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Ich springe vom Bett.»Natürlich. «Sie deutet auf zwei dicke Kissen auf dem Stuhl.

«Eins von denen dort«, sagt sie. Das bedeutet natürlich, daß das Laken zurückgeschlagen werden muß. Ich helfe dabei.

Sie schweigt einen Moment, schaut sich um, dann sagt sie:»Geben Sie mir auch das Nachthemd.«

Ich tue einen zittrigen Schritt zum Tisch und gebe ihr das frische Hemd.»Brauchen Sie Hilfe?«frage ich.

«Nein, drehen Sie sich nur um. «Während sie das sagt, zieht sie bereits an dem schmutzigen Nachthemd und streift es sich über den Kopf. Ich drehe mich sehr langsam um.

Sie läßt sich Zeit. Aus purem Übermut wirft sie das schmutzige Hemd auf den Boden vor mir. Sie ist hinter mir, kaum einen Meter entfernt, nackt bis auf einen Slip und einen Gipsverband. Ich bin felsenfest überzeugt, daß ich mich umdrehen und sie ansehen könnte, ohne daß sie es mir übelnehmen würde. Mir ist schwindlig bei dem Gedanken.

Ich schließe die Augen und frage mich: Was tue ich hier?

«Rudy, würden Sie mir bitte den Schwamm geben?«gurrt sie.»Er ist im Badezimmer. Lassen Sie etwas warmes Wasser drüberlaufen. Und ein Handtuch bitte.«

Sie sitzt in der Mitte des Bettes mit dem dünnen Laken vor der Brust. Das frische Nachthemd hat sie noch nicht angerührt.

Ich kann nicht anders, ich muß sie anstarren.»Da drin«, nickt sie. Ich gehe ins Badezimmer und nehme den Schwamm in die Hand. Während ich ihn naß mache, beobachte ich sie im Spiegel über dem Waschbecken. Durch einen Türspalt hindurch kann ich ihren Rücken sehen. Den ganzen Rücken. Die Haut ist glatt und gebräunt, aber zwischen den Schultern sieht man eine häßliche Prellung.

Ich beschließe, daß ich sie waschen werde. Sie möchte es auch, das ist offensichtlich. Sie ist verletzt und verwundbar. Sie flirtet gern, und sie möchte, daß ich ihren Körper sehe. In mir kribbelt alles.

Dann Stimmen. Die Schwester ist wieder da. Als ich aus dem Bad zurückkehre, macht sie sich im Zimmer zu schaffen. Sie hält inne und grinst mich an, als hätte sie uns beinahe erwischt.

«Die Zeit ist um«, sagt sie.»Es ist fast halb zwölf. Das hier ist kein Hotel. «Sie nimmt mir den Schwamm aus der Hand.»Das mache ich. Und Sie verschwinden jetzt.«

Ich stehe nur da, lächle Kelly an und träume davon, diese Beine zu berühren. Die Schwester packt entschlossen meinen Ellenbogen und schiebt mich zur Tür.»Und jetzt fort mit Ihnen«, sagt sie mit gespielter Empörung.

Um drei Uhr morgens schleiche ich hinunter zu der Hängematte und lasse mich gedankenverloren in der stillen Nacht hin- und herschaukeln. Ich beobachte die Sterne, die durch die Zweige und Blätter funkeln, und rufe mir jede ihrer Bewegungen ins Gedächtnis, höre ihre verängstigte Stimme und träume von ihren Beinen.

Es ist an mir, sie zu beschützen. Sonst hat sie niemanden. Sie erwartet von mir, daß ich sie rette und ihr wieder auf die Beine helfe. Wir wissen beide genau, was danach passieren wird.

Noch immer spüre ich, wie sie meinen Hals umklammert hat, als sie sich während dieser paar kostbaren Sekunden fest an mich drückte, und ihren Körper, der sich so natürlich und leicht in meine Arme schmiegte.

Ich beobachte, wie die Sonne zwischen den Bäumen aufgeht, dann schlafe ich ein, während ich die Stunden zähle, bis ich sie wiedersehen werde.

Kapitel 19

Ich sitze in meinem Büro und lerne für das Anwaltsexamen, weil ich sonst nichts zu tun habe. Mir ist klargeworden, daß auch niemand etwas anderes von mir erwartet, denn ich bin ja noch kein Anwalt und werde erst einer sein, wenn ich das Examen bestanden habe.

Es fällt mir schwer, mich zu konzentrieren. Weshalb habe ich mich nur wenige Tage vor dem Examen in eine verheiratete Frau verliebt? Mein Verstand sollte so scharf sein wie nur irgend möglich und sich unbelastet von irgendwelchen Nebensächlichkeiten und anderen Ablenkungen nur dem einen Ziel widmen können.

Sie ist eine Verliererin, das weiß ich inzwischen. Eine gebrochene Frau mit Narben, von denen viele vielleicht nie verheilen werden. Und er ist gefährlich. Bei der Vorstellung, daß ein anderer Mann seine reizende kleine Cheerleaderin anfassen könnte, würde er bestimmt ausrasten.

Mit den Füßen auf meinem Schreibtisch und hinter dem Kopf verschränkten Armen denke ich über das alles nach und starre ins Ungewisse, als plötzlich die Tür aufgerissen wird und Bruiser hereingestürmt kommt.»Was tun Sie da?«bellt er.»Ich lerne«, sage ich und nehme schleunigst die Füße vom Tisch.

«Ich dachte, Sie wollten nachmittags lernen. «Jetzt ist es halb elf. Er wandert vor meinem Schreibtisch hin und her.

«Hören Sie, Bruiser, heute ist Freitag. Das Examen fängt nächsten Mittwoch an. Ich bin ziemlich nervös.«

«Dann lernen Sie im Krankenhaus. Und ziehen Sie einen Fall an Land. Ich habe seit drei Tagen keinen neuen gesehen.«

«Es ist nicht so einfach, gleichzeitig zu lernen und einen Fall an Land zu ziehen.«

«Deck tut das auch.«

«Ja genau, Deck, der ewige Student.«

«Ich hatte gerade einen Anruf von Leo F. Drummond. Läutet da etwas bei Ihnen?«

«Nein. Sollte es das?«

«Er ist Seniorpartner bei Tinley Britt. Großartiger Prozeßanwalt, hat schon alle möglichen Finnenprozesse geführt. Verliert höchst selten. Wirklich hervorragender Anwalt, große Kanzlei.«

«Ich kenne Trent & Brent.«

«Nun, Sie werden sie bald genauer kennenlernen. Sie vertreten Great Benefit. Drummond leitet die Verteidigung.«

Meiner Schätzung nach gibt es in dieser Stadt mindestens hundert Kanzleien, die Versicherungsgesellschaften vertreten. Und es muß an die tausend Versicherungsgesellschaften geben. Wie stehen da die Chancen, daß die Gesellschaft, die ich am meisten hasse, Great Benefit, ausgerechnet Trent & Brent anheuert, die Kanzlei, die ich jeden Tag meines Lebens verfluche?

Seltsamerweise nehme ich es gelassen hin. Ich bin im Grunde nicht überrascht.

Plötzlich wird mir klar, weshalb Bruiser nicht stillstehen kann und so hastig spricht. Er macht sich Sorgen. Um meinetwillen hat er eine Zehn-Millionen-Dollar-Klage gegen eine große Firma eingereicht, die sich von einem Anwalt vertreten läßt, der ihn einschüchtert. Wie amüsant. Ich hätte mir nie träumen lassen, daß Bruiser vor irgend etwas Angst haben könnte.

«Was hat er gesagt?«

«Hallo. Wollte nur Bescheid geben. Er hat mir gesagt, daß der Fall Harvey Hale zugewiesen worden ist, der vor dreißig Jahren, als sie zusammen in Yale Jura studiert haben, sein Zimmergenosse war und der außerdem, falls Sie es nicht wissen sollten, ein hervorragender Verteidiger von Versicherungen war, bevor er einen Herzanfall hatte und sein Arzt ihm riet, sich einen ändern Job zu suchen. Ließ sich zum Richter wählen, aber die Vorstellung aus alten Anwaltszeiten, daß ein gerechtes und faires Urteil nur unter zehntausend Dollar liegen kann, hat er nie aufgegeben.«

«Tut mir leid, daß ich gefragt habe.«

«Wir haben es also mit Leo F. Drummond und seinem beachtlichen Mitarbeiterstab zu tun, und die bekommen auch noch ihren Lieblingsrichter. Sie haben alle Hände voll zu tun.«

«Ich? Was ist mit Ihnen?«

«Oh, ich werde in der Nähe sein. Aber das ist Ihr Baby. Die werden Sie in Papierkram ertränken. «Er geht zur Tür.»Vergessen Sie nicht, die werden nach Stunden bezahlt. Je mehr Papier sie produzieren, desto mehr Stunden können sie berechnen. «Er lacht und knallt die Tür zu, offenbar hoch erfreut, daß ich im Begriff bin, von den Überfiegern von der Konkurrenz vorgeführt zu werden.

Man hat mich im Stich gelassen. Bei Trent & Brent arbeiten mehr als hundert Anwälte, und ich fühle mich sehr allein.

Deck und ich essen einen Teller Suppe bei Trudy's. Die wenigen Gäste, die zum Lunch zu ihr kommen, sind ausschließlich Arbeiter. Das Lokal riecht nach Fett, Schweiß und gebratenem Fleisch. Es ist Decks Lieblingslokal, weil er hier schon ein paar Fälle aufgetan hat, überwiegend Arbeitsunfälle. Einer davon endete mit einem Vergleich über dreißigtausend. Er bekam ein Drittel von fünfundzwanzig Prozent, also zweieinhalbtausend Dollar.