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Ich werfe einen Blick auf meine Notizen, suche nach weiteren Namen.»Okay, wie ist es mit Tony Krick, dem zweiten Sachbearbeiter?«

Noch mehr Zucken und Zappeln.

«Der ist auch weg«, sagt T. Pierce.»Er ist im Rahmen eines Personalabbaus entlassen worden.«

Ich stecke einen zweiten Schlag auf die Nase ein. Ich bin so benommen, daß ich nicht weiß, was ich als nächstes tun soll.

Great Benefit hat tatsächlich Leute entlassen, damit sie nicht mit mir reden können.

«Was für ein Zufall«, sage ich sarkastisch. Plunk, Hill und

Grone schauen nicht von ihren Blöcken auf. Ich kann mir nicht vorstellen, was sie zu schreiben haben.

«Unser Mandant baut gegenwärtig eine ganze Reihe von Stellen ab«, sagt T. Pierce, ohne eine Miene zu verziehen.

«Was ist mit Richard Pellrod, leitender Sachbearbeiter der Schadensabteilung? Lassen Sie mich raten — er ist auch abgebaut worden.«

«Nein, er ist hier.«

«Und Russell Krokit?«

«Mr. Krokit ist zu einer anderen Firma übergewechselt.«

«Also wurde er nicht abgebaut?«

«Nein.«

«Er hat gekündigt, wie Jackie Lemancyzk?«

«So ist es.«

Russell Krokit war Leiter der Schadensabteilung, als er den Blöde-Brief schrieb. So nervös und verängstigt ich dieser Reise auch entgegengesehen habe, auf seine Vernehmung habe ich mich irgendwie gefreut.

«Und Everett Lufkin, der für die Schadensabteilung zuständige Vizepräsident? Abgebaut?«

«Nein. Er ist hier.«

Es folgt eine unglaublich lange Periode des Schweigens, in der sich alle mit rein gar nichts beschäftigen, während der Staub sich legt. Mein Prozeß hat einen Aderlaß ausgelöst. Ich mache mir eingehende Notizen, liste auf, wie ich weiter vorgehen will.

«Wo ist die Akte?«frage ich.

T. Pierce langt hinter sich, greift einen Stapel Papiere und schiebt sie über den Tisch. Sie sind säuberlich kopiert und werden von dicken Gummibändern zusammengehalten.

«Ist sie chronologisch geordnet?«frage ich. Kiplers Anweisung verlangt das.

«Ich denke schon«, sagt T. Pierce und wirft einen Blick auf die vier Great-Benefit-Typen, als würde er sie am liebsten erwürgen.

Die Akte ist gut zehn Zentimeter dick. Ohne die Gummibänder abzustreifen, sage ich.»Geben Sie mir eine Stunde. Dann machen wir weiter.«

«In Ordnung«, sagt T. Pierce.»Nebenan ist ein kleiner Konferenzraum. «Er steht auf und deutet auf die Wand hinter mir.

Ich folge ihm und Jack Underhall in den angrenzenden Raum, wo sie mich rasch verlassen. Ich setze mich an den Tisch und fange sofort an, mich durch die Dokumente hindurchzuwühlen.

Eine Stunde später kehre ich in den Sitzungssaal zurück. Sie trinken Kaffee und unterhalten sich lustlos über irgendwelche belanglosen Dinge.»Wir müssen den Richter anrufen«, sage ich, und T. Pierce ist plötzlich hellwach.»Hier drinnen«, sage ich und deute auf den kleinen Raum.

Mit ihm an einem Apparat und mir am anderen wähle ich die Nummer von Kiplers Büro. Er meldet sich beim zweiten Läuten. Wir nennen unsere Namen und sagen guten Morgen.»Wir haben hier ein kleines Problem, Euer Ehren«, sage ich, bemüht, das Gespräch im richtigen Ton zu beginnen.

«Was für ein Problem?«will er wissen. T. Pierce hört zu und starrt mit leerer Miene auf den Fußboden.

«Nun, von den sechs Zeugen, die ich angefordert und die Sie in Ihrer Anweisung benannt hatten, sind drei plötzlich verschwunden. Sie haben gekündigt, wurden im Rahmen eines Personalabbaus entlassen oder haben ein anderes Schicksal ähnlicher Art erlitten. Sie sind nicht da. Ist Ende voriger Woche passiert.«

«Wer?«

Ich bin sicher, er hat die Akte vor sich und betrachtet die Namen.

«Jackie Lemancyzk, Tony Krick und Russell Krokit arbeiten nicht mehr hier. Pellrod, Lufkin und Underhall, der Anwalt, haben das Blutbad erstaunlicherweise überlebt.«

«Was ist mit der Akte?«

«Die habe ich bekommen und gerade eben durchgesehen.«

«Und?«

«Es fehlt mindestens ein Dokument«, sage ich und beobachte dabei T. Pierce genau. Er runzelt die Stirn, als könnte er das nicht glauben.

«Welches?«

«Der Blöde-Brief. Er ist nicht in der Akte. Ich hatte noch nicht die Zeit, alles andere zu überprüfen.«

Die Anwälte von Great Benefit haben den Blöde-Brief vorige Woche zum ersten Mal gesehen. Auf der Kopie, die Dot während ihrer Vernehmung Drummond ausgehändigt hat, war dreimal das Wort KOPIE aufgestempelt. Das hatte ich mit Absicht getan, damit wir später, wenn der Brief auftauchte, wissen würden, wo er herkommt. Das Original ist sicher in meinen Unterlagen verstaut. Es wäre sogar für Drummond und Genossen zu riskant, ihre gekennzeichnete Kopie des Briefes Great Benefit zu übergeben, damit sie ihn nachträglich ihrer Schadensakte einverleiben können.

«Stimmt das, Pierce?«fragt Richter Kipler.

Pierce ist echt hilflos.»Tut mir leid, Euer Ehren, ich weiß es nicht. Ich habe die Akte zwar durchgesehen, aber es kann durchaus sein. Ich habe nicht alles überprüft.«

«Befinden Sie sich beide im selben Raum?«fragt Kipler.

«Ja, Sir«, erwidern wir einstimmig.

«Gut. Pierce, gehen Sie bitte hinaus. Rudy, Sie bleiben am Apparat.«

T. Pierce will etwas sagen, überlegt es sich dann aber anders. Verwirrt legt er seinen Hörer auf und verläßt den Raum.

«Okay, Richter, wir sind unter uns«, sage ich.

«Wie ist die Stimmung dort?«fragt er.

«Mächtig angespannt.«

«Das überrascht mich nicht. Ich werde folgendes tun. Durch das Beiseiteschaffen von Zeugen und das Vorenthalten von Dokumenten bin ich jetzt in der Position, anzuordnen, daß alle Vernehmungen hier durchgeführt werden. Es ist Ermessenssache, und sie haben eine Bestrafung verdient. Ich finde, Sie sollten Underhall vernehmen und niemanden sonst. Fragen Sie ihm meinetwegen ein Loch in den Bauch, aber versuchen Sie, ihn wegen der Entlassung der drei fehlenden Zeugen festzunageln. Werfen Sie ihm an den Kopf, was Sie können. Wenn Sie mit ihm fertig sind, kommen Sie zurück. Ich werde für später in dieser Woche eine Anhörung ansetzen und der Sache auf den Grund gehen. Lassen Sie sich auch die Akte der Haftungsabteilung geben.«

Ich mache mir Notizen, so schnell ich kann.

«Und jetzt lassen Sie mich mit Pierce sprechen«, sagt er,»und geben Sie ihm Saures.«

Jack Underhall ist ein kompakter kleiner Mann mit knappem Schnurrbart und knapper Redeweise. Er setzt mich über die Gesellschaft ins Bild. Great Beneft gehört PinnConn, einer Firma in Privatbesitz, deren Inhaber schwer festzustellen sind. Ich befrage ihn ausführlich über die Zusammenhänge und Verbindungen zwischen den drei Firmen, die in diesem Gebäude residieren, und sie sind völlig undurchschaubar. Wir reden eine Stunde über die Struktur der Gesellschaft, vom Generaldirektor abwärts. Wir reden über Produkte, Verkaufsziffern, Märkte, Abteilungen, Personal, alles bis zu einem gewissen Punkt interessant, aber zum größten Teil nutzlos. Er legt zwei Kündigungsschreiben der verschwundenen Zeugen vor und versichert mir, ihr Ausscheiden hätte absolut nichts mit diesem Fall zu tun.

Ich befrage ihn drei Stunden lang, dann mache ich Schluß. Ich hatte mich darauf eingestellt, mindestens drei Tage in Cleveland verbringen zu müssen, in einem Raum mit den Typen von Trent & Brent, mich mit einem feindseligen Zeugen nach dem anderen herumzuschlagen und mich abends durch Berge von Dokumenten hindurchzuwühlen.

Aber ich verlasse diesen Ort bereits kurz vor zwei auf Nimmerwiedersehen, beladen mit frischen Dokumenten, die Deck unter die Lupe nehmen wird, und in dem sicheren Wissen, daß nun drei Arschlöcher gezwungen sein werden, in meinem Revier zu erscheinen und ihre Aussagen in meinem Gerichtssaal zu machen, mit meinem Richter ganz in der Nähe.

Die Rückfahrt nach Memphis kommt mir viel kürzer vor.