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Was mir nur recht sein kann.

Hinter einer kleinen Dorfkirche, ein paar Meilen nördlich von Memphis, wird Donny Ray Black zur letzten Ruhe gebettet. Weil ich einer der acht Sargträger bin, werde ich angewiesen, hinter den Stühlen zu stehen, auf denen die Familie sitzt. Es ist kühl, und der Himmel ist bedeckt, ein Tag für eine Beisetzung.

Die letzte Beerdigung, an der ich teilgenommen habe, war die meines Vaters, und ich bemühe mich verzweifelt, nicht daran zu denken.

Die Menge drängt sich unter dem burgunderfarbenen Baldachin zusammen, und der junge Geistliche beginnt, aus der Bibel vorzulesen. Wir starren auf den grauen, von Blumen umgebenen Sarg. Ich kann Dot leise weinen hören. Ich kann Buddy sehen, der neben Ron sitzt. Ich schaue woanders hin, versuche, im Geiste diesen Ort zu verlassen und von etwas Angenehmem zu träumen.

Deck ist ein Nervenbündel, als ich ins Büro zurückkehre. Sein Kumpel Butch, der Privatdetektiv, sitzt auf dem Tisch, und unter seinem engen Rollkragenpullover zeichnen sich seine dicken Oberarmmuskeln ab. Er ist ein schmuddeliger Typ mit roten Wangen, spitzen Cowboystiefeln und dem Aussehen eines Mannes, der Spaß an Schlägereien hat. Deck macht uns miteinander bekannt, stellt Butch als Mandanten vor, dann reicht er mir einen Block mit einer Botschaft:»Reden Sie irgendwelches belangloses Zeug, okay?«

«Wie war die Beerdigung?«fragt Deck, ergreift meinen Arm und führt mich zu dem Tisch, auf dem Butch wartet.

«Wie Beerdigungen nun einmal sind«, sage ich und mustere die beiden Männer.

«Wie geht es der Familie?«fragt Deck.

«Den Umständen entsprechend. «Butch schraubt rasch den Deckel vom Telefonhörer ab und deutet ins Innere.

«Ich nehme an, der Junge ist jetzt besser dran, meinen Sie nicht?«sagt Deck, während ich hineinschaue. Butchs Finger wandert näher heran, zu einem kleinen, runden, schwarzen Gegenstand, der an der Innenwand klebt. Ich kann ihn nur anstarren.

«Meinen Sie nicht auch, daß der Junge jetzt besser dran ist?«wiederholt Deck sich laut und versetzt mir einen Rippenstoß.

«Ja, natürlich. Er ist jetzt bestimmt besser dran. Aber traurig ist es trotzdem.«

Wir sehen zu, wie Butch den Hörer gekonnt wieder zusammensetzt, dann zuckt er die Achseln, als wüßte ich genau, was nun zu tun ist.

«Lassen Sie uns hinuntergehen und einen Kaffee trinken«, sagt Deck.

«Gute Idee«, sage ich mit einem gewaltigen Knoten im Bauch.

Auf der Straße bleibe ich stehen und sehe sie an.»Was zum Teufel hat das zu bedeuten?«

«Gehen wir in diese Richtung«, sagt Deck und deutet die Straße hinunter. Anderthalb Blocks entfernt gibt es ein kleines Cafe, und wir legen den Weg ohne ein weiteres Wort zurück. Wir verstecken uns in einer Ecke, als würden wir von Scharfschützen belauert.

Die Geschichte ist schnell erklärt. Seit Bruiser und Prince verschwunden sind, haben Deck und ich immer wieder sorgenvoll an das FBI gedacht. Wir haben damit gerechnet, daß sie bei uns erscheinen und ein paar Fragen stellen würden. Wir haben oft genug über das FBI gesprochen. Außerdem hat er, ohne daß ich davon wußte, Butch in die Sache eingeweiht. Ich selbst würde Butch nicht über den Weg trauen.

Butch ist vor einer Stunde im Büro aufgekreuzt, und Deck hat ihn leise gebeten, einen Blick auf unsere Telefone zu werfen. Butch gesteht, daß er in Sachen Wanzen kein Experte ist, aber er hat so seine Erfahrungen. Sie sind leicht zu entdecken. Identische Vorrichtungen in allen drei Telefonen. Sie waren im Begriff, nach weiteren Wanzen zu suchen, beschlossen dann aber, auf mich zu warten.

«Noch mehr Wanzen?«frage ich.

«Ja, so eine Art kleiner Mikrofone überall im Büro, die das auffangen, was nicht über die Telefone geht«, sagt Butch.»Es ist ziemlich einfach. Wir müssen nur jeden Quadratzentimeter mit der Lupe absuchen.«

Decks Hände zittern heftig. Ich frage mich, ob er über eines unserer Telefone mit Bruiser gesprochen hat.

«Und was ist, wenn wir mehr finden?«frage ich. Wir haben noch keinen Schluck von unserem Kaffee getrunken.

«Von Rechts wegen dürfen Sie sie entfernen«, erklärt Butch.»Sie können aber auch einfach auf das achtgeben, was Sie sagen. Tricksen Sie die Typen doch aus.«

«Was ist, wenn wir die Dinger entfernen?«

«Dann wissen die FBI-Fritzen, daß Sie sie gefunden haben. Sie werden noch argwöhnischer und verstärken wahrscheinlich andere Formen der Überwachung. Ich meine, es wäre das beste, so zu tun, als wäre nichts passiert.«

«Sie haben gut reden.«

Deck wischt sich den Schweiß von der Stirn und weigert sich, mich anzusehen. Ich bin seinetwegen ziemlich nervös.»Kennen Sie Bruiser Stone?«frage ich Butch.

«Natürlich. Ich habe für ihn gearbeitet.«

Das überrascht mich ganz und gar nicht.»Gut«, sage ich, dann sehe ich Deck an.»Haben Sie über unser Telefon mit Bruiser gesprochen?«

«Nein«, sagt er.»Seit dem Tag, an dem er verschwunden ist, habe ich nicht mehr mit Bruiser gesprochen.«

Diese Lüge erzählt er mir, damit ich vor Butch den Mund halte.

«Ich möchte trotzdem wissen, ob noch andere Wanzen da sind«, sage ich zu Butch.»Es wäre doch nett zu wissen, wieviel die da draußen mitkriegen.«

«Wir müssen das Büro durchkämmen.«

«Dann lassen Sie uns das tun.«

«Soll mir recht sein. Wir fangen mit den Tischen, Schreibtischen und Stühlen an. Sehen in Papierkörben, Büchern, Uhren, Heftmaschinen und so weiter nach. Diese Wanzen können kleiner sein als Rosinen.«

«Können sie mitbekommen, daß wir suchen?«fragt Deck, zu Tode verängstigt.

«Nein. Sie beide reden wie üblich übers Geschäft. Ich werde kein Wort sagen, und die werden nicht wissen, daß ich da bin. Wenn Sie etwas gefunden haben, geben Sie Handzeichen.«

Wir nehmen den Kaffee mit in unsere Kanzlei, einen Ort, der plötzlich unheimlich und widerwärtig ist. Deck und ich fangen eine banale Unterhaltung über Derrick Dogans Fall an, während wir vorsichtig Tische und Stühle umdrehen. Jeder, der zuhört und nur ein bißchen Verstand hat, muß merken, daß wir nicht bei der Sache sind und versuchen, etwas zu verheimlichen.

Wir kriechen auf allen vieren herum. Wir wühlen in Papierkörben und durchsuchen Akten. Wir inspizieren Heizungsrohre und Fußleisten. Zum ersten Mal bin ich dankbar dafür, daß wir sowenig Möbel und Geräte haben.

Wir suchen vier Stunden und finden nichts. Nur unsere Telefone sind angezapft worden. Deck und ich spendieren Butch eine Portion Spaghetti in einem Bistro ein Stück die Straße hinunter.

Um Mitternacht liege ich im Bett und denke nicht mehr an die Möglichkeit, schlafen zu können. Ich lese die Frühausgabe der Zeitung und starre gelegentlich auf mein Telefon. Bestimmt, sage ich mir immer wieder, würden sie sich nicht die Mühe machen, auch darin eine Wanze anzubringen. Den ganzen Nachmittag und den ganzen Abend hindurch habe ich Schatten gesehen und Geräusche gehört. Ich habe eine Gänsehaut nach der anderen bekommen. Ich kann nicht essen. Ich weiß, ich werde beschattet. Die Frage ist nur: Wie nahe sind sie?

Und wie nahe werden sie mir kommen wollen?

Mit Ausnahme der Anzeigen lese ich jedes Wort in der Zeitung. Sara Plankmore Wilcox hat gestern ein sieben Pfund schweres Mädchen zur Welt gebracht. Gut für sie. Ich hasse sie nicht mehr. Seit Donny Ray gestorben ist, bin ich allen Menschen freundlicher gesinnt. Ausgenommen natürlich Drummond und seinen widerwärtigen Mandanten.

PFXFreights ist im WinterBall noch ungeschlagen.

Ich frage mich, ob er sie zwingt, zu allen Spielen mitzukommen.

Ich lese jeden Tag die standesamtlichen Nachrichten, vor allem die Anträge auf Scheidung, obwohl ich nicht optimistisch bin. Ich lese auch die Liste der Verhaftungen, um zu sehen, ob Cliff Riker festgenommen wurde, weil er seine Frau wieder geschlagen hat.