ich.«
«Was ist mit Everett Lufkin? Hat er die Geschworenen in Beziehung auf das Schadenshandbuch angelogen?«
Keeley will etwas sagen, dann bremst er sich. An diesem Punkt kann ihm keine Antwort etwas nützen. Die Geschworenen wissen recht gut, daß Lufkin sie angelogen hat, also kann er den Geschworenen jetzt nicht weismachen, sie hätten nicht gehört, was sie tatsächlich gehört haben. Und er kann auch nicht zugeben, daß einer seiner Vizepräsidenten die Geschworenen angelogen hat.
Ich hatte diese Frage nicht geplant, sie ist mir einfach so herausgerutscht.»Ich habe Sie etwas gefragt, Mr. Keeley. Hat Mr. Lufkin die Geschworenen in Beziehung auf das Schadenshandbuch angelogen?«
«Ich glaube, diese Frage muß ich nicht beantworten.«
«Beantworten Sie die Frage«, sagt Kipler streng.
Es tritt eine qualvolle Pause ein, während der Keeley mich anstarrt. Im Saal herrscht Stille. Jeder einzelne Geschworene beobachtet ihn und wartet. Die Antwort liegt auf der Hand, und so beschließe ich, den netten Jungen zu spielen.
«Sie können sie nicht beantworten, nicht wahr, weil Sie nicht zugeben können, daß ein Vizepräsident Ihrer Gesellschaft diese Jury angelogen hat?«
«Einspruch.«
«Stattgegeben.«
«Keine weiteren Fragen.«
«Keine Vernehmung zu diesem Zeitpunkt, Euer Ehren«, sagt Drummond. Offensichtlich will er, daß sich der Staub legt, bevor er diese Leute für die Verteidigung in den Zeugenstand holt. Im Augenblick will Drummond Zeit und Abstand zwischen Jackie Lemancyzk und unserer Jury.
Kermit Aldy, der für die Haftungsabteilung zuständige Vizepräsident, ist mein vorletzter Zeuge. Zu diesem Zeitpunkt brauche ich seine Aussage im Grunde nicht, aber ich muß ein bißchen Zeit hinbrmgen. Es ist halb drei am zweiten Verhandlungstag, und ich werde heute nachmittag bequem fertig. Ich will, daß die Geschworenen, wenn sie nach Hause gehen, an zwei Leute denken, Jackie Lemancyzk und Donny Ray Black.
Aldy ist nervös und wortkarg, er hat Angst, mehr zu sagen, als unbedingt nötig ist. Ich weiß nicht, ob er mit Jackie geschlafen hat, aber im Augenblick ist jeder Mann von Great Benefit verdächtig. Ich spüre, daß auch die Geschworenen dieses Gefühl haben.
Wir arbeiten uns durch soviel Hintergrund wie unbedingt erforderlich. Haftung ist eine dermaßen langweilige Materie, daß ich entschlossen bin, den Geschworenen nur die allerknappsten Details zu liefern. Aldy ist gleichfalls langweilig und deshalb seinem Job gewachsen. Ich will das Interesse der Jury nicht verlieren, also mache ich schnell.
Dann ist es Zeit für den amüsanten Teil. Ich gebe ihm die Kopie des Haftungshandbuches, das mir während der Beweisaufnahme ausgehändigt wurde. Es steckt in einem grünen Hefter und sieht dem Schadenshandbuch sehr ähnlich. Weder Aldy noch Drummond noch sonst jemand weiß, ob ich noch ein weiteres Exemplar des Haftungshandbuches besitze, und zwar eines mit dem Abschnitt U.