Выбрать главу

Wie bestraft man ein derart reiches Unternehmen? Ich stelle diese Frage, und ich sehe funkelnde Augen auf mich gerichtet. Sie können es kaum abwarten!

Ich benutze ein Beispiel, das schon seit vielen Jahren gebräuchlich ist. Prozeßanwälte lieben es, und ich habe ein Dutzend Versionen davon gelesen. Es funktioniert, weil es so simpel ist. Ich sage den Geschworenen, daß ich ein junger Anwalt bin, der die Groschen zusammenkratzen muß, um seine Rechnungen bezahlen zu können. Was ist, wenn ich hart arbeite und sehr bescheiden lebe, mein Geld spare und in zwei Jahren zehntausend Dollar auf der Bank habe? Ich habe schwer gearbeitet für dieses Geld, und ich will es nicht wieder verlieren. Und was ist, wenn ich etwas Unrechtes tue, sagen wir, die Beherrschung verliere und jemandem einen Schlag versetze und ihm dabei das Nasenbein breche? Natürlich muß ich für den tatsächlichen Schaden aufkommen, den ich bei meinem Opfer angerichtet habe. Aber ich muß außerdem bestraft werden, damit ich es nicht noch einmal tue. Ich besitze nur zehntausend Dollar. Wieviel davon muß ich zahlen, um einen Denkzettel verpaßt zu bekommen? Ein Prozent wären hundert Dollar, die mir weh tun könnten oder auch nicht. Ich würde ungern hundert Dollar herausrücken, aber es würde mir nicht sonderlich viel ausmachen. Was ist mit fünf Prozent? Würden fünfhundert Dollar ausreichen, mich dafür zu bestrafen, daß ich einem Mann die Nase gebrochen habe? Würde ich hinreichend leiden, wenn ich den Scheck ausschreibe? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Was ist mit zehn Prozent? Ich wette, wenn ich gezwungen wäre, tausend Dollar zu zahlen, dann würde zweierlei passieren. Erstens würde es mir ehrlich leid tun. Und zweitens würde ich mein Verhalten ändern.

Wie soll man Great Benefit bestrafen? Genau so, wie man mich oder wen auch immer bestrafen würde. Man sieht sich die Kontoauszüge an, findet heraus, wieviel Geld vorhanden ist, und verurteilt ihn zu einer Geldstrafe, die weh tut, ihn aber nicht ruiniert. Für eine reiche Gesellschaft gilt dasselbe. Sie muß ebenso behandelt werden wie alle anderen Leute.

Ich sage den Geschworenen, daß die Entscheidung bei ihnen liegt. Wir haben auf zehn Millionen geklagt, aber sie sind nicht an diese Summe gebunden. Sie können so entscheiden, wie sie es für richtig halten, und es ist nicht meine Sache, einen bestimmten Betrag vorzuschlagen.

Ich ende mit einem lächelnden Danke, dann sage ich ihnen, wenn sie Great Benefit nicht einen Riegel vorschieben, könnten sie die nächsten sein. Einige nicken, einige lächeln. Andere betrachten die Zahlen auf der Tafel.

Ich kehre zu meinem Tisch zurück. Deck sitzt an der Ecke und grinst von einem Ohr zum anderen. In der hintersten Reihe reckt Cooper Jackson den Daumen. Ich setze mich neben Dot und bin sehr gespannt, ob es dem großen Leo F. Drummond gelingt, aus der Niederlage noch einen Sieg herauszuholen.

Er beginnt mit einer wortreichen Entschuldigung für sein Verhalten während der Auswahl der Geschworenen, sagt, er hätte sich einfach hinreißen lassen und sie sollten ihm jetzt vertrauen. Die Entschuldigungen gehen weiter, als er über seinen Mandanten redet, eine der ältesten und geachtetsten Versicherungsfirmen in Amerika. Bei diesem Anspruch hat sie Fehler gemacht. Schwerwiegende Fehler. Diese gräßlichen Abweisungsschreiben waren fürchterlich gefühllos und ausgesprochen beleidigend. Sein Mandant war eindeutig im Unrecht. Aber sein Mandant hat mehr als sechstausend Mitarbeiter, und es ist sehr schwer, das Tun und Lassen all dieser Leute zu kontrollieren und jeden ihrer Briefe zu überprüfen. Doch auch das entschuldigt nichts. Er bestreitet nicht, daß Fehler gemacht wurden.

Er reitet ein paar Minuten auf diesem Thema herum und leistet gute Arbeit darin, das Vorgehen seines Mandanten als bloßen Zufall hinzustellen, dem gewiß keine Absicht zugrunde lag. Er schleicht auf Zehenspitzen um die Schadensakte herum, die Handbücher, die unterschlagenen Dokumente, die offenbaren Lügen. Die Wahrheit ist für Drummond ein Minenfeld, und er will es so schnell wie möglich hinter sich bringen.

Er gibt offen zu, daß der Anspruch hätte bezahlt werden müssen, die ganzen zweihunderttausend Dollar. Das ist ein schwerwiegendes Zugeständnis, und die Geschworenen nehmen es zur Kenntnis. Er versucht, sie milder zu stimmen, und er hat Erfolg. Und nun zu der Geldstrafe. Er ist einfach fassungslos angesichts meines Vorschlags, die Geschworenen sollten erwägen, Dot Black einen Prozentanteil vom Nettovermögen von Great Benefit zuzusprechen. Es ist unglaublich! Welchen Sinn sollte das haben? Er hat zugegeben, daß sein Mandant falsch gehandelt hat. Diejenigen, die für diese Ungerechtigkeit verantwortlich waren, sind entlassen worden. Great Benefit hat reinen Tisch gemacht.

Also was könnte eine Verurteilung bewirken? Nichts. Rein gar nichts.

Drummond begibt sich vorsichtig auf das Gebiet ungerechtfertigter Bereicherung. Er muß achtgeben, daß er Dot nicht kränkt, weil er damit gleichzeitig die Geschworenen kränken würde. Er liefert ein paar Fakten über die Blacks; wo sie wohnen, seit wann, das Haus, die Nachbarschaft und so weiter und so weiter. Indem er das tut, porträtiert er sie als durchschnittliche Familie aus der Mittelschicht, die ein einfaches, aber glückliches Leben führt. Er ist recht großherzig. Ein besseres Bild hätte nicht einmal Norman Rockwell malen können. Ich kann fast die schattigen Straßen und den freundlichen Zeitungsjungen sehen. Die Schilderung ist perfekt, und die Geschworenen hören zu. Er beschreibt entweder die Art, auf die sie leben, oder die Art, auf die sie gern leben würden.

Weshalb sollten Sie, die Geschworenen, Great Benefit Geld wegnehmen und es den Blacks geben? Es würde dieses erfreuliche Bild kaputtmachen. Es würde Chaos in ihr Leben bringen. Es würde sie zu etwas völlig anderem machen als ihre Nachbarn und Freunde. Kurzum, es würde sie vernichten. Und hat irgend jemand Anspruch auf die Summe, die ich, Rudy Baylor, vorgeschlagen habe? Natürlich nicht. Es ist ungerecht und unfair, Geld von einer Gesellschaft zu nehmen, nur weil das Geld vorhanden ist.

Er geht zur Tafel, schreibt den Betrag von 746 Dollar darauf und teilt den Geschworenen mit, daß dies das Monatseinkommen der Blacks ist. Daneben schreibt er die Summe von 200 000 Dollar, errechnet sechs Prozent davon und kommt auf 12 000 Dollar. Dann sagt er den Geschworenen, was er wirklich will, nämlich das Monatseinkommen der Blacks verdoppeln. Hätten wir das nicht alle gern? Es ist ganz einfach. Sprechen Sie den Blacks die 200 000 Dollar zu, die die Transplantation gekostet hätte, und wenn sie das Geld in steuerfreien Wertpapieren zu sechs Prozent anlegen, dann haben sie monatlich ein steuerfreies Einkommen von 1000 Dollar.

Great Benefit wäre sogar bereit, das Geld für Dot und Buddy zu investieren.

Was für ein Angebot!

Er hat so etwas oft genug getan, damit es funktioniert. Die Argumentation ist zwingend, und als ich die Gesichter der Geschworenen betrachte, stelle ich fest, daß sie darüber nachdenken. Sie schauen auf die Tafel. Es scheint ein so netter Kompromiß zu sein.

Das ist der Moment, in dem ich hoffe und darum bete, daß sie sich an Dots Schwur erinnern, das Geld der American Leukemia Society zu geben.

Drummond schließt mit einem Appell an gesunden Menschenverstand und Fairneß. Seine Stimme wird tiefer und seine Worte langsamer. Er ist ganz Aufrichtigkeit. Bitte tun Sie, was fair ist, sagt er, dann kehrt er auf seinen Platz zurück.

Da ich die Anklage vertrete, habe ich das letzte Wort. Ich habe mir zehn Minuten der mir zustehenden halben Stunde für die Widerlegung aufgespart, und während ich auf die Geschworenen zugehe, lächle ich. Ich sage ihnen, daß ich hoffe, eines Tages das tun zu können, was Mr. Drummond eben getan hat. Ich lobe ihn als tüchtigen Prozeßanwalt, einen der besten im ganzen Lande. Ich bin ein sehr netter junger Mann.