Выбрать главу

«Damit wir uns richtig verstehen, das ist kein Eingeständnis einer Zahlungsverpflichtung«, sagt er;»Es ist ein einmaliges Angebot, das nur für die nächsten achtundvierzig Stunden gilt, und Sie können es annehmen oder ablehnen, solange es auf dem Tisch liegt. Wenn Sie nein sagen, dann beginnt der Dritte Weltkrieg.«

«Aber weshalb?«

«Aus rein ökonomischen Gründen. Great Benefit spart ein bißchen Geld und geht außerdem gar nicht erst das Risiko ein, daß vielleicht doch irgend jemand ein völlig schwachsinniges Urteil spricht. Die mögen es nicht, wenn man sie verklagt, verstehen Sie? Ihre Manager wollen ihre Zeit nicht mit eidesstattlichen Erklärungen und Auftritten vor Gericht vergeuden. Die wollen kein Aufsehen und diese Art von Publicity schon gar nicht. Im Versicherungsgeschäft geht es hart auf hart, und die Konkurrenz soll möglichst keinen Wind von dieser Sache bekommen. Es gibt also eine Menge guter Gründe für einen Vergleich in aller Stille. Und eine Menge guter Gründe für Ihre Mandanten, das Geld zu nehmen und die Sache auf sich beruhen zu lassen. Das meiste davon ist steuerfrei, wie Sie vermutlich wissen.«

Er ist aalglatt. Wenn ich mich jetzt darüber ausließe, was ich für einen todsicheren Fall an der Angel habe und wie niederträchtig sein Mandant ist, würde er nur zu allem lächeln und verständnisvoll nicken. Es würde von ihm abgleiten wie Wasser vom Rücken einer Ente. Im Augenblick will Leo Drummond, daß ich sein Geld nehme, und wenn ich jetzt anfinge, seine Frau zu beschimpfen, würde ihn auch das kalt lassen.

Die Tür geht auf, und Seine Ehren kommt aus seiner kleinen Privattoilette. Jetzt hat Leo plötzlich eine volle Blase und entschuldigt sich. Der Köder ist ausgelegt. Jetzt kommt die nächste Runde.

«Zu hoher Blutdruck«, sagt Hale fast zu sich selbst, während er sich hinter seinem Schreibtisch niederläßt und die Röhrchen einsammelt. Nicht hoch genug, hätte ich am liebsten gesagt.

«Keine große Chance auf einen Prozeß, mein Junge, tut mir leid. Vielleicht kann ich Leo dazu bringen, daß er Ihnen einen Vergleich anbietet. So etwas gehört zu meinem Job. Andere Richter gehen die Sache anders an, aber ich nicht. Mir ist es am liebsten, wenn es gleich am ersten Tag zu einem Vergleich kommt. Hält die Dinge in Bewegung. Diese Versicherungsfritzen sind eventuell sogar bereit, Ihnen ein nettes Sümmchen rüberzuschieben, nur damit sie Leo nicht tausend Dollar pro Minute zahlen müssen. «Er lacht, als wäre das wirklich komisch. Sein Gesicht läuft blutrot an, und er hustet.

Ich kann förmlich sehen, wie Leo mit dem Ohr an der Tür in der Toilette steht und lauscht. Es würde mich nicht einmal überraschen, wenn sie da drinnen ein Mikrofon hätten.

Ich sehe zu, wie er hustet, bis ihm das Wasser aus den Augen läuft. Als er fertig ist, sage ich:»Er hat mir gerade die Kosten der Verteidigung angeboten.«

Hale ist ein miserabler Schauspieler. Er versucht, überrascht zu wirken.»Wieviel?«

«Fünfundsiebzigtausend.«

Seine Kinnlade fällt herunter.»Donnerwetter! Hören Sie, mein Junge, Sie wären verrückt, wenn Sie die nicht annehmen würden.«

«Meinen Sie?«frage ich. Ich bin ja so arglos.

«Fünfundsiebzig. Donnerwetter, 'ne Menge Geld. Hört sich gar nicht nach Leo an.«

«Er ist wirklich ein netter Kerl.«

«Nehmen Sie das Geld, mein Junge. Ich mache das hier schon ziemlich lange. Sie sollten auf mich hören.«

Die Tür geht auf, und Leo gesellt sich wieder zu uns. Seine Ehren starrt Leo an und sagt:»Fünfundsiebzigtausend!«Man hätte meinen können, daß Geld käme aus Hales Amtsbudget.

«Mein Mandant hat den Vorschlag gemacht«, erklärt Leo. Ihm sind die Hände gebunden. Er ist machtlos.

Sie werfen sich noch eine Weile weiter die Bälle zu. Ich kann nicht rational denken, also schweige ich möglichst. Als ich das

Zimmer verlasse, hat Leo mir freundschaftlich den Arm um die Schulter gelegt.

Ich finde Deck auf dem Flur, am Telefon, also setze ich mich auf eine Bank in der Nähe und versuche, Ordnung in meine Gedanken zu bringen. Sie haben Bruiser erwartet. Hätten sie mit ihm dasselbe Spiel gespielt? Nein, ich glaube nicht. Wie haben sie es geschafft, ihren Hinterhalt für mich so rasch zu planen? Vermutlich hatten sie für ihn eine andere Routine vorgesehen.

Ich bin von zwei Dingen überzeugt. Erstens: Hale ist es ernst mit der Abweisung der Klage. Er ist ein kranker alter Mann, der schon lange im Amt ist und immun gegen Druck. Ihm ist es völlig gleichgültig, ob er recht oder unrecht hat. Und es könnte überaus schwierig sein, die Klage bei einem anderen Gericht erneut einzureichen. Die Anklage ist in ernsthaften Schwierigkeiten. Zweitens: Drummond ist zu sehr auf einen Vergleich erpicht. Er hat Angst, und zwar, weil sein Mandant bei einer Bärenschweinerei ertappt worden ist, das Blut noch an den Händen.

Deck hat in den letzten zwanzig Minuten elf verschiedene Nummern angerufen, aber von Bruiser nirgends eine Spur. Während wir zur Kanzlei zurückfahren, schildere ich ihm die seltsamen Vorgänge in Hales Richterzimmer. Deck, immer bereit, in eine neue Rolle zu schlüpfen, will das Geld nehmen und es damit gut sein lassen. Er bringt das sehr gute Argument vor, daß kein noch so hoher Geldbetrag Donny Ray jetzt noch das Leben retten kann; also sollten wir nehmen, was wir kriegen können, und Dot und Buddy das Leben ein bißchen leichter machen.

Deck behauptet, er hätte eine Menge unerfreulicher Geschichten über sehr fragwürdige Prozesse in Hales Gerichtssaal gehört. Für einen amtierenden Richter spricht er sich mit ungewöhnlichem Nachdruck für eine Reform des Schadenersatzrechts aus. Haßt Kläger, sagt Deck mehr als einmal. Es wird schwer sein, einen fairen Prozeß zu bekommen. Lassen Sie uns das Geld nehmen, sagt Deck.

Dru ist in Tränen aufgelöst, als wir in die Kanzlei kommen. Sie ist völlig hysterisch, weil alle Welt nach Bruiser fragt. Ihre Wimperntusche rinnt ihr über die Wangen, während sie fucht und weint. Das ist ganz und gar nicht seine Art, sagt sie immer und immer wieder. Es muß etwas Schlimmes passiert sein.

Bruiser treibt sich viel mit dubiosen und gefährlichen Leuten herum. Schließlich ist er selber ein Ganove. Es würde mich also nicht überraschen, wenn man seine Leiche im Kofferraum eines Wagens am Flughafen fände, und Deck sieht das nicht anders. Die Gangster sind hinter ihm her.

Ich bin auch hinter ihm her. Ich rufe bei Yogi's an, um mit Prince zu sprechen. Er wird wissen, wo Bruiser steckt. Ich rede mit Billy, dem Geschäftsführer, den ich gut kenne, und nach ein paar Minuten erfahre ich, daß Prince offenbar auch verschwunden ist. Sie haben vergeblich überall herumtelefoniert. Billy ist nervös und macht sich Sorgen. Die Leute vom FBI haben gerade das Lokal verlassen. Was geht da vor?

Deck läuft von Büro zu Büro und ruft die Truppe zusammen. Wir treffen uns im Konferenzraum — ich, Deck, Toxer und Ridge, vier Sekretärinnen und zwei Laufburschen, die ich noch nie gesehen habe. Nicklass, der andere Anwalt, ist nicht in der Stadt. Alle vergleichen ihre Notizen über ihr letztes Zusammentreffen mit Bruiser. Irgend etwas Verdächtiges? Was hatte er für heute vor? Wen hat er heute treffen wollen? Wer hat zuletzt mit ihm gesprochen? Es liegt eine gewisse Panik in der Luft, eine Atmosphäre der Verwirrung, die durch Drus ständiges Geheul nicht gerade verbessert wird. Sie weiß einfach, daß etwas passiert ist.

Die Versammlung endet damit, daß wir schweigend in unsere Büros zurückkehren und die Türen hinter uns schließen. Deck folgt mir natürlich auf dem Fuße. Wir unterhalten uns eine Weile und achten dabei sehr genau darauf, daß wir kein Wort sagen, von dem wir nicht wollen, daß es abgehört wird, falls die Kanzlei wirklich voller Wanzen steckt. Um halb zwölf schleichen wir uns zu einer Hintertür hinaus und gehen zum Lunch.